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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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tatsächlich davonlaufen zu können, zumindest bis zum Waldrand, und dort, zwischen den dicht stehenden Bäumen und dem noch dichter wuchernden Unterholz, wäre sie ihm sogar ganz bestimmt entkommen, denn Jamu hatte den Großteil seines Lebens hier in Goseg verbracht und war allenfalls ein paar Mal auf der Jagd oder als Begleiter seines Herrn auf Reisen gewesen, während sie praktisch in den dichten Wäldern rings um ihr Heimatdorf aufgewachsen war. Aber ganz davon abgesehen, was Jamu ihr gestern angetan hatte, war ihr Knie immer noch nicht vollständig ausgeheilt, und so übel, wie ihr das Schicksal im Augenblick mitspielte, würde es ihr ganz bestimmt genau in dem Moment den Dienst aufkündigen, in dem sie am dringendsten darauf angewiesen war zu laufen. Außerdem war sie vollkommen erschöpft und konnte sich nach all der Zeit, die sie in der unbequemen Haltung an der Wand hockend zugebracht hatte, nur mühsam bewegen.
    »Hast du eigentlich gar keine Angst, dass meine Mutter dich zur Verantwortung ziehen wird?«, fragte sie.
    Jamu lachte. »Wie kann sie mich für etwas verantwortlich machen, was du getan hast?«, gab er in fast fröhlichem Ton zurück. »Selbst, wenn sie unseren Kriegern entkommt, wird sie nur erfahren, dass du hingerichtet worden bist, weil du den Hohepriester ermordet hast. Das ist ein schweres Verbrechen. Ich nehme an, selbst dort, wo ihr herkommt.«
    Arri schwieg betroffen. Wenn überhaupt, so war ihr einziger, schwacher Trost in der zurückliegenden Nacht vielleicht der Gedanke gewesen, dass ihre Mutter und Dragosz furchtbare Rache für ihren Tod nehmen, zurückkehren und Goseg bis auf die Grundmauern niederbrennen würden - aber so schrecklich der Gedanke auch war, Jamu hatte Recht. Niemand außer ihm selbst und dem stummen Mädchen wussten, was wirklich geschehen war, und so würde ihrer Mutter nur genau das zu Ohren kommen, was er gerade gesagt hatte. Und als hätte er ihre Gedanken erraten und wollte ihre Verzweiflung noch ein bisschen schüren, fuhr er fort: »Und was die neuen Freunde deiner Mutter angeht. glaubst du wirklich, sie würden einen Krieg anfangen, nur um den Tod eines Mädchens zu rächen, das zur Mörderin geworden ist und das nicht einmal ihrem Volk entstammt?« Er schüttelte heftig den Kopf, um seine eigene Frage zu beantworten.
    »Vielleicht kommen sie ja sowieso«, sagte Arri. Die Worte hatten böse klingen sollen, oder zumindest drohend, aber sie hörten sich selbst in ihren eigenen Ohren nur verzweifelt an.
    »Dann sollen sie«, sagte Jamu überzeugt. »Sie wären nicht die Ersten, die in Goseg und seinen Verbündeten leichte Beute sehen und einen hohen Preis für diesen Irrtum zahlen. Wären sie wirklich ein Volk so gewaltiger Krieger, wie man es ihnen nachsagt, dann wären sie längst hier.«
    »Grahl und seine Brüder.«
    ». sind ihnen bereits begegnet, ich weiß«, fiel ihr Jamu ins Wort. »Aber sie haben sie nicht angegriffen.«
    Arri blieb überrascht stehen, was Jamu aber diesmal nicht hinnahm, sondern ihr ganz im Gegenteil einen derben Stoß versetzte. »Woher weißt du das?«, fragte sie, während sie weiter stolperte und dabei ungeschickt versuchte, das Gleichgewicht zu waren.
    »Von Kron«, gestand Jamu. »Er hat mir die Wahrheit gesagt. Nicht er und seine Brüder waren es, die angegriffen wurden, sondern dieser Fremde, mit dem deine Mutter herumbuhlt.« Er schüttelte den Kopf und zog eine Grimasse. »Diese drei Dummköpfe dachten wohl, sie hätten leichtes Spiel mit ihm. Er muss ein wahrhaft großer Krieger sein, das gebe ich zu.«
    »Und du hast trotzdem keine Angst vor ihm und seinem Volk?«
    »Vor ihm allein?« Jamu lachte. »Gewiss nicht. Er wäre dumm, allein hierher zu kommen. Und was sein Volk angeht.« Er zuckte ein paarmal mit den Schultern und tat so, als müsse er angestrengt nachdenken. »Die Geschichte dieser Fremden, die über die Berge kommen und nichts als Leid und Verwüstung hinterlassen, wird seit drei oder vier Sommern erzählt. Wenn sie so schlimm wären, wie man sagt, meinst du nicht, dass sie dann längst hier wären? Ich habe mit vielen gesprochen, die Geschichten über sie zu erzählen wissen und von ihnen gehört haben - aber mit keinem einzigen, der einem von ihnen begegnet wäre, von Kron einmal abgesehen.«
    »Ist er noch hier? Er und Achk?«
    »Sie sind gestern bei Sonnenuntergang fortgegangen, so wie es beschlossen war«, sagte Jamu gehässig. »Übrigens in Begleitung deines alten Freundes Rahn, der es sich nicht hatte

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