Die historischen Romane
Kosmographien, Kosmologien und Kosmogonien. Aber kann man etwas beschreiben, als ob man es von außen sähe, wenn wir selbst darin enthalten, selber ein Teil davon sind und es nicht verlassen können? Kann man das Universum geometrisch beschreiben, wenn es keinen Raum außerhalb von ihm gibt, in den man es projizieren kann? Kann man von einem Anfang des Universums sprechen, wenn ein zeitlicher Begriff wie der des Anfangs sich auf den Parameter einer Uhr beziehen muss, während das Universum höchstens die Uhr seiner selbst ist und sich auf nichts beziehen läßt, was außer ihm liegt? Kann man mit Eddington sagen, »rund hundert Milliarden Sterne konstituieren eine Galaxie; rund hundert Milliarden Galaxien konstituieren das Universum«, wenn, wie Gautier bemerkt, eine Galaxie ein beobachtbares Objekt ist, das Universum aber nicht, so dass man eine unerlaubte Analogie zwischen zwei inkommensurablen Größen herstellt? Kann man das Universum postulieren und dieses Postulat dann mit empirischen Mitteln untersuchen, als wäre es ein Objekt? Kann ein singuläres Objekt existieren (zweifellos das singulärste von allen), dessen Charakteristikum darin besteht, nur ein Gesetz zu sein? Und wenn die Geschichte des Urknalls bloß eine ebenso phantasievolle Erzählung wäre wie die der Gnosis, nach welcher das Universum aus dem Lapsus eines ungeschickten Demiurgen entstanden ist?
Genau besehen wiederholt diese Kritik der Vorstellung vom Universum Kants Kritik der Vorstellung von der Welt.
Wenn man bedenkt, dass jemandem der Verdacht, die Sonne drehe sich nicht um die Erde, in einem bestimmten Moment der Geschichte ebenso verrückt und verwerflich erschienen war wie uns heute der Verdacht, das Universum existiere womöglich gar nicht, dann ist es gut, sich den Kopf frei und kühl zu halten für den Moment, in dem die Gemeinschaft der Wissenschaftler dekretieren könnte, dass die Idee des Universums eine Illusion war, so wie die der Erde als flacher Scheibe und die der Rosenkreuzer.
Im Grunde ist es die erste Pflicht des gebildeten Menschen, sich bereitzuhalten, die Enzyklopädie jeden Tag neu zu schreiben.
Auszug aus dem Essay Die Kraft des Falschen
in Die Bücher und das Paradies. Über Literatur ( 2003 )
Aus dem Italienischen von Burkhart Kroeber
Wahrhaftige Menschen
Historische Personen, mit denen Simonini zu tun hat
Von BURKHART KROEBER
1 Abbé Barruel
Augustin Barruel (1741–1820), französischer Jesuit, Priester und seit 1802 Kanoniker a Notre-Dame de Paris, war ein katholischreaktionärer, dem Ancien Régime verhafteter Publizist und Historiker, der zahlreiche Schriften gegen die Aufklärung und die Französische Revolution veröffentlicht hat. Sein 1798–99 erschienenes fünfbändiges Werk Mémoires pour servir à l’histoire du Jacobinisme (dt. Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus , 4 Bände, Hannover 1800–1804), in dem die Französische Revolution als das Ergebnis einer von langer Hand geplanten Verschwörung der Freimaurer, Aufklärer, bayerischen Illuminaten und sonstigen Atheisten dargestellt wird, fand seinerzeit große internationale Aufmerksamkeit und wurde in viele Sprachen übersetzt.
2 Hauptmann Simonini sen.
1806 erhielt Barruel einen Brief aus Florenz von einem angeblichen Hauptmann Jean-Baptiste Simonini, der ihn zu seinem Werk beglückwünscht, aber hinzufügt, er habe die besondere Rolle der Juden in der von ihm so glänzend beschriebenen Verschwörung gegen Thron und Altar übersehen. Die Juden seien die wahren Hintermänner der Freimaurerei und aller anderen Verschwörersekten, sie hätten sich sogar in den Klerus der katholischen Kirche eingeschlichen und seien dabei, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Über den Absender dieses Briefes ist nichts weiter bekannt, manche glauben, in Wirklichkeit stamme der Brief von Agenten des französischen Polizeiministers Fouché, der Napoleon von zu engen Kontakten mit den Juden abhalten wollte – hatte dieser doch 1806 eine Versammlung prominenter französischer Juden nach Paris einberufen, die er nach dem höchsten jüdischen Gericht im Altertum den »Großen Sanhedrin « nannte.
3 Alexandre Dumas
Französischer Großschriftsteller (1802–70), Autor vieler umfangreicher Erfolgsromane, darunter Die drei Musketiere (1843/44), Der Graf von Monte Christo (1845/46), Joseph Balsamo (1846–48), Das Halsband der Königin (1849/50) u.a. m., aber auch zahlreicher
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