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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gerechtigkeit im Leben der Menschen war.
    Obwohl die Krieger sie nicht nur abschirmten, sondern mit ihren Speeren und Schilden nun auch ziemlich grob einen Weg durch die Menge für sie bahnten, kamen sie nur langsam voran. Auf den letzten fünfzehn oder zwanzig Schritten mussten sich die Männer regelrecht durch die Menschenmenge hindurchprügeln, sodass mehr als einer der Gaffer mit blutiger Nase oder schmerzverzerrtem Gesicht auf den Knien hockend zurückblieb, und Arri war regelrecht erleichtert, als sie endlich das an groben, ledernen Scharnieren hängende Tor in der Umzäunung erreicht hatten und hindurchtraten. Jamu schloss das Gatter hinter ihnen wieder, und die Männer, die bisher rechts und links von ihr gegangen waren, traten nun rasch hinter sie und bildeten eine lebende Mauer, deren bloßer Anblick vermutlich jeden davon abhielt, etwa über den Zaun zu steigen oder mit einem Stein nach ihr zu werfen.
    Arris Erleichterung hielt gerade so lange an, bis sie die Gestalt im bunten Federmantel und -kopfschmuck erkannte, die auf sie wartete.
    Sarn war nicht allein. Die Priester, die sie in den vergangenen Tagen an Nors Seite gesehen hatte, standen nun hinter ihm, wie auch die beiden jüngeren von Nors Witwen und weitere, schwer bewaffnete Krieger. Arri versuchte, einen verstohlenen Blick an Sarn und den anderen vorbei auf das zu werfen, was die Männer in der Mitte des großen, eingezäunten Platzes gebaut hatten, aber es gelang ihr nicht. Dafür blieb ihr Blick eindeutig länger an den scharf geschliffenen Speerspitzen und Schwertern der Männer hängen, die hinter den Priestern Aufstellung genommen hatten, und als es ihr endlich gelungen war, sich davon loszureißen, verfluchte sie sich in Gedanken dafür. Selbstverständlich war ihr Blick Sarn nicht entgangen, und sie hätte den bösen Triumph in seinen Augen nicht einmal mehr sehen müssen, um zu wissen, wie deutlich man ihr die Furcht ansah und wie sehr der greise Schamane diesen Anblick genoss.
    Trotz und Wut spülten ihre Furcht für einen Moment davon. Sie schob kampflustig das Kinn vor und maß Sarn mit einem Blick, der so eisig war, wie sie es nur fertig brachte. Allzu eisig konnte er allerdings nicht gewesen sein, denn Sarn lächelte nur dünn und begann dann übergangslos: »Die Götter haben über dein Schicksal entschieden, Hexenkind.«
    »Wie schön«, antwortete Arri kühl. »Nicht, dass es mich kümmert -aber ich vermute, du wirst es mir trotzdem sagen?«
    Diesmal gelang es ihr immerhin, Sarn für einen ganz kurzen Moment aus der Fassung zu bringen - und die Männer hinter ihm für einen deutlich längeren. Unruhe kam auf, und Sarns Blick wurde wiederum hasserfüllt, dann aber schüttelte er nur den Kopf und schürzte geringschätzig die Lippen. »Du kannst mich nicht beleidigen, du dummes Gör. So wenig, wie es dir möglich ist, unsere Götter zu verspotten. Sie haben entschieden, was mit dir zu geschehen hat. Deine Zauberkräfte schrecken uns nicht mehr.«
    Er machte eine Bewegung mit seinem Stock, die den Männern hinter ihr galt, und Arri fühlte sich von starken Händen an beiden Armen ergriffen und festgehalten. Der Schmerz war fast noch schlimmer als vorhin, als Jamu sie so grob in die Höhe gerissen hatte, doch Arri zuckte nicht einmal mit der Wimper. Sarn würde sie nicht wimmernd erleben.
    Der frisch geweihte Hohepriester hob die Stimme, als er weitersprach, damit auch jedermann seine Worte hören konnte. Nicht, dass es nötig gewesen wäre; seit Sarn zu sprechen begonnen hatte, hatte eine fast schon unheimliche Stille von der Menschenmenge ringsum Besitz ergriffen. »Du wirst des heimtückischen Mordes an unserem Hohepriester beschuldigt, Hexenkind«, rief er. »Du hast dich in unser Vertrauen geschlichen, indem du deine Zauberkräfte benutzt hast, um unsere Sinne zu verwirren. Du und deine Mutter, ihr habt euch wie räudige Hunde an unsere Feuer geschlichen und euch mit Lügen und falschen Gaben unser Vertrauen und unser Wohlwollen erkauft, um es hinterher auf die schlimmste nur mögliche Art zu missbrauchen. Deshalb haben die Götter entschieden, dass du auch wie ein solcher sterben sollst.«
    Es begann ganz langsam. Zuerst spürte Arri, wie ihre Finger zu zittern begannen, dann ihre Hände und Knie, schließlich ihre Unterlippe und ihr Kiefer. Sie wimmerte nicht - diesen winzigen Tribut an ihren Stolz brachte sie irgendwie noch auf -, doch sie zitterte am ganzen Leib, und ihr Herz schlug wie die verzweifelte Faust eines

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