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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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und die Folge ist ein dauerndes Zucken der Augenlider, ein unregelmäßiger Atem, ein rascher Wechsel von Lachen und Weinen sowie ein heftiger Pulsschlag (und in der Tat schlug mein Puls gewaltig, und mir stockte der Atem, als ich diese Zeilen las!). Um herauszufinden, in wen sich jemand verliebt hat, schlug Avicenna eine auch bereits von Galenus genannte unfehlbare Methode vor: Man nehme den Puls des Patienten und nenne verschiedene Namen von Personen des anderen Geschlechts, bis man fühlt, dass der Puls bei einem bestimmten Namen rascher schlägt (und ich fürchtete, dass mein Meister jeden Augenblick eintreten, meinen Arm nehmen und am heftigen Pochen in meinen Venen erraten werde, welches beschämende Geheimnis mich quälte...). Aber ach, als Heilmittel schlug Avicenna vor, die beiden Liebenden zu vereinen im Ehebund, dann wäre das Übel rasch kuriert. Wahrlich, er war in der Tat ein Ungläubiger, denn er verlor kein Wort über die peinliche Lage eines verliebten Benediktinernovizen, der folglich dazu verurteilt war, nimmermehr zu genesen – beziehungsweise der sich verpflichtet hatte, durch eigene Wahl oder dank der weitsichtigen Entscheidung seiner Eltern, niemals dieser Krankheit anheimzufallen. Zum Glück berücksichtigte Avicenna, wenn er dabei auch nicht an den Orden der Cluniazenser dachte, immerhin auch den Fall der nicht zusammenführbaren Liebenden, für den er die Radikalkur der warmen Bäder empfahl (wollte Berengar möglicherweise so seine krankhafte Liebe zu dem verstorbenen Adelmus auskurieren? – aber konnte man auch an der Liebe zu einem Wesen des eigenen Geschlechts erkranken, oder war ein solches Begehren nicht eher tierische Wollust? – aber war meine Wollust der vergangenen Nacht nicht ebenfalls tierisch gewesen? – nein, sicher nicht, sagte ich mir – und gleich darauf: mitnichten, Adson, du irrst, du bist einer Täuschung des Bösen erlegen, sie war ganz und gar tierisch, und wenn du dich gestern sündigerweise zum Tier gemacht hast, so sündigst du heute noch mehr, indem du es nicht einmal wahrhaben willst!). Beim Weiterlesen erfuhr ich dann aber, dass es, immer laut Avicenna, noch andere Heilmittel gibt: Zum Beispiel kann man sich hilfesuchend an alte und erfahrene Weiber wenden, die ihre Tage damit verbringen, die schöne Geliebte anzuschwärzen – und wie es scheint, sind die alten Weiber darin erfahrener als die Männer. Vielleicht war das die Lösung? Nur leider vermochte ich in der Abtei keine alten Weiber zu finden (freilich auch keine jungen), ich hätte mich also ersatzweise an einen alten Mönch wenden müssen mit meiner Bitte, über das Mädchen herzuziehen. Aber an wen? Und außerdem, konnte ein Mönch überhaupt die Frauen gut genug kennen, so wie ein altes und klatschhaftes Weib sie kennt? Nein, das war es wohl auch nicht. Die letzte Lösung, die der Sarazene vorschlug, war ganz und gar schamlos: Er meinte, man solle den unglücklich Liebenden mit vielen schönen Sklavinnen zusammenbringen – völlig undenkbar für einen Mönch! Wie also, fragte ich mich am Ende verzweifelt, wie soll dann ein armer Novize von seiner Liebeskrankheit genesen? Gab es für mich denn gar keine Rettung?
    Vielleicht sollte ich zu Meister Severin mit seinen Kräutern gehen? Tatsächlich fand ich eine Stelle jenes Arnaldus von Villanova, den auch William schon mit großer Hochachtung mir gegenüber erwähnt hatte und der die Liebeskrankheit auf einen Überfluss an Säften und Pneuma im Körper zurückführt. Wenn nämlich dem menschlichen Organismus zu viel Feuchtigkeit und Wärme zugeführt würden, so schwelle das Blut (das bekanntlich den gattungserhaltenden Samen erzeugt) zu stark an und erzeuge dabei ein Zuviel an Samen, eine complexio venerea und damit ein intensives Verlangen nach Vereinigung zwischen Mann und Frau. Es gäbe, so las ich, eine virtus aestimativa , also eine abschätzende Urteilskraft im menschlichen Geist, sie sitze im hinteren Teil der Mittelkammer des Enzephalons (was ist das?) und ihre Funktion bestehe darin, die nicht sinnlich erfassbaren intentiones in den mit den Sinnen erfassten Sinnesobjekten wahrzunehmen, und wenn das Verlangen nach einem Sinnesobjekt zu stark werde, dann gerate das Urteilsvermögen durcheinander und weide sich nur noch am Trugbild der geliebten Person; es komme dann zu einer Entzündung der ganzen Seele sowie des Körpers, mit ständigem Wechsel zwischen Trübsinn und Freude, denn die Wärme, die in den Momenten der Verzweiflung in die

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