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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Südost her wehte eine leichte Brise. Das Meer hob und senkte sich in langen, nicht überbrechenden Wellen, so daß der Lauf des Schiffes in keiner Weise behindert war.
    Da und dort zeigten sich verschiedene Fahrzeuge, in der Mehrzahl Walfänger. Wahrscheinlich beuteten sie diese Gegend schon einige Wochen aus und setzten ihren Fang auch noch bis zum Eintritt des Winters fort. Die anderen Schiffe steuerten entweder nach Nikolajewsk, nach Ochotsk oder Ayan, den bedeutendsten der hiesigen Häfen, oder sie kamen daher, in Begriff in See zu gehen.
    Schon zu jener Zeit bildete Nikolajewsk, die Hauptstadt der Provinz und nahe der Ausmündung des gleichnamigen großen Stromes, einen wichtigen Platz, dessen Handelsbeziehungen sich von Jahr zu Jahr ausbreiteten. Es hat einen gut geschützten Hafen an der tatarischen Meerenge, die das Festland von der Insel Sacchalin trennt.
    Vielleicht erschien die Strandung des »Saint Enoch« Jean-Marie Cabidoulin als Einleitung zu weiteren Unglücksfällen, und wenn das der Böttcher auch nicht geradezu aussprach, so hätte man ihn doch keineswegs darum zu drängen brauchen.
    Der Anfang dieser Campagne im Ochotskischen Meere war ja auch thatsächlich kein glückverheißender zu nennen.
    Schon am ersten Morgen wurde ein Walfisch – ein Spritzwal – in der Entfernung von zwei Meilen beobachtet, und Bourcart ließ alle vier Boote bemannen, um ihn zu fangen. Seine Verfolgung erwies sich aber als verfehlt, denn es war unmöglich, das Thier, als dieses dreimal untergetaucht war, überhaupt wieder zu entdecken.
    Am nächsten Tage der gleiche Versuch mit dem gleichen Mißerfolge. Die Boote kehrten an Bord zurück, ohne daß die Harpuniere ihre Waffe hatten schleudern können.
    An Walfischen fehlte es in diesem Meere also offenbar nicht, denn die Wachen meldeten deren bald noch mehrere, nur waren diese sehr wild oder sehr scheu, denn jedenfalls konnte man nicht an sie herankommen. Daß die anderen Schiffe mehr begünstigt wären, ließ sich auch kaum glauben.
    Die Mannschaft wurde unter diesen Verhältnissen natürlich recht verstimmt und ärgerlich. Mehr als jeder andere zeterte darüber aber der Lieutenant Allotte, und es war sehr zu befürchten, daß der Hitzkopf sich, trotz der wiederholten Warnungen Bourcart’s, gegebenen Falls zu Unklugheiten verleiten lassen möchte.
    Der Kapitän beschloß nun, mit dem »Saint Enoch« nach den Chantarinseln zu gehen, wo er sich schon zweimal mit vortrefflichem Erfolge aufgehalten hatte.
    Drei Monate früher würden die Walfänger im Ochotskischen Meere noch die letzten Eisschollen des vorigen Winters angetroffen haben, die, noch nicht zerfallen oder geschmolzen, die Schiffahrt außerordentlich erschwert hätten, denn die Fahrzeuge mußten dann längs der Eisfelder hinsteuern, um diese an ihrem Ende zu umschiffen. Dabei vergingen oft zwei bis drei Tage, ehe sie freies Wasser fanden, wo sie in gewünschter Richtung weitersegeln konnten.
    Im August dagegen ist hier das Meer, selbst in seinen nördlichsten Theilen, völlig eisfrei. Dagegen war eher schon die Bildung der »Young ices«, des jungen Eises, zu befürchten, ehe der »Saint Enoch« seine zweite Campagne abgeschlossen hätte.
    Am 29. kamen die Chantarinseln in Sicht. Sie liegen ziemlich im Hintergrunde einer Bai, des schmalen Einschnittes, der tief durch das Ufer der Amurprovinz eindringt.
    Weiterhin öffnet sich noch eine zweite Bai, die Bai Finisto oder des Südwestens genannt, die aber nicht viel Ankergrund bietet. Der Kapitän Bourcart kannte sie jedoch sehr gut und nahm hier seinen alten Halteplatz wieder ein.
    Da ereignete sich ein weiterer und leider weit ernsterer Unfall.
    Als der Anker den Grund berührte, waren zwei Matrosen gerade dabei, die Raa des kleinen Bramsegels zu erklimmen, um ein etwas verwirrtes Tau des Fockmastes in Ordnung zu bringen.
    Als sich dann die Ankerkette straff anspannte, erhielt Meister Ollive den Befehl, die Topsegel einzuziehen. Leider vergaß man dabei, den Matrosen zuzurufen, daß sie sich vorsehen und ordentlich festhalten sollten. In dem Augenblicke, wo beim Nachlassen der Drissen ein Topsegel auf das Eselshaupt des Mastes niedersank, stand der eine Matrose mit einem Bein gerade auf den Wanten und der andere auf der Pertleine der Raa. In dieser Stellung überrascht, hatte der eine nicht mehr genug Zeit, sich mit den Händen an die Wanten zu klammern, er verlor deshalb den Halt und stürzte am Deck auf das Boot des Obersteuermanns und von da aus ins

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