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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie auszuspionieren. Es machte einen Verräter nicht unbedingt vertrauenswürdiger, wenn er zugab, ein Verräter zu sein.
    Sie spürte, wie hinter ihr Unruhe aufkam, und warf einen Blick über die Schulter zurück, in der Erwartung, Rahn und die Männer zu sehen, die er holen sollte. Tatsächlich bildete sich hinter ihnen eine schmale Gasse in der dicht an dicht stehenden Menge, doch es waren nicht der Fischer und Sarn, sondern ihre beiden Bewacher aus den ersten Tagen. Arri fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, als sie den Ausdruck von mühsam zurückgehaltenem Triumph auf Jamus Gesicht erblickte. Wieder hatte sie das Gefühl, diesen Mann schon einmal zuvor gesehen zu haben, und wieder war sie sich nicht sicher, wo.
    Vorsichtshalber wich sie zwei Schritt zur Seite, um die beiden Männer passieren zu lassen, denn nach allem, was sie mit Jamu erlebt hatte, war sie ziemlich sicher, dass er nicht zur Seite gehen, sondern die Gelegenheit ganz im Gegenteil nutzen würde, sie derb anzurempeln, doch ihr wurde schon bevor sie die Bewegung zu Ende gebracht hatte klar, dass sie schon wieder einen Fehler begangen hatte. In Jamus Augen blitzte es kurz und ebenso gehässig wie triumphierend auf, und Arri rief sich in Gedanken zur Ordnung. Hatte ihre Mutter ihr nicht oft genug erklärt, wie man sich in einer Lage wie dieser zu verhalten hatte? Sie durfte nicht das geringste Zeichen von Schwäche zeigen.
    Nor winkte die beiden Krieger zu sich heran. Der, dessen Name Arri nicht kannte, blieb dennoch respektvoll drei oder vier Schritte vor ihm stehen, während Jamu weiterging und unmittelbar hinter Nors gestohlenem Thronsessel Aufstellung nahm. Sein Blick ließ Arri dabei die ganze Zeit nicht los, und was sie darin erkennen konnte, das ließ sie nur das Allerschlimmste befürchten.
    »Du erinnerst dich an Jamu hier?«, begann der Schamane. Arri nickte, obwohl sie immer noch nicht sagen konnte woher, und Nor fuhr fort: »Als ich das letzte Mal in eurem Dorf war, um mit deiner Mutter zu reden, da habe ich Jamu mitgebracht, damit er dich zum Weibe nimmt.«
    Arri konnte gerade noch ein Zusammenzucken unterdrücken. Natürlich. Der Krieger hatte Nor begleitet, als er bei ihrer Mutter aufgetaucht war, um Lea unter Druck zu setzen, und als sie, Arri, danach aus der Hütte nach unten gegangen war, hatte sie diesen grobschlächtigen Mann hinter dem Holunderbusch stehen sehen. Jetzt verstand sie auch den Grund für die abschätzenden Blicke, mit denen er sie damals gemustert hatte. »Warum sollte mich jemand wie Jamu zur Frau nehmen wollen?«, sagte sie verächtlich. »Es gibt doch hier sicherlich genug andere Weiber, die viel mehr seinem Geschmack entsprechen.«
    In Jamus Augen blitzte es wütend auf, während Nor eigenartigerweise abermals zufrieden wirkte. »Eine Vermählung zwischen einem aus unserem Volk und dir wäre Beweis genug gewesen, dass deine Mutter es ehrlich meint«, antwortete er sanft. »An Jamus Seite wärst du eine der Unseren geworden, und sie damit auch.«
    Sie, und die Frau dieses. dieses Viehs?, dachte Arri entsetzt. Sie hütete sich, auch nur eine entsprechende Bemerkung zu machen, doch sowohl Nor als auch Jamu mussten ihre Gedanken wohl überdeutlich auf ihrem Gesicht abgelesen haben.
    »Du glaubst, deine Mutter hätte dir damit einen Gefallen getan, habe ich Recht?«, fuhr Nor fort und schüttelte heftig den Kopf, um seine eigene Frage zu beantworten. Hinter ihr wurde zustimmendes Murmeln und Raunen laut. »Du armes Kind. Du verstehst nicht, dass deine Mutter auch dich nur für ihre Zwecke benutzt und missbraucht hat. Sag, all diese fremden Götter, die deine Mutter verehrt - hat sie auch dich gelehrt, sie anzubeten? Welche Opfer musstest du ihnen bringen?«
    »Keine!«, antwortete Arri wahrheitsgemäß.
    »Götter, die den Menschen solche Gaben bringen, und sie erwarten keine Gegenleistung dafür?«, zweifelte Nor.
    Es lag Arri auf der Zunge, ihm wahrheitsgemäß zu antworten, dass sie zu gar keinen Göttern betete, aber diesmal war die Stimme der Vernunft in ihrem Kopf ausnahmsweise einmal stark genug, sie im letzten Moment zurückzuhalten. Sie sagte gar nichts.
    »Dann müssen es wahrhaft verschlagene und grausame Götter sein, denen deine Mutter dient«, fuhr Nor fort. Arri war ziemlich sicher, dass er das so oder so gesagt hätte, ganz gleich, was sie auf seine Frage geantwortet hätte. Wieder wurde hinter ihr zustimmendes Murmeln laut, das Nor aber diesmal nicht mit einer entsprechenden Geste zum

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