Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
fürchterlich großen Wert.«
»Aber warum …?«
»Warum man es vom Ende der Welt zu uns bringt?« Furlars Gesicht verzog sich noch mehr. »Das ist doch wohl offensichtlich, oder? Weil man damit viel Gewinn machen kann.« Er klopfte gegen die Amphore. Wie zu erwarten gewesen war, klang sie hohl. »Diese Dinge werden von den Meerleuten bis oben hin mit Gewürzen vollgestopft, bevor man sie auf die Reise schickt. Und Goseg handelt dann mit beidem. Mit den Gewürzen wie auch mit diesen … Amphoren.«
»Ah ja.« Isana hätte sich am Kopf gekratzt, hätte sie das gekonnt. »Und was habt ihr jetzt vor? Wollt ihr etwas in eure dünnen Goldplättchen einpacken, und dies dann Goseg zum Tausch anbieten?«
»Aber nein«, empörte sich Furlar. »Das nun wirklich nicht. Hier wird gar nichts eingepackt!«
»Sondern?«
Ohne viel Feingefühl stellte Furlar die Amphore wieder ab. »Wir haben eine ganz andere Idee«, sagte er in schwärmerischem Tonfall. »Wir werden aus diesen Goldplättchen Ornamente formen. Und die sollen dann in meine Krüge eingebrannt werden. Danach können wir Goseg Goldkrüge anbieten! Und diese Amphorenhändler mögen sehen, wo sie bleiben!«
»Goldplättchen? Ornamente? Tonkrüge?« Isana schüttelte den Kopf. »Was soll das denn? Das klappt doch niemals. Und wahrscheinlich sieht das … naja, nicht ganz so großartig aus.«
»Du hast ja keine Ahnung!« Furlar wirkte nicht beleidigt, im Gegenteil. Er kicherte wie ein kleines Mädchen. »Das sieht sogar richtig, richtig gut aus. Und wir haben etwas zum Handeln, was unseren Stand gegenüber Goseg sehr verbessern wird.«
Isana starrte ihn wortlos an. »Ich hoffe nur, der neue Hohepriester haut euch die Krüge nicht um die Ohren, wenn ihr ihm damit kommt.«
»Ganz im Gegenteil«, versicherte ihr Furlar. »Er wird uns die Krüge sogar aus den Händen reißen. Und dein Vater kann dann so viel Erz und Kupferbarren dafür eintauschen, dass die Schmiede wieder mit voller Kraft zu betreiben ist. Und meinen Namen wird man selbst im Land der Amphorenhändler rühmen!«
»Na, wenn das mal gut geht«, sagte Isana skeptisch. »Das ist doch eine sehr merkwürdige Idee, die ihr beide da ausgeheckt habt.«
»Keine merkwürdige, sondern eine großartige Idee«, widersprach ihr Furlar. »Und in aller Bescheidenheit«, er strich sich mit der freien Hand über den Bauch, »wir beide sind schon etwas ganz Besonderes. Dein Vater ist mit Abstand der beste Schmied im ganzen Umkreis, und mir sagt man nach, dass ich im Töpfern auch nicht wesentlich schlechter bin.«
Abdurezak schwieg lange, nachdem ihm Arri erzählt hatte, was ihr widerfahren war. Sein Gesicht wirkte wie in Stein gemeißelt, und selbst, als er sich vorbeugte, um ein paar Holzscheite ins Feuer nachzuschieben, zeigte er keinerlei Regung. Arri machte das wahnsinnig. Sie hatte Abdurezak angefleht, sie anzuhören, nachdem man sie zurückgebracht hatte. Erst hatte er sich beharrlich geweigert. Und jetzt, nach quälend langen Stunden und Tagen, und nachdem er ihre Schilderung angehört hatte, ohne sie mit einer Frage zu unterbrechen oder auch nur eine einzige ihrer Schilderungen zu kommentieren, wirkte er lediglich geistesabwesend und in sich gekehrt.
»Du weißt, dass ich dich einmal sehr geschätzt habe«, sagte er schließlich.
Arri hatte das Gefühl, man stoße ihr ein glühendes Messer ins Herz und drehe es darin um. Dass ich dich einmal sehr geschätzt habe! Das war schlimmer, als wenn er sie der Lüge bezichtigt hätte. Es war ein einziger Satz, aber er fasste alles zusammen, die Vergangenheit, die Gegenwart und auch die Zukunft.
Früher einmal geschätzt.
Jetzt also nicht mehr.
»Ich habe mir lange überlegt, ob ich dir die Gelegenheit geben soll, mir deine Sicht der Dinge zu schildern«, sagte er leise. »Nicht alles, was Taru und Rar behauptet haben, hat mich überzeugt. Aber was du jetzt erzählst?« Er schüttelte den Kopf. »Nor soll noch leben? Unter dem Dach des Langhauses in dem aufgegebenen Dorf, gar nicht weit entfernt von hier? Und Amar soll nur so etwas wie sein Handlanger sein?«
»Das habe ich nicht gesagt«, widersprach Arri mit Tränen in den Augen. »Amar ist der Hohepriester …«
»Und Nor sieht aus wie ein Wurm?« Abdurezak kniff die Augen zusammen, und plötzlich sahen sie aus wie die einer uralten Schildkröte. »Er hat nichts Menschenähnliches mehr an sich? Und doch hört Amar auf seine Befehle?«
»Nein. Oder ja.« Arri rang weniger um Worte als vielmehr um Fassung. Sie
Weitere Kostenlose Bücher