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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sturmwind vorbei und bedeutete auch Dragosz mit einer Geste, ihr Platz zu machen. Er gehorchte zwar, legte aber missbilligend die Stirn in Falten. Arianrhod rechnete fast damit, dass er sie aufhalten würde, doch er versuchte nichts dergleichen. Nach ein paar weiteren Schritten hatte auch sie die Biegung erreicht und riss überrascht die Augen auf.
    Der Weg war tatsächlich nicht mehr sehr lang; vielleicht noch zwei Dutzend Schritte, bevor die Wände wieder auseinander wichen und der flache Uferstreifen eines schmalen, wenn auch reißend dahinfließenden Baches unter ihnen lag. Dafür fragte sich Arianrhod jedoch, was Dragosz eigentlich unter ein wenig steiler verstehen mochte. Das letzte Stück Weg war kein Weg mehr, sondern ein steiler Abhang, den sie allerhöchstem auf Händen und Knien kriechend zurückgelegt hätte, und selbst das ganz bestimmt nicht freiwillig. Ihre Mutter und Nachtwind hatten gerade mal ein winziges Stückchen dieses Weges zurückgelegt - hätte Arianrhod sich vorgebeugt und den Arm ausgestreckt, hätte sie den Hengst vermutlich noch berühren können.
    Lea hatte die linke Hand vom Zügel des Hengstes gelöst und suchte damit Halt an den Luftwurzeln und Moossträngen, die aus der Wand herauswuchsen, und ihre Haltung war so angespannt und verkrampft, als wolle sie das gesamte Gewicht des Tieres mit ihrer Kraft halten. Nachtwind bewegte sich unsicher. Von seiner Anmut und Kraft war nichts geblieben, das Tier zitterte vor Angst, und obwohl es nur mit winzigen, fast schlurfenden Schritten von der Stelle kam, drohte es immer wieder auszurutschen.
    Arianrhod hatte das Gefühl, hier wegzumüssen, jetzt und sofort. Es war beinahe so, als könnte sie Sarns unsichtbaren Griff an ihrem Handgelenk spüren und als hörte sie das hämische Lachen, mit dem er ihre lächerliche Versuche bedachte, der von ihm gestellten Falle zu entgehen, bevor sie endgültig zuschnappte. Sie überlegte nur kurz, dann tat sie etwas, wofür ihre Mutter ihr vermutlich den Kopf abgerissen hätte, hätte sie es in diesem Augenblick gesehen. Ohne auf den protestierenden Laut zu achten, den Dragosz hinter ihr von sich gab, ging sie hinter Nachtwind und ihrer Mutter her und quetschte sich auf der anderen Seite am Leib des Pferdes vorbei. Der Finger, den ihr Jamu gebrochen hatte, reagierte auf jede zu hastige Berührung mit einem messerscharfen Schmerz, und ihre Schulter begann dumpf zu pochen, aber das nahm sie nur ganz am Rande war. Mit der linken Hand griff sie nach dem, was ihre Mutter wohl als Zaumzeug bezeichnete, während sie es mit der rechten Lea gleichtat und Halt an allem suchte, was aus der Wand neben ihr herauswuchs. Nachtwind schnaubte überrascht, und auch ihre Mutter warf ihr einen erstaunten Blick zu, sagte aber zu Arianrhods Verwunderung nichts. Wahrscheinlich, dachte sie, hob sie sich die Standpauke auf, bis sie unten angekommen waren. Falls sie es schafften.
    Mehr als einmal in der schier endlosen Zeit, in der sie sich Schritt für Schritt und unendlich vorsichtig weitertasteten, zweifelte Arianrhod ernsthaft daran. Selbst ihr fiel es immer schwerer, das Gleichgewicht zu bewahren, und der Hengst begann jetzt immer heftiger zu zittern. Arianrhod konnte seine Angst riechen. Ohne es im ersten Moment selbst zu merken oder gar zu wissen, warum sie es tat, begann sie mit leiser, beruhigender Stimme auf das Pferd einzureden, sinnlose Worte, die mindestens ebenso sehr ihrer eigenen Beruhigung galten wie der des Hengstes. Obwohl sie zu helfen schienen, blieb das Tier unruhig. Seine Ohren zuckten jetzt ununterbrochen, und sie konnte hören, wie sein Schweif rechts und links gegen die Wände schlug. Manchmal lösten sich kleine Erdbrocken oder Steinchen unter seinen Hufen und eilten ihnen wie winzige Lawinen voraus, und einmal glitt der Hengst tatsächlich aus, als ein trockener Ast unter seinem Gewicht mit einem peitschenden Knall zerbrach und er vor Schreck einen Fehltritt machte.
    Arianrhod und ihre Mutter warfen sich mit aller Kraft gegen den Hengst, hielten sein Zaumzeug fest und versuchten sein Gewicht mit ihren eigenen Körpern zu stützen. Arianrhod spürte selbst, wie lächerlich das war. Der Hengst musste so viel wiegen wie vier oder fünf große Männer - aber das Wunder geschah. Vielleicht war es einfach das Gefühl, dass jemand an seiner Seite war und ihm half, welches Nachtwind die Kraft gab, sein Gleichgewicht wieder zu finden. Das Tier stürzte nicht, sondern fand in einen einigermaßen sicheren Schritt

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