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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Ungleichheit verschärfen. Sie sind für den Bau von U-Bahnen, um die Großstädte unterminieren zu können. Sie wollen das Studium der Klassiker und der antiken Geschichte abschaffen, sie wollen den Sport und die visuelle Kommunikation fördern, um die Arbeiterklasse zu verdummen, und so weiter.
     
    Es war leicht, in den Protokollen einen Text zu erkennen, der im Frankreich des Fin de siècle entstanden sein musste, denn es wimmelt darin von Bezugnahmen auf Probleme der französischen Gesellschaft jener Zeit, aber es war auch leicht, unter den Quellen viele sehr populäre Romane zu erkennen. Unglücklicherweise war jedoch die Geschichte – auch hier wieder – erzählerisch so überzeugend, dass es den Leuten nicht schwerfiel, sie ernst zu nehmen.Der Rest dieser Geschichte ist Geschichte. Ein wandernder russischer Mönch namens Sergej Nilus, der »rasputinsche« Ambitionen hatte und von der fixen Idee des Antichristen besessen war, veröffentlichte und kommentierte die Protokolle . Wonach sie durch Europa wanderten, bis sie in die Hände von Adolf Hitler fielen …
     
    […]
     
    Was verbindet nun all diese Fiktionen, von denen ich hier gesprochen habe, und was hat sie so überzeugend und glaubwürdig gemacht? Die Konstantinische Schenkung war vermutlich nicht als bewusste Fälschung entstanden, sondern als rhetorische Übung, die erst später jemand ernst zu nehmen begann. Die Manifeste der Rosenkreuzer waren, jedenfalls nach Aussage ihrer mutmaßlichen Autoren, ein gelehrter Scherz und wenn nicht geradezu ein Studentenjux, so doch höchstens eine literarische Übung in dem damals beliebten Genre der Utopien.
    Der Brief des Priesters Johannes war sicher eine bewusste Fälschung, aber er sollte wohl nicht die Folgen haben, die er faktisch hatte.
    Kosmas Indikopleustes war dem Fundamentalismus erlegen, eine verzeihliche Schwäche in seiner Zeit, aber wie wir sahen, hat ihn niemand wirklich ernst genommen, und sein Text ist ironischerweise erst tausend Jahre später als »maßgeblich« wieder ausgegraben worden.
    Die Protokolle sind zunächst fast von allein entstanden, durch Agglomeration von Romanthemen, die nach und nach die Phantasie einiger Fanatiker entzündeten und sich dabei in etwas anderes verwandelten.
     
    Dennoch hatte jede dieser Fiktionen einen Vorteil: Sie klang als Erzählung wahrscheinlich, jedenfalls wahrscheinlicher als die historische oder alltägliche Realität, die sehr viel komplexer und unglaubwürdiger klingt; sie schien etwas gut zu erklären, was sonst schwer zu verstehen war.
    Nehmen wir noch einmal die Fiktion des Ptolemäus. Heute wissen wir, dass die ptolemäische Hypothese falsch war. Doch wenn unser Verstand inzwischen auch kopernikanisch ist, unsere Wahrnehmung ist immer noch ptolemäisch: Wir sehen nicht nur die Sonne im Osten aufgehen und während des Tages über den Himmel wandern, sondern wir verhalten uns auch so, als ob die Sonne sich um die Erde drehte und wir stillstünden. Und wir sagen: »Die Sonne geht auf, steht hoch am Himmel, sinkt und geht unter …« So ptolemäisch spricht, denkt und fühlt auch ein Astronomieprofessor.
    Warum sollte man die Fiktion der Konstantinischen Schenkung verwerfen? Sie gewährleistete einen Fortbestand der Macht nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches, sie perpetuierte eine Idee der Latinität, sie gab eine Führung an, einen Bezugspunkt zwischen den rauchenden Trümmern der Massaker, die von den vielen Bewerbern um das Erbe Europas angerichtet worden waren …
    Warum sollte man die Fiktion des Kosmas verwerfen? In anderer Hinsicht war er ein aufmerksamer Reisender gewesen, ein sorgfältiger Sammler geographischer und historischer Kuriositäten, und außerdem konnte seine Theorie der flachen Erde – zumindest aus erzählerischer Sicht – eine gewisse Wahrscheinlichkeit beanspruchen. Die Erde war ein großes Rechteck, begrenzt von vier riesigen Wänden, die zwei übereinandergeschichtete Himmelsgewölbe stützten: Am ersten glänzten die Sterne, und darüber, im Zwischenraum, lebten die seligen Geister. Die astronomischen Phänomene erklärten sich durch die Präsenz eines hohen Berges im Norden, der die Nacht erzeugte, indem er die Sonne verdeckte, und der die Eklipsen hervorrief, indem er sich zwischen Sonne und Licht schob …
     
    Warum sollte man die Fiktion der Rosenkreuzer verwerfen, wenn sie einer Erwartung religiöser Eintracht entgegenkam? Und warum die Fiktion der Protokolle verwerfen, wenn sie so viele historische

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