Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe
zurück, und sie bewältigten den Rest der Strecke ohne weitere Zwischenfälle.
Vollkommen außer Atem und an Körper und Geist erschöpft, ließ Arianrhod die Zügel los, taumelte ein paar Schritte zur Seite und musste sich vorbeugen und die Hände auf die Oberschenkel stützen, um nicht einfach zusammenzubrechen. Alles drehte sich um sie. Ihr Puls raste, und die Luft, die sie atmete, schmeckte so scharf, als wäre sie voller winziger Eissplitter. Sie bemerkte aus den Augenwinkeln, dass es ihrer Mutter nur wenig besser erging, und auch Nachtwind drohte plötzlich zu straucheln, obwohl er jetzt wieder festen und vor allem ebenen Boden unter den Hufen hatte.
Während der Hengst mit zwei, drei ungeschickten Schritten zum Bach hinunterging und geräuschvoll zu saufen begann, kam ihre Mutter zu ihr. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie besorgt.
Arianrhod richtete sich mühsam wieder auf. »Ja«, log sie. »Ich war nur.«
»Das war sehr klug von dir«, fiel ihr Lea ins Wort. »Und ziemlich tapfer - auch wenn es nicht unbedingt das war, was ich meinte, als ich gesagt habe, du sollst hinter uns bleiben.« Sie machte eine rasche Handbewegung, als Arianrhod sich verteidigen wollte, und lächelte plötzlich. »Woher hast du gewusst, was du zu tun hast?«
Arianrhod war so verblüfft, keine Vorhaltungen von Lea zu hören, dass sie im ersten Moment gar nicht antwortete, sondern aufmerksam im Gesicht ihrer Mutter zu lesen versuchte, ob diese Worte nicht vielleicht nur die Vorbereitung für einen ganz besonders scharfen Verweis waren. Alles, was sie jedoch in den Augen ihrer Mutter erblickte, war ein Ausdruck, den sie eindeutig als Stolz bezeichnet hätte, wäre ihr auch nur der geringste Grund dafür eingefallen.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie schließlich. »Ich dachte einfach, dass es das Richtige wäre.« Was auch nicht unbedingt der Wahrheit entsprach. Um genau zu sein, hatte sie überhaupt nichts gedacht, sondern war einfach ihrem Gefühl gefolgt.
Der Ausdruck von müdem Stolz in Leas Augen nahm noch zu. »Aus dir wird eines Tages eine großartige Reiterin werden«, sagte sie unvermittelt. Dann schüttelte sie den Kopf, streckte den Arm aus, um ihn Arianrhod um die Schulter zu legen, und führte sie zum Wasser.
Nur ein kleines Stück oberhalb der Stelle, an der Nachtwind immer noch dastand und sein Möglichstes tat, um den gesamten Bach auszusaufen, ließen sie sich auf die Knie sinken. Arianrhod schöpfte zwei, drei Hände voll des eiskalten Wassers, um sich das verschwitzte Gesicht zu waschen, ließ anschließend eine weitere Hand voll in ihren Nacken tropfen und genoss den eisigen Schauer, der ihr über den Rücken lief. Erst dann beugte sie sich weiter vor, hielt mit beiden Händen ihr Haar zurück und stillte ihren Durst. Das Wasser war kristallklar und köstlicher als alles, was sie jemals zuvor getrunken hatte, und schon nach den ersten Schlucken konnte sie Nachtwind verstehen und versuchte es ihm gleichzutun, obwohl ihr klar war, dass sie es wohl auch in dieser Disziplin nicht mit ihm aufnehmen konnte. Aber sie trank so lange und ausgiebig, bis sie das Gefühl hatte, platzen zu müssen, und auch tatsächlich keine Luft mehr bekam. Erst dann richtete sie sich auf, schöpfte noch einmal eine Hand voll Wasser aus dem Bach und rieb sich damit das Gesicht ab.
»Das hat gut getan«, seufzte Lea, während sie sich neben ihr in eine bequemere Haltung sinken ließ. Ihr Gesicht und ihr Haar glänzten vor Nässe und sahen jetzt eindeutig frischer aus, und obwohl sie noch immer schwer atmete und man ihr die Anstrengung ansah, die ihr die letzten Minuten abverlangt hatten, war es Arianrhod doch gleichzeitig, als hätte sie irgendwie an Kraft gewonnen. »Es ist schon erstaunlich, wie kostbar manchmal die einfachsten Dinge des Alltags werden können, nicht wahr?«, meinte sie. »Wie zum Beispiel ein Schluck klares Wasser.«
»Alles ist kostbar, wenn man es braucht und nicht hat«, sagte Arianrhod.
Lea lachte leise. »Habe ich schon gesagt, dass du einmal eine sehr kluge Frau wirst?«
»Nein«, antwortete Arianrhod wahrheitsgemäß. »Du hast gesagt, dass ich einmal eine sehr gute Reiterin werde.«
»Vorlaut bist du jedenfalls jetzt schon«, gab Lea zurück. »Habe ich das schon einmal gesagt?«
Arianrhod nickte. »Mehrmals.«
Ihre Mutter lachte erneut und sah für einen Moment fast wieder so jung und voller Kraft aus, wie Arianrhod sie in Erinnerung hatte. Aber nur fast. »Ich glaube, jetzt haben wir es
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