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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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warmes Lächeln - und doch war an dem Blick, mit dem er sie maß, etwas, das ihr nicht gefiel. Es war ein bisschen von dem darin, was sie auch in Jamus Augen gelesen hatte, natürlich nicht annähernd so anzüglich und boshaft, aber es war darin.
    Hastig und mit einem heftigen Gefühl schlechten Gewissens verscheuchte sie den Gedanken. Sie musste aufpassen, nicht in jedem Mann einen Feind zu sehen, nur weil sich einige davon als solche erwiesen hatten. Immerhin hatte Dragosz sein Leben aufs Spiel gesetzt, um das ihre zu retten. Aber ein ganz schwacher, schaler Nachgeschmack blieb auf ihrer Zunge zurück.
    Gehorsam ging sie auch an Sturmwind vorbei, um ihren Platz am Ende der kleinen Kolonne einzunehmen. Die Stute beäugte sie misstrauisch. Arianrhod kannte sie fast so gut wie Nachtwind, aber Sturmwind hatte niemals wirklich Freundschaft mit ihr geschlossen. Ganz anders als der Hengst oder gar Morgenwind, seine Tochter, hatte sie stets einen gewissen Abstand zu ihr gewahrt und sie bestenfalls in ihrer Nähe geduldet. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass sich die Stute auch ihr gegenüber nicht anders verhielt, und lachend hinzugefügt, dass sie wahrscheinlich eifersüchtig sei. Arianrhod hatte das für einen Scherz gehalten, aber jetzt war sie sich nicht mehr ganz sicher. Vorsichtshalber legte sie einen deutlich größeren Abstand zwischen sich und das Pferd, als nötig gewesen wäre. Nur für den Fall, das Sturmwind erschreckte und nach hinten austrat. Man konnte schließlich nie wissen.
    Auch Dragosz trat erschrocken zurück und griff nach den Zügeln der Stute. Sie ließ es geschehen, wieherte aber unwillig und sträubte sich im allerersten Moment, als er sie zwingen wollte, in die schmale Schlucht hineinzugehen, gehorchte dann aber schließlich doch.
    Der Abstieg verlief quälend langsam. Ihrer Mutter setzte unendlich behutsam einen Fuß vor den anderen und achtete auch aufmerksam darauf, wohin Nachtwind trat; zumindest mit den Vorderläufen. Zwei- oder dreimal hielt sie ihn fast gewaltsam an den Zügeln zurück, und einmal führte sie das Pferd so dicht an der Wand entlang, um irgendeinem Hindernis auszuweichen, dass die rauen Wurzeln sein Fell zerkratzten. Als Dragosz und Sturmwind die gleiche Stelle passierten, geschah nichts, aber Arianrhod nahm an, dass ihre Mutter ihre Gründe gehabt hatte, so zu verfahren.
    Darüber hinaus war sie selbst voll und ganz damit beschäftigt, sich einen einigermaßen gangbaren Weg zu suchen. Anders als Dragosz und ihre Mutter trug sie keine Schuhe, und sie hatte auch keine Hufe wie die Pferde, und der Pflanzenteppich, der den Boden des Hohlwegs bedeckte, war nicht annähernd so weich, wie es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Das Gehen darauf war nicht nur mühsam, sondern tat weh, und noch bevor sie die Biegung erreicht hatten, waren ihre Füße längst aufgeschürft und blutig. Und das war bei weitem nicht alles. Ihr Unbehagen wuchs von Augenblick zu Augenblick. Etwas wie eine unsichtbare Drohung lag über dem Hohlweg, das düstere Versprechen, dass sie hier nie mehr herauskäme, dass sie geradewegs in eine Falle lief, und mit einem Mal erinnerte sie sich wieder an Sarns Greisenhand, die ihr Handgelenk im Steinkreis vollkommen unerwartet gepackt hatte, so als hätte er sich nicht an sie angeschlichen, sondern wäre plötzlich aus dem Nichts heraus erschienen, um sie mit sich ins Verderben zu reißen.
    Wer sagte ihr, dass nicht auch hier Sarn plötzlich wieder auftauchte?
    Arianrhod versuchte den beunruhigenden Gedanken zu verscheuchen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Schließlich blieb Lea an der gleichen Stelle stehen, an der Dragosz vorhin außer Sicht verschwunden war, und drehte sich zu ihnen um. »Wartet kurz.« Ohne ihre Worte zu erklären, ließ sie Nachtwinds Zügel los, verschwand für einen Augenblick hinter der Biegung und sah sehr besorgt aus, als sie zurückkam. »Wartet hier, bis ich unten bin. Ich rufe euch.«
    Sie ergriff Nachtwind - diesmal mit beiden Händen - am Zügel und ging sehr viel langsamer als bisher los. Unendlich behutsam, wie es Arianrhod vorkam, führte sie den Hengst um die Biegung und war schließlich aus ihrem Blickfeld verschwunden. Arianrhod fühlte sie schlagartig allein und im Stich gelassen. Das Gefühl war völlig unangebracht, wurde aber binnen eines einzigen Augenblickes so stark, dass sie es nicht mehr aushielt. Ohne auch nur noch an das zu denken, was ihre Mutter ihr befohlen hatte, ging sie weiter, quetschte sich an

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