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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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oder verschlungenen Wegen. ACAIA zum Beispiel verteilte sich auf vier Räume, die zusammen ein ungefähres Quadrat bildeten, in welchem das erste A zugleich das letzte war – eine im Grunde recht einfache Sache, die auch wir bald begriffen hatten. Wie uns auch bald das Spiel der Vermauerungen klar wurde. Kam man zum Beispiel von Osten in die Zone ACAIA , so führte keiner der Räume weiter nach Norden: Das Labyrinth war an dieser Stelle verschlossen, und um in den Nordturm zu gelangen, musste man erst die drei anderen Türme passieren. Aber natürlich wussten die Bibliothekare genau, wenn sie die Bibliothek im FONS ADAE betraten, dass sie, um beispielsweise nach ANGLIA zu gelangen, zuerst durch AEGYPTUS , YSPANIA , GALLIA und GERMANIA gehen mussten.
     
     
     
    Mit diesen und anderen schönen Entdeckungen endete unsere ergebnisreiche Erkundung der Bibliothek. Doch ehe ich sage, dass wir uns zufrieden dem Ausgang zuwandten (um Zeugen anderer Begebenheiten zu werden, von denen gleich zu erzählen sein wird), muss ich dem Leser ein Geständnis machen. Ich habe gesagt, dass unsere Erkundung zum einen von der Suche nach dem Schlüssel zu jenem geheimnisvollen Ort bestimmt war und zum anderen von unserer Neugier, die uns immer wieder dazu verleitete, in Räumen, deren Zuordnung und Thematik wir erkannt hatten, Bücher verschiedenster Art zu durchblättern, als erforschten wir einen fremden Kontinent oder eine Terra incognita. Und gewöhnlich gingen wir dabei in schönster Eintracht vor, blieben beisammen und beschäftigten uns mit denselben Büchern, ich meinem Meister die interessantesten zeigend und er mir vieles erklärend, was ich nicht von allein verstand.
    An einem bestimmten Punkt allerdings, just während unserer Erkundung der LEONES genannten Räume des Südturms, hatte sich William vor Schränken voller arabischer Werke in das Studium interessanter optischer Illustrationen vertieft, und da wir in jener Nacht nicht nur über eine, sondern über zwei Lampen verfügten, war ich neugierig in den nächsten Raum weitergegangen, wo ich sogleich entdeckte, dass die umsichtigen und gewitzten Gründer der Bibliothek dort Bücher versammelt hatten, die nun gewiss nicht für jedermanns Augen bestimmt waren, denn es handelte sich um Traktate über diverse Erkrankungen des Körpers wie auch des Geistes, meist aus der Feder ungläubiger Gelehrter. Beim Durchmustern der Schränke war mir ein Buch ins Auge gefallen, ein eher schmales Bändchen, verziert mit (glücklicherweise) weit vom Thema abweichenden Miniaturen: Blumen, Ranken, Tieren in Paaren, auch einigen medizinischen Kräutern. Der Titel hieß Speculum amoris , es stammte von einem gewissen Fra Massimo aus Bologna und enthielt Zitate aus vielen anderen Werken, alle über die Liebeskrankheit. Wie der Leser unschwer begreifen wird, war meine Neugier sofort geweckt. Ja, der bloße Titel genügte, um meinen kranken Geist, der sich im Laufe des Tages ein wenig beruhigt hatte, erneut zu entzünden mit dem erregenden Bild des Mädchens.
    Den ganzen Tag lang hatte ich die Gedanken verscheucht, die mir am Morgen durch den Kopf gegangen waren, da sie mir ungebührlich erschienen für einen gesunden und seelisch ausgeglichenen Benediktinernovizen, und angesichts der mannigfachen Ereignisse jenes Tages hatte mein Sinnenansturm sich auch schon wieder soweit beruhigt, dass ich bereits frei zu sein wähnte von einer Unruhe, die wohl nichts anderes gewesen war als eine vorübergehende Schwäche. Nun aber genügte der Anblick jenes einen Buches, und sofort sagte ich mir erneut: »De te fabula narratur!« Offensichtlich war meine Liebeskrankheit viel ernster, als ich gedacht. Später machte ich die Erfahrung, dass man beim Lesen medizinischer Bücher stets und immer genau diejenigen Schmerzen zu spüren vermeint, die in ihnen beschrieben werden. So lehrte mich denn die Lektüre der Seiten, die ich rasch überflog (in der steten Furcht, William könnte jeden Moment hereinkommen und mich fragen, was ich da so eifrig studierte), dass ich genau an der Krankheit litt, deren Symptome so glänzend auf ihnen beschrieben waren. So glänzend, dass ich trotz der beunruhigenden Erkenntnis, nun also offenbar krank zu sein (gemäß der unfehlbaren Diagnose so vieler Auctoritates), gleichwohl eine gewisse Freude empfand, meine Lage so zutreffend und lebendig beschrieben zu sehen; konnte ich mich doch nun mit eigenen Augen davon überzeugen, dass meine Krankheit, so sehr ich auch unter ihr leiden

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