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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch jetzt wieder zu Wort, aber Arri hörte nun weniger denn je auf sie, denn wenn ihr eines klar war, dann, dass Nor soeben ein schwerer Fehler unterlaufen war - und dass das vielleicht ihre einzige Gelegenheit war, noch einigermaßen unbeschadet aus dieser Geschichte herauszukommen.
    Fast zu ihrer eigenen Überraschung hörte sie sich sagen: »Ihr meint, ungefähr im gleichen Maße, in dem eure Felder bessere Erträge abgeworfen haben, eure Jäger mehr Wild nach Hause gebracht haben und weniger von euren Frauen bei der Geburt ihrer Kinder gestorben sind, und Krankheiten und Wunden weniger Opfer gefordert haben?« Sie sah Nor herausfordernd an, und sie konnte das triumphierende Lächeln, das sich ohne ihr Zutun auf ihrem Gesicht ausbreitete, selbst spüren. »War es ungefähr das, was Ihr sagen wolltet, Nor?«
    Rahns Augen weiteten sich, und der Ausdruck darin war nun pures Entsetzen. Auch einer der beiden Männer hinter ihr sog erschrocken die Luft zwischen den Zähnen ein, und den Ausdruck auf Nors Zügen vermochte sie nicht einmal mehr zu deuten. Aber plötzlich hatte sie das sehr ungute Gefühl, dass nicht Nor es gewesen war, der gerade einen schrecklichen Fehler begangen hatte, denn auch seine Augen leuchteten auf, aber es waren nicht Wut oder Bestürzung, die sie darin las, sondern. Triumph?
    Nor antwortete nicht sofort, sondern sah sie einen Moment lang nachdenklich an, dann schüttelte er den Kopf, seufzte hörbar und fragte in unerwartet sanftem Ton: »Du armes Ding. Ist es das, was deine Mutter dir erzählt hat?«
    Nein, aber das, was ich mit eigenen Augen gesehen habe, dachte Arri, aber zumindest diesmal war sie klug genug, ihre Gedanken für sich zu behalten.
    Nors Hand streichelte den Kopf des schwarzhaarigen Mädchens neben sich, aber er tat es auf eine Art, die Arri an einen Hund denken ließ, den er in Gedanken tätschelte; und den er auch ohne die geringsten Gewissensbisse am Abend verspeisen würde. »Ich will dir nichts vormachen, Arianrhod«, fuhr er fort. »Ich bin kein Mann, der nicht ein offenes Ohr für die Nöte der Menschen hätte, die in meinem Schutz leben. Es gibt ein paar in eurem Dorf - nicht viele, aber einige doch -, die zu deinen Gunsten gesprochen haben. Anfangs wollte ich ihnen nicht glauben, denn was ich im Zwiegespräch mit den Göttern erfahren habe, war etwas anderes, und was meine Augen gesehen haben, auch. Dennoch frage ich mich, ob sie nicht vielleicht Recht hatten.«
    Recht womit?, fragte sich Arri. Sie warf einen fast Hilfe suchenden Blick in Rahns Richtung, aber der vermeintliche Fischer sah starr an ihr vorbei ins Leere und tat wiederum so, als wäre sie gar nicht da.
    »Manche von denen, die dich verteidigen«, fuhr Nor fort, »sagen, dass du nichts von den Schandtaten und der schwarzen Magie deine Mutter weißt. Es fällt mir schwer, das zu glauben, aber immerhin warst du bis vor kurzem noch ein Kind, und jeder weiß, wie leicht es ist, ein Kind genau das glauben zu machen, was man will.« Er nahm die Hand vom Kopf des Mädchens und beugte sich wieder leicht vor. »Du glaubst also wirklich, deine Mutter hätte in all der Zeit, in der sie bei uns gelebt hat, nur Gutes bewirkt?« Er beantwortete seine eigene Frage mit einem Kopfschütteln und einem tiefen, bedauernden Seufzen. »Dann musst du wirklich sehr gutgläubig sein. Oder sehr dumm.«
    »Aber, wieso denn?«, murmelte Arri. Sie hatte doch nichts anderes gesagt als das, was jedermann hier wusste und mit eigenen Augen gesehen hatte! »Aber Ihr habt doch.«, begann sie.
    Nor unterbrach sie mit einer herrischen Geste, die in krassem Gegensatz zu seinem eben noch so sanften Tonfall stand. Als er weitersprach, hatte sich daran allerdings nichts geändert; ganz im Gegenteil war plötzlich ein verständnisvoller, beinahe warmer Unterton darin, als spräche er mit einem kleinen Kind, das zwar einen schweren Fehler begangen hatte, aber aus Unwissenheit, die man ihm nicht wirklich vorhalten konnte.
    »Es ist wahr, mein Kind«, sagte er. »Manches hat sich scheinbar zum Guten gewendet, seit deine Mutter bei uns ist. Ich will gern zugeben, dass auch ich der Versuchung erlegen bin, die deine Mutter gebracht hat. Ja, es waren Gaben, wertvolle Gaben, kostbarer als alles, was wir jemals zuvor bekommen haben. aber nicht jeder, der Gaben bringt, ist deswegen auch ein Freund.« Er schüttelte heftig den Kopf, und seine Stimme blieb so sanft, wie sie war, wurde aber zugleich lauter und auf unangenehme Art belehrend. »Es sind die

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