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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Platz an unserem Feuer angeboten, wie es die Sitten und das Gesetz der Gastfreundschaft vorschreiben. Als Dank brachte sie uns Geschenke, doch es waren falsche Geschenke, mit denen sie sich in unsere Herzen und unsere Gedanken zu schleichen versucht hat, um sie zu verderben.«
    »Aber das ist doch nicht wahr!«, protestierte Arri. »Sie hat niemandem geschadet! Ganz im Gegenteil!«
    »Die Geschenke, die sie gebracht hat, waren falsche Geschenke!«, donnerte Nor. »Falsche Geschenke von falschen Göttern. Nimm endlich Vernunft an, du dummes Kind! Ja, deine Mutter hat uns gelehrt, die Felder besser zu bewirtschaften, und sie hat unseren Jägern gezeigt, die Spuren des Wildes genauer zu deuten. Doch um welchen Preis!« Er hob seinen Stab und deutete mit dem knorrigen Ende wie mit einer Waffe auf Achk. »Ist es etwa nicht ihre Schuld, dass unserem Schmied das Augenlicht genommen wurde?«
    »Aber das. das war. ein Unfall«, stammelte Arri. »Ein schlimmes Unglück, für das niemand etwas konnte!«
    »Dann erzähl uns von diesem Unglück, Achk«, wandte sich Nor an den blinden Schmied. »Berichte uns, was wirklich geschehen ist.«
    Achks erloschener Blick irrte in die ungefähre Richtung, aus der er Nors Stimme hörte, ohne dass es ihm gelang, den Hohepriester wirklich zu fixieren. Er versuchte zu antworten, brachte aber nur ein hilfloses Stammeln hervor.
    »Was ist damals geschehen?«, bohrte Nor weiter. »Hab keine Angst, Achk. Was geschehen ist, war nicht deine Schuld. Niemand hier denkt, dass du etwas Schlechtes getan hast.«
    »Das habe ich auch nicht«, verteidigte sich Achk. »Ich habe nur getan.«
    ». was dir die falsche Prophetin gesagt hat«, fiel ihm Nor ins Wort. Er lächelte beruhigend, was der blinde Schmied natürlich nicht sehen konnte, aber auch seine Stimme hatte einen besänftigenden Klang angenommen, den Achks Gehör, das sehr viel schärfer geworden war, seit er sein Augenlicht eingebüßt hatte, bemerken musste. Der Schmied nickte heftig und mehrmals hintereinander.
    »Das ist wahr«, bestätigte er. Der Blick seiner leeren Augen suchte wiederum nach Nor. Als er weitersprach, wandte er sich an eine Stelle im Nichts ein Stück rechts von diesem, was seinen Worten etwas zugleich Unheimliches wie Lächerliches verlieh. Aber was er sagte, das ließ Arri einen eisigen Schauer über den Rücken laufen.
    »Sie hat versprochen, mich das Schmieden von besserem Metall zu lehren. Sie hat mir ihr Zauberschwert gezeigt, und sie hat gesagt, sie würde mir beibringen, wie man Metall herstellt, das ebenso hart und stark ist.«
    »Das hat sie dir versprochen?«, vergewisserte sich Nor.
    »Das und viel mehr«, bestätigte Achk. Arri sah den blinden Schmied fassungslos an. Was ging hier vor? Sie war bei dem Gespräch dabei gewesen, von den Achk berichtete, und es hatte sich ganz und gar nicht so abgespielt. Nicht im Entferntesten!
    »Und was ist dann geschehen?«, wollte Nor wissen.
    »Ich habe alles ganz genau so gemacht, wie sie es mir erklärt hat«, antwortete Achk. »Von Anfang an schon kam es mir merkwürdig vor. Es hatte nichts mit dem üblichen Bronzegießen zu tun. Ich musste erst Erz und Holzkohle zum neuen Ofen bringen und dann die Beimischungen vorbereiten.«
    »Erz, das sie dir gegeben hat?«, unterbrach ihn Nor und warf Arri einen raschen, fast triumphierenden Blick zu, bevor er sich wieder an den Blinden wandte. »Und fremde Beimischungen? Zutaten, die du nicht gekannt hast?«
    Achk nickte heftig. Es war schwer, in seinem verbrannten Gesicht zu lesen, das fast nur aus Narbengewebe und hässlichen Geschwüren bestand, und doch sah Arri ihm an, wie wenig wohl er sich fühlte, fast als bereite ihm allein die Erinnerung an jenen schrecklichen Tag schon wieder Schmerzen. Doch vielleicht, dachte sie, hatte sein so sichtliches Unwohlsein ja auch einen ganz anderen Grund.
    Sie sah zu Nor, und aus ihrem Verdacht wurde Gewissheit. Der Hohepriester sah äußerst zufrieden aus. Offensichtlich hörte er ganz genau das, was er hören wollte.
    Dann wurde ihr klar, wie unsinnig dieser Gedanke war, und sie musste sich beherrschen, um nicht über ihre eigene Dummheit den Kopf zu schütteln. Sie hatte doch nicht wirklich geglaubt, dass Nor den blinden Schmied - noch dazu vor so vielen Zeugen! - verhören würde, ohne die Antworten auf die Fragen, die er ihm stellte, von vornherein zu kennen. Ganz gewiss war es so, dass Nor dem Schmied sorgsam eingeschärft hatte, was er antworten sollte. Dennoch fühlte sie sich für einen

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