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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einverstanden?«
    Arianrhod nickte nur. Antworten konnte sie nicht. In ihrer Kehle saß plötzlich ein bitterer Kloß, der sie nicht nur am Sprechen hinderte, sondern sie fast zu ersticken schien, und ihr Herz klopfte noch immer so hart, dass sie es bis in die Spitzen ihrer zu Fäusten geballten Finger spüren konnte. Sie fühlte sich noch immer schuldig, jetzt vielleicht sogar mehr als zuvor, nicht wegen dem, was sie getan hatte - genau genommen hatte sie ja gar nichts getan -, wohl aber wegen dem, was sie gedacht und vor allem gefühlt hatte. Davon wusste ihre Mutter nichts, und sie nahm sich fest vor, dass sie es auch niemals erfahren würde. »Ja«, sagte sie mit einiger Verspätung. »Ich wollte ja auch nur.«
    »Nie wieder«, fiel ihr Lea erneut ins Wort, diesmal etwas schärfer. Noch nicht wirklich zornig, aber doch so nachdrücklich, dass Arianrhod nur nickte und dann mit einem Ruck den Kopf zur Seite drehte, um wieder ins Tal hinabzusehen. Sie fühlte sich noch immer niederträchtig und gemein, zugleich aber auch unendlich erleichtert. Und sie verspürte ein warmes Gefühl für ihre Mutter, das sie allzu lange vermisst hatte. Vielleicht war es gar nicht so, wie sie vorhin noch gedacht hatte. Vielleicht hatte sie ihre Mutter nicht verloren, sondern nur eine Freundin gewonnen.
    Dragosz hatte mittlerweile sein Pferd gewendet und war wieder auf dem Rückweg, ohne dass es Arianrhod während ihres Gesprächs aufgefallen wäre. Er schien in großer Eile zu sein, doch sie sah nun, dass er Schwierigkeiten hatte, die Stute die steil ansteigende Böschung hinaufzutreiben. Sie scheute immer wieder und versuchte sich ihm zu widersetzen, sodass er mit immer größerer Kraft an diesen verfluchten Lederriemen herumzerrte, die ihre Mutter Zaumzeug nannte und die nach ihren Worten eher dazu gedacht waren, das Verhältnis zwischen Mensch und Tier zu verbessern, statt mit grober Gewalt einem Pferd seinen Willen aufzuzwingen.
    »Dieser Dummkopf lernt es nie«, seufzte Lea. »Wenn er so weitermacht, dann wird sie ihn abwerfen.« Sie schnaubte abfällig. »Eigentlich sollte ich in aller Ruhe abwarten, bis das passiert.«
    »Reitet sein Volk nicht?«
    »Nein. Ich habe ihm das Reiten beigebracht. Und bevor du jetzt sagst, ich wäre eine schlechte Lehrerin, das stimmt nicht. Er ist ein schlechter Schüler.« Sie stand auf und hob beide Arme über den Kopf, um Dragosz zuzuwinken. Arianrhod bezweifelte, dass er es überhaupt sah, denn er schien voll und ganz damit beschäftigt zu sein, sich auf Sturmwinds Rücken zu halten und mit immer größerer Kraft an den Zügeln zu reißen, aber die Stute erkannte Lea sofort. Sie hörte plötzlich auf, gegen ihren Reiter anzukämpfen, und verfiel ganz im Gegenteil in einen raschen Trab, der sie binnen weniger Augenblicke zu ihnen heraufbrachte.
    Dragosz fiel mehr von ihrem Rücken, als er herunterkletterte. Er war vollkommen außer Atem, und sehr aufgebracht. »Störrisches Vieh!«, schimpfte er. »Um ein Haar hätte ich mir den Hals gebrochen!«
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst sie nicht beschimpfen«, sagte Lea spöttisch. Sie nahm Dragosz den Zügel aus der Hand und tätschelte Sturmwinds Hals. Das Pferd dankte es ihr, indem es sie freundschaftlich mit dem Kopf gegen die Schulter stupste, bevor es sich zu Nachtwind gesellte, der noch immer an derselben Stelle ein Stück den Weg hinab wartete, wo sie ihn zurückgelassen hatten. Dragosz blickte der Stute finster nach und wandte sich dann mit einem noch finstereren Blick an Lea. »Vielleicht ist es ja wahr, was man sich in Goseg über dich erzählt«, grollte er. »Du bist eine Hexe. Du hast sie verzaubert.«
    »Ja«, antwortete Lea lächelnd. »Wenn du willst, dann verrate ich dir meinen Zauberspruch. Er besteht aus einem einzigen Wort. Sanftmut.«
    »Aus deinem Mund bekommt dieses Wort eine ganz andere Bedeutung«, sagte Dragosz spöttisch. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, um den Schweiß wegzuwischen.
    »Aber es ist das ganze Geheimnis«, belehrte ihn Lea. »Sie sind sehr sanfte Wesen. Du musst ihre Freundschaft erringen. Wenn du versuchst, sie zu etwas zu zwingen, dann werden sie dir niemals wirklich treu ergeben sein. Und glaub mir, sie spüren ganz genau, ob es jemand ehrlich mit ihnen meint oder nicht.«
    Dragosz sah sie einen Moment lang misstrauisch an, als suche er nach einer verborgenen Bedeutung in diesen Worten, dann aber schüttelte er unwillig den Kopf. »Wollen wir uns über Pferde unterhalten, oder willst du

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