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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Ertrinkenden, der in der Reuse eines Fischers gefangen war, von ihnen gegen ihre Rippen. Fast wünschte sich Arri, dass es einfach ausgesetzt hätte und alles vorbei wäre. Sarn verzichtete auf die Gelegenheit, sie abermals zu verhöhnen, sondern wandte sich stattdessen mit einer neuerlichen, befehlenden Geste an die beiden Männer, die Arri gepackt hatten. »Bindet sie.«
    Rasch, aber unerwartet rücksichtsvoll schoben die beiden Männer Arri vorwärts. Einen Moment lang sah es so aus, als wollten Sarn und die anderen einfach stehen bleiben und ihr den Weg verwehren, im allerletzten Augenblick jedoch trat der greise Hohepriester beiseite, und alle anderen vollzogen seine Bewegung getreulich nach; abgesehen vielleicht von Sasa, die zwar ebenfalls zurückwich, aber erst nach einem spürbaren Zögern und nach dem Sarn sie mit einem zornigen Blick bedacht hatte. Arri suchte vergeblich im Gesicht der jungen Frau nach einer Spur von Mitleid oder wenigstens Bedauern. Im Gegenteil. Mehr als je zuvor spürte sie, wie sehr dieses Mädchen sie hasste. Arri verstand es immer noch nicht - nach dem, was Jamu ihr über Sasas Schicksal erzählt hatte, sogar weniger denn je -, doch plötzlich wurde ihr klar, dass das Mädchen hundertmal lieber ihr als Nor eigenhändig die Kehle durchgeschnitten hätte.
    Gefolgt von Sarn und den anderen, näherten sie sich der Mitte des umzäunten Geländes, und jetzt erkannte Arri auch, was die Männer dort aufgerichtet hatten: eine einfache Konstruktion, die aus zwei mannshohen, leicht schräg in den Boden gerammten Pfählen bestand, an denen zwei kräftige Stricke festgeknotet waren. Arris Verzweiflung wuchs. Ihr Herz hämmerte immer schneller, aber es war jung und kräftig und würde ihr nicht den Gefallen tun, einfach auszusetzen. Ihre Knie zitterten jetzt so stark, dass sie immer mehr Mühe hatte, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Der Sinn dieser Konstruktion war ziemlich klar: Die Männer würden ihr die Stricke um die Handgelenke legen und sie mit ausgebreiteten Armen zwischen den beiden Pfählen festbinden, sodass sie hilflos alles über sich ergehen lassen musste, was auch immer Sarn ihr zugedacht hatte.
    Als sie noch ein knappes Dutzend Schritte entfernt waren, verließ sie endgültig der Mut. Ihre Knie gaben unter dem Gewicht ihres Körpers nach, und sie begann leise zu schluchzen, aber natürlich nahmen die beiden Männer, die sie gepackt hatten, keine Rücksicht darauf, sondern schleiften sie einfach grob zwischen sich her, bis sie zwischen den beiden Pfählen angelangt waren. Zwei weitere Krieger traten hinzu, packten ihre Handgelenke und verknoteten die Enden der beiden Stricke darum, die daraufhin mit einem einzigen Ruck straff gezogen wurden, bis sie mit weit ausgebreiteten Armen aufrecht zwischen den Pfählen stand. Arri schrie gellend auf, als ein neuerlicher, noch viel grauenhafterer Schmerz durch ihre Schulter fuhr. Dann hörte sie ein helles, knackendes Geräusch, und trotz der grässlichen Schmerzen, die sie plagten, hätte sie am liebsten hell aufgelacht, als sie begriff, dass ihre Peiniger ihr, wenn auch ganz gewiss nicht absichtlich, das Schultergelenk wieder eingekugelt hatten. Wenigstens würde sie nicht als Krüppel sterben.
    Die Männer traten zurück. Arri blinzelte die Tränen fort, und als sie wieder klar sehen konnte, erkannte sie, dass nur noch Sarn und Jamu bei ihr geblieben waren. Alle anderen strebten jetzt wieder mit raschen Schritten dem Tor entgegen, und auch die Männer, die bisher dort Wache gehalten hatten, schienen es plötzlich sehr eilig zu haben, das Gehege zu verlassen.
    »Auch wenn du es nicht verdient hast, Hexenkind«, sagte Sarn jetzt wieder mit lauter, weithin verständlicher Stimme, »soll dir noch eine letzte Gnade gewährt werden.« Er machte eine befehlende Geste, auf die hin Jamu rasch auf sie zutrat und einen kurzen Dolch unter dem Mantel hervorzog. Arri erkannte überrascht, dass es dieselbe Waffe war, mit der Sasa Nor getötet hatte, eine Klinge aus Feuerstein, die zehnmal schärfer war als jedes Metall, abgesehen vielleicht vom Zauberschwert ihrer Mutter. Panik ergriff sie. Auch wenn sie unvorstellbare Angst vor dem hatte, was gleich mit ihr geschehen würde, und wenn ihr Verstand ihr noch so laut zuschrie, dass es tatsächlich eine Gnade wäre, wenn Jamu sie jetzt und hier mit diesem Dolch tötete, so wehrte sie sich dennoch verzweifelt gegen die Vorstellung, dass sie nun tatsächlich sterben sollte. Selbst wenn ihr Leben nur noch

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