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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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Zufälligkeiten unterliegt, doch streng kausal bestimmt ist. Einstein presste seine Abneigung gegen die Quantenmechanik in das berühmte Diktum »Gott würfelt nicht«, das er vor allem in seinen Diskussionen mit dem großen dänischen Physiker Niels Bohr einsetzte.
Einstein und Bohr
    Diskussionen mit Einstein über erkenntnistheoretische Probleme der Atomphysik – so heißt ein Aufsatz, in dem Niels Bohr darstellt, wie er mit Einstein um die Lektion der Atome gerungen hat. Kommende Generationen, sofern sie noch Interesse an philosophischen Fragen haben, können in dem Dialog dieser beiden Männer nachlesen, welche Qualität das Denken im 20. Jahrhundert erreicht hat. Beide Physiker hatten allerhöchsten Respekt voreinander, wie sich etwa an der Bemerkung von Einstein ablesen lässt, Bohrs Beiträge zur Physik seien »höchste Musikalität auf dem Gebiet des Gedankens«. Diese Bewunderung hat ihn aber nicht davon abgehalten, die Deutung, die Bohr der Quantenmechanik gab, als »Beruhigungsphilosophie« zu bezeichnen.
    Was ist damit gemeint? Die über mehr als zwei Jahrzehnte geführte Debatte handelte unter anderem von der merkwürdigen Rolle, die den Beobachtern bzw. der Beobachtung in der neuen Physik zukam. In der Quantenmechanik bekommt ein Elektron seine Eigenschaften erst durch eine Messung. Mit ihr wird bestimmt, was vorher unbestimmt war. Während Bohr sich auf diese Unbestimmtheit der physikalischen Realität einließ und sie in ein philosophisches Gerüst namens Komplementarität einbaute, blieb Einstein der Gedanke unerträglich, dass sich die Natur nicht festlegen ließ. Er dachte sich ein Gedankenexperiment nach dem anderen aus, um zu zeigen, dass die Unbestimmtheit hintergangen werden konnte. Doch Bohr konnte sie alle als untauglich entlarven.
    Die Hartnäckigkeit, mit der Einstein das Thema verfolgte, hat den Gedanken aufkommen lassen, dass es in der Debatte um mehr als ein Verständnis der Wirklichkeit gegangen ist und ihr eigentliches Thema Gott war – und zwar im Angesicht der neuen Physik, die den Kosmos so gut kannte wie die Atome. Tatsächlich stellt Einsteins stures »Gott würfelt nicht« sein letztes Wort in dem Dialog dar, auf das Bohr noch geantwortet hat. Zum einen, so meinte er, könne niemand, nicht einmal Einstein selbst, Gott vorschreiben, wie er mit der Welt umgeht. Und zum zweiten wisse ebenfalls niemand, was ein Wort wie »würfeln« bedeutet, wenn es in Verbindung mit Gott gebraucht wird.
Gedankenexperimente
    Einstein ist berühmt geworden für seine Gedankenexperimente. Dabei stellte er sich stets konkrete Situationen vor, in denen jemand eine Beobachtung oder Messung vornehmen kann. Nur hatten diese Situationen immer einen kleinen Haken: Aus technischen, finanziellen oder anderen – aber niemals prinzipiellen – Gründen war das Experiment nicht durchführbar. Als sich Einstein 1920 auf einer Tagung der Gesellschaft der Deutschen Naturforscher und Ärzte in Bad Nauheim an einer »Allgemeinen Diskussion über Relativitätstheorie« beteiligte, meinte er dazu: »Ein Gedankenexperiment ist ein prinzipiell, wenn auch nicht faktisch durchführbares Experiment. Es dient dazu, wirkliche Erfahrungen übersichtlich zusammenzufassen, um aus ihnen theoretische Folgerungen zu ziehen. Unerlaubt ist ein Gedankenexperiment nur dann, wenn eine Realisierung prinzipiell unmöglich ist.«
    Als Erfinder der Gedankenexperimente kann Galileo Galilei gelten, der wissen wollte, ob Körper, die unterschiedlich schwer sind, unterschiedlich schnell fallen. Er ist dazu nicht auf den schiefen Turm von Pisa geklettert, sondern hat sich Folgendes überlegt: Angenommen, ein schwerer Körper fällt schneller als ein leichter, was passiert, wenn ich beide zusammenbinde? Der neue Körper müsste sowohl langsamer als der schwere als auch schneller als der leichte sein, woraus nur ein Schluss zu ziehen ist, nämlich der, dass beide Einzelkörper gleich schnell fallen.
    Einstein hat sein erstes Gedankenexperiment als 16-Jähriger unternommen, als er sich überlegte, was passiert, wenn er einem Lichtstrahl mit Lichtgeschwindigkeit nachlaufen würde. Was sieht er dann – vom Licht und der Welt? Berühmt geworden sind seine Gedankenexperimente, in denen eine Kabine im Weltraum unterwegs ist. In ihr befi ndet sich ein Physiker, der wissen will, ob seine Bewegung durch irgendwelche Raketenantriebe oder durch die Anziehungskraft zustande kommt, die das Schwerefeld eines Himmelskörpers bewirkt. In einer Kabinenwand

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