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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wusste, wie viel davon abhing, dass sie Abdurezak überzeugen konnte. »Schick ein paar Männer in das verlassene Dorf. Sie können dort selbst nachsehen …«
    Abdurezak schnitt ihr mit einer raschen Handbewegung das Wort ab. »Du weißt selbst, dass das unnötig ist. Es waren ja schon ein paar von uns am Langhaus. Die Jäger. Soll ich dir ihre Namen nennen? Oder willst du mit ihnen in meinem Beisein sprechen?«
    Beschämt senkte Arri den Blick. Das Feuer griff gierig nach der neuen Nahrung, die ihm der Älteste angeboten hatte, und einzelne Funken sprangen aus den knisternden Flammen hoch, als wäre ein Freudenfest zu feiern.
    Doch das Gegenteil war der Fall.
    »Ich frage dich noch einmal«, sagte Abdurezak. »Soll ich Franwar und die anderen holen? Möchtest du sie in meinem Beisein befragen?«
    Arri schüttelte den Kopf. »Nein«, hauchte sie.
    »Und warum nicht?«, fragte Abdurezak leise.
    Arri blickte wieder hoch. Sie sah das Feuer, sie sah den Ältesten – und vor allem sah sie jetzt wieder Dragosz’ Gesicht so deutlich vor sich, als hätte sie ihn gerade erst in den Armen gehalten. Während der Ereignisse in dem Dorf hatte sie kaum Zeit gehabt, an ihn zu denken. Das war jetzt anders. In den Nächten, wenn sie sich in den Schlaf weinte, gab es nur noch sein Gesicht. Allerdings war es kein friedlicher Anblick. Das Bild des sterbenden Dragosz, der mit Schaum auf den Lippen ihren Namen gerufen hatte, während sich seine Hand in die ihre verkrallt hatte – sie bekam es einfach nicht aus dem Kopf.
    »Warum soll ich sie nicht holen, Arianrhod?«, hakte Abdurezak beharrlich nach.
    »Weil … weil sie Nor nicht gesehen haben«, flüsterte Arri. »Weil ich die Einzige war, die man auf den Dachboden gelassen hat.«
    »Du widersprichst dir selbst«, sagte Abdurezak kalt. »Oder hast du mir nicht auch gesagt, dass man Larkar unter dem Dach gefangen hielt?«
    »Doch«, bestätigte Arri. »Das habe ich gesagt. Aber Larkar ist nicht hier. Er kann meine Geschichte nicht bestätigen.«
    Abdurezak nickte, als hätte er diese Antwort erwartet. »Wie praktisch für dich, nicht wahr? Niemand hat etwas gesehen, und der einzige Zeuge ist einer von Ragoks Männern, der plötzlich aufgetaucht und genauso plötzlich wieder verschwunden ist. Was ja auch kein Wunder ist. Denn Ragok und seine Leute sind gar nicht in der Gegend. Oder glaubst du nicht, dass sie irgendein anderer sonst noch gesehen hätte?«
    »Ja … aber …« Arri beugte sich so weit nach vorn, wie es ihre Fesseln zuließen. »Taru und Rar können doch bestätigen, dass Larkar dort war.«
    Abdurezak starrte sie schweigend an, und in seinem Blick veränderte sich etwas. Jede Spur von Anteilnahme verschwand daraus und machte etwas Platz, das Arri noch nie an ihm gesehen hatte: einer Mischung aus Enttäuschung und kalter Entschlossenheit.
    »Warum tust du das nur?« Der alte Mann stieß einen tiefen Seufzer aus und schüttelte dann den Kopf. »Taru und Rar haben mir versichert, dass sie Larkar nicht gesehen haben. Genauso wie sie bekräftigt haben, dass sie dich nicht haben entführen wollen, sondern deine Flucht nur im letzten Augenblick vereiteln wollten.«
    So ist das also, dachte Arri entsetzt. Ich verliere alles. Jetzt habe ich auch noch den letzten Rest des Vertrauens von Abdurezak verloren.
    Als sich Abdurezak mit den steifen Bewegungen eines uralten Mannes erhob, glaubte sie, das Gespräch sei beendet. Aber da hatte sie sich getäuscht. Der Älteste hatte noch etwas für sie, das schlimmer war als alles andere.
    »Dragosz ist inzwischen zu seiner letzten Reise aufgebrochen«, sagte er steif. »Wir haben seinen Abschied aus unserer Welt so begangen, wie es sich gehört. Das ganze Dorf hat sich versammelt, als wir ihn und seine Seele freigaben.«
    »Das ganze Dorf …« Arri bekam keine Luft mehr. »Aber warum … ich …«
    »Weshalb du nicht dabei warst?« Abdurezak starrte über sie hinweg in Richtung des Seeufers. »Du bist nichts, Arri. Keine Heilerin mehr. Kein Mitglied unserer Gemeinschaft. Und schon gar nicht bist du noch Dragosz’ Frau!«
    Arri öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Aber sie brachte nur einen wimmernden Laut hervor.
    »Bevor wir Dragosz auf die letzte Reise schickten, haben wir ihn offiziell von dir entbunden«, fuhr Abdurezak gnadenlos fort. »Und jetzt ist er zu Surkija unterwegs. Zu seiner Frau.«
    Mit ein paar schnellen Schritten war Isana an dem glimmenden Schmiedefeuer vorbei, das ihr Vater für eine einfache kleine Reparaturarbeit

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