Die Hintertreppe zum Quantensprung
Zusammentreffen des Lichts mit Atomen erfassen will. Für diese Einsicht in die Dualität hat er den Nobelpreis für Physik bekommen. Zweitens gelangte Einstein zu Weltruhm, als sich zeigte, dass der Weg eines Lichtstrahls durch die Sonne exakt so gekrümmt wird, wie er zuvor in seiner allgemeinen Relativitätstheorie ausgerechnet hatte. Ein dritter Gesichtspunkt steckt in der fünften Arbeit des Wunderjahres, mit der die berühmte Formel E = mc 2 in die Welt gekommen ist. Deren Kern hat Einstein einmal durch den simplen Satz ausgedrückt: »Masse und Energie sind wesensgleich.« Wenn aber die Masse eines Körpers ein direktes Maß für die in ihm enthaltene Energie ist, dann heißt das in Einsteins Worten: »Das Licht überträgt Masse«. Als ihm diese Einsicht kommt, kommentiert er sie mit den Worten: »Die Überlegung ist lustig und bestechend; aber ob der Herrgott nicht darüber lacht und mich an der Nase herumgeführt hat, das kann ich nicht wissen.«
Das Licht taucht erneut später in Einsteins Leben auf. 1929 stellen amerikanische Astronomen zu ihrer großen Überraschung fest, dass die Wellenlänge der von Sternen ausgehenden Strahlung zum roten (langwelligen) Ende hin verschoben wird, wenn ihr Abstand von der Erde zunimmt. Zum Glück konnten Einsteins Gleichungen die inzwischen als Rotverschiebung bekannte Beobachtung sofort erklären. Sie zeigen nämlich ein Universum, das sich ausdehnt (expandiert). Die Sterne, die wir sehen, sind also von uns weg flüchtende Objekte, und das von ihnen ausgesendete Licht verändert seine Wellenlänge so, wie es die Töne von hupenden Autos tun, die an einem Fußgänger vorbeirasen.
Es gab davor noch einen weiteren Fortschritt mit dem Licht, als sich Einstein der Frage zuwendete, wie wohl Sterne Licht aussenden. Genauer genommen, müsste die Frage eigentlich lauten: Wie senden die Atome der Sterne Licht aus? Einstein antwortet darauf im Jahre 1916, als ihm »ein prächtiges Licht aufgeht«, wie er damals schreibt. Ihm gelingt nämlich die »verblüffend einfache Ableitung« des Gesetzes, das die Lichtaussendung (Emission) von festen Körpern regelt und das ursprünglich von Planck aufgestellt worden war.
Wer sich die Aufgabe stellt, ein physikalisches Gesetz abzuleiten, muss allgemein mit einem Modell beginnen. In dem konkreten Fall der Lichtentstehung musste Einstein mit einem Modell des leuchtenden Materials beginnen und fragen, welche Eigenschaften die dort versammelten Atome benötigten, um die Strahlung zu produzieren, die im Experiment – also in der Wirklichkeit – nachgemessen worden ist. Einstein rechnete dabei mit Atomen, in denen die Elektronen auf Bahnen umliefen. Er versuchte nun, aus den Übergängen zwischen getrennten Elektronenbahnen und den frei werdenden Lichtenergien das Aussehen (Spektrum) der farbigen Strahlung vorherzusagen, die jeder beim Betätigen von Kochplatten oder beim Erhitzen von Metallen beobachten kann und sich von Physikern präzise vermessen ließ.
1917 publizierte Einstein die nur sieben Seiten umfassende Arbeit Zur Quantentheorie der Strahlung , in der er seine Ergebnisse und Einsichten vorstellte. In der Einleitung kündigt er selbstbewusst an, dass seine Abhandlung »über den für uns noch so dunklen Vorgang der Emission und Absorption der Strahlung durch die Materie einige Klarheit zu bringen scheint«.
Man kann darüber streiten, ob dieser Anspruch gerechtfertigt erscheint oder nicht. Man kann aber nicht darüber streiten, dass Einstein mit dieser Arbeit einen neuen Gedanken in die Welt der Physik gebracht hat, der heute in Lasern genutzt wird. Einstein stellt nämlich fest, dass es neben der bereits genannten spontanen Aussendung von Strahlung eine zweite höchst besondere Variante gibt, die zur Emission von Licht führt und die als erzwungene oder stimulierte Emission bezeichnet werden kann. Dieser Vorgang fi ndet statt, wenn einem Atom, in dem zuvor ein Elektron angeregt und in eine höhere Bahn befördert wurde, genau die Energie geliefert wird, die dies bewirkt hat. Dann kann das Elektron nicht nur von selbst, sondern zusätzlich noch mithilfe dieser Stimulation in seinen Grundzustand zurückkehren.
Das wirkt zunächst nicht wirklich aufregend. Einem Vorgang, der Licht aussendet, scheint lediglich ein zweiter, der ebenfalls Licht aussendet, an die Seite gestellt zu werden. Doch bekommt das Ganze eine besondere Bedeutung durch Einsteins Hinweis, dass es sich hierbei um »vollständig gerichtete Vorgänge« handelt.
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