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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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jener Streifen sich fortbewegt.«
    Fünf oder sechs Matrosen umringten den Böttcher, der noch immer stumm blieb.
    Da fragte ihn der Oberbootsmann lächelnd:
    »Na, Alterchen.. ist sie das etwa?«
    Statt jeder Antwort machte Jean-Marie Cabidoulin eine Handbewegung, die offenbar »Vielleicht!« bedeuten sollte.
    Das Ungeheuer – wenn es ein solches war –, die Schlange – wenn es eine Schlange war – bewegte sich, nahezu drei Meilen luvwärts vom »Saint Enoch«, wellenartig an der Wasserfläche hin. Sein Kopf – wenn es ein Kopf war – schien mit einer dicken Mähne ausgestattet zu sein, wie sie in norwegischen und anderen Sagen den Kraken, den Calmars (einer Art ungeheuerer Tintenfische) und anderen Wundergeschöpfen des Meeres zugeschrieben wird.
    Sicherlich hätte auch der stärkste Walfisch dem Angriffe eines solchen Seeungeheuers nicht widerstehen können. Sein Vorhandensein in dieser Gegend erklärte es vielleicht, daß die Wale von hier schon verschwunden waren. Selbst ein Fahrzeug von fünf-bis sechshundert Tonnen hätte sich der Umschlingung durch ein so wunderbares Geschöpf wohl kaum entwinden können.
    Da ertönte wie aus einem Munde von der Mannschaft der Schreckensruf:
    »Die Seeschlange!… Die große Seeschlange!«
    Alle sahen unverwandt nach dem betreffenden Ungeheuer hin.
    »Kapitän, fragte jetzt der Lieutenant Allotte, wären Sie nicht begierig, zu wissen, ob das Thier da draußen ebensoviel Thran liefert wie ein Spritzwal?… Ich wette auf zweihundert Faß, wenn wir es einfangen können!«
    Von der Minute an, wo das Thier zuerst bemerkt worden war, hatte es sich jetzt – ohne Zweifel der Strömung folgend – dem Schiffe etwa um eine halbe Seemeile genähert. Man unterschied nun deutlicher seine Ringe, die sich wurmartig fortbewegten, seinen Schwanz, dessen Ende sich abwechselnd hob und senkte, und den mächtigen Kopf mit der struppigen Mähne, aus dem jedoch kein mit Luft gemengter Wasserstrahl, wie aus dem der Cetaceen, hervorsprudelte.
    Auf die von dem Lieutenant gestellte und wiederholte Frage, ob die Boote klar gemacht werden sollten, hatte der Kapitän Bourcart noch keine Antwort gegeben.
    Da sich Heurtaux und Coquebert aber dem Gesuche des Lieutenants angeschlossen hatten, gab Bourcart, nach leicht erklärlichem Zögern, den Befehl, zwei Boote aufs Wasser zu setzen, doch nicht um das Ungeheuer anzugreifen, sondern es nur mehr in der Nähe zu beobachten, da der »Saint Enoch« sich ihm nur langsam aufkreuzend hätte nähern können.
    Als der Böttcher die Leute beschäftigt sah, die Boote niederzulassen, trat er an den Kapitän Bourcart heran und sagte tieferregt:
    »Kapitän… Kapitän Bourcart… Sie wollten wirklich…
    – Jawohl, Meister Cabidoulin, ich will wissen, woran wir uns zu halten haben.
    – Ist das auch klug und weise?
    – Gleichviel, es geschieht!
    – Gehst Du nicht mit?« fragte Meister Ollive noch den Böttcher.
    Dieser begab sich ohne zu antworten nach dem Vorderdeck zurück. Die anderen hatten schon so oft über »seine Seeschlange« gespöttelt, daß er dieses Zusammentreffen, das ihm seiner Ansicht nach recht geben müßte, vielleicht gar nicht bedauerte.
    Die beiden Boote, jedes mit vier Matrosen an den Riemen, in dem einen der Lieutenant Allotte mit dem Harpunier Ducrest, in dem anderen der Obersteuermann Heurtaux mit dem Harpunier Kardek, warfen ihre Leinen los und steuerten auf das räthselhafte Thier zu. Der Kapitän hatte aber ausdrücklich befohlen, nur mit äußerster Vorsicht zu Werke zu gehen.
    Bourcart, Coquebert, der Doctor Filhiol und Meister Ollive blieben zur Beobachtung auf dem Hinterdeck, während das Schiff jetzt gegengebraßt hatte. Der Böttcher, der Schmied, der Zimmermann, die beiden anderen Harpuniere, der Tafelmeister, der Koch und die noch übrigen Matrosen standen auf dem Vorderdeck. Bei den Leichtmatrosen, die sich auf die Schanzkleidung lehnten, mischte sich die Neugier doch mit etwas ängstlicher Besorgniß.
    Alle Augen folgten den Booten. Diese ruderten langsam vorwärts, befanden sich aber doch bald nur um eine halbe Kabellänge von dem merkwürdigen Thiere entfernt, und jedermann erwartete, daß dieses sich plötzlich aufbäumen werde.
    Das Ungeheuer blieb unbeweglich, sein Schwanz peitschte nicht einmal das Wasser.
    Dann sah man die Boote dicht neben ihm hinstreichen und Leinen darüber werfen, ohne daß es eine Bewegung machte, und schließlich nahmen es die Boote gar ins Schlepptau, um es nach dem Schiffe zu bugsieren.
    Es

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