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Die Hintertreppe zum Quantensprung

Die Hintertreppe zum Quantensprung

Titel: Die Hintertreppe zum Quantensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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bewegen. Diese Fragestellung führte ihn nach und nach zu dem gemeinsam mit Gustav Ludwig Hertz durchgeführten Franck-Hertz-Versuch. Dieser belegte in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg die Existenz diskreter Energieniveaus von Atomen experimentell und signalisierte den Physikern, dass es nun höchste Zeit war, die Quanten und ihre Sprünge in die Wissenschaft einzuführen und ernst zu nehmen. Es gab sie wirklich.
    Zu dem berühmten Versuch gehört ein Glaskolben, in dem ein Gas eingeschlossen ist – zum Beispiel Quecksilberdampf oder Neon. Außerdem befand sich in dem Kolben das übliche Trio von Vorrichtungen, das Physiker damals studierten und mit deren Hilfe sie die Röhren entwickelten, die bald in Radiogeräten oder Fernsehapparaten und damit im Alltag zu finden waren. Doch bleiben wir zunächst bei der Wissenschaft. Hier galt es, in dem Glaskolben eine elektrische Spannung zu erzeugen, und dazu brauchte man einen negativen und einen positiven Pol, insgesamt also eine Elektrode. Die negative Elektrode bzw. den negativen Pol nannten die Physiker Kathode – nach dem griechischen kathodos , das einen Weg nach unten bezeichnet. Und das Gegenstück tauften sie Anode – nach dem griechischen anodos , das einen Weg nach oben meint. Es war bekannt, dass bei geringem Druck und unter hoher Spannung von der Kathode in dem Glaskolben ein Strahl ausgeht, der aus Elektronen besteht und als Kathodenstrahl die physikalische Grundlage für die ersten Fernsehgeräte lieferte. Diese verfügten anfänglich noch nicht über Flachbildschirme, sondern ließen uns eben durch ihre Form in die Röhre schauen.
    Franck und Hertz konstruierten also einen Glaskolben mit Kathode und Anode, und sie fügten zwischen den beiden Elektroden noch ein Gitter ein, an das ebenfalls eine Spannung angelegt werden konnte und mit dem man die Zahl der Versuchsanordnungen steigern konnte. Franck und Hertz erhöhten zunächst die Spannung zwischen Kathode und Gitter und beobachteten, dass der Strom in dem Glaskolben zunahm, was niemanden wunderte. Doch dann passierte etwas Merkwürdiges. Wenn die Spannung einen bestimmten Wert – nennen wir ihn U – erreichte, brach der Strom zusammen, aber nur, um bei weiter steigender Spannung wiederzukehren, bis er bei dem doppelten Wert – also bei 2U – erneut abbrach. Und das Spielchen wiederholte sich bei 3U und 4U, und weiter kam die Anlage zunächst nicht.
    Die Deutung des Versuchs bzw. seines Ergebnisses gelingt mit der Quantenvorstellung und dem Atommodell, das Niels Bohr 1912 entwickelt hatte. Dabei müssen wir unsere Aufmerksamkeit jetzt von den frei fl iegenden Elektronen des Kathodenstrahls auf die Atome des Gases lenken, mit dem der Glaskolben gefüllt ist. Sie sind es nämlich, die von den Kathodenstrahlen getroffen werden, und das periodische Abbrechen des Stroms im Kolben zeigt, dass ihnen bei den Zusammenstößen nicht jede beliebige Energie (kontinuierlich) übertragen werden kann, sondern dass sie sich Energie nur in messbaren Quantenportionen einverleiben können. Und dies geschieht nur dann, wenn sie von einem Zustand in einen anderen – energetisch höheren – übergehen.
Zusammenstöße und andere Zustandsänderungen
    Über Zusammenstöße zwischen Elektronen und Molekülen des Quecksilberdampfes und die Ionisierungsspannung desselben – in einer Arbeit mit diesem Titel fassten Franck und Hertz ihre Ergebnisse zusammen, für die sie erst 1925 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurden. Ihr wegweisender Text erschien bereits 1914, also in dem Jahr, in dem die europäischen Staaten übereinander herfi elen und das Schlachten begann, das sich zum Ersten Weltkrieg ausweitete. Franck meldete sich freiwillig zur deutschen Armee, und er konnte sich durch seinen Einsatz buchstäblich auszeichnen: 1917 verlieh man ihm das Eiserne Kreuz I. Klasse, nachdem er an der Front schwer verletzt worden war – und zwar ausgerechnet bei einem Gasangriff, mit dem die Wissenschaft der Chemie zum ersten Mal direkt in das Kriegsgeschehen eingriff.
    Nach dem Ende der kriegerischen Feindseligkeiten wurde Franck nach Göttingen berufen, und damit war er zur richtigen Zeit am richtigen Ort, denn die neue Physik, die in dem kommenden Jahrzehnt geschaffen werden konnte, entstand an zwei Orten, in Kopenhagen und in Göttingen. An Francks Wirkungsstätte konnte man unter anderem auf Größen wie Max Born, Robert Oppenheimer, Werner Heisenberg treffen sowie auf den nicht ganz so berühmten Amerikaner Edward

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