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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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mochte, sozusagen normal war, wenn so viele andere schon in gleicher Weise an ihr gelitten hatten. Ja, mir schien geradezu, als hätten die zitierten Autoren niemand anderen als mich zum Modell ihrer Deskriptionen gewählt.
    Erregt vertiefte ich mich in die Ausführungen des Ibn Hazm, der die Liebe als eine rebellische Krankheit definiert, die ihre Kur in sich selber findet: Wer an ihr erkrankt, will nicht wieder genesen, und wer ihr erliegt, wünscht sich gar keine Heilung mehr (weiß Gott, eine wahre Erkenntnis!). Mir wurde klar, warum ich am Morgen so erregt gewesen von allem, was ich erblickte, denn offenbar tritt die Liebe zumeist durch die Augen ein, wie auch Basilius von Ankyra sagt, und wer von diesem Übel befallen wird, legt – unverwechselbares Symptom – eine exzessive Fröhlichkeit an den Tag, während er zugleich abseits stehen will und die Einsamkeit sucht (wie ich es an jenem Morgen getan), wobei als Begleiterscheinungen eine heftige Unruhe und eine lähmende Sprachlosigkeit zu beobachten sind... Mit Schrecken las ich sodann, dass der ernsthaft Liebende, so ihm der Anblick des geliebten Wesens entzogen wird, ein Stadium der Auszehrung durchmachen muss, das ihn nicht selten aufs Krankenbett wirft, und manchmal befällt das Übel sogar seinen Geist, so dass er den Verstand verliert und zu faseln beginnt (so weit war es glücklicherweise noch nicht mit mir gekommen, denn beim Erkunden der Bibliothek hatte ich mich im Großen und Ganzen recht vernünftig betragen). Voller Entsetzen las ich schließlich, dass die Krankheit, wenn sie schlimmer wird, auch zum Tode führen kann, und ich fragte mich, ob die Freude, die mir der Gedanke an das Mädchen bereitete, dieses höchste Opfer des Leibes wert war, ganz zu schweigen von allen Erwägungen über das Heil der Seele.
    Auch weil ich noch ein weiteres Zitat von Basilius fand, demzufolge » qui animam corpori per vitia conturbationesque commiscent, utrinque quod habet utile ad vitam necessarium demoliuntur, animamque lucidam ac nitidam carnalium voluptatum limo perturbant, et corporis munditiam atque nitorem hac ratione miscentes, inutile hoc ad vitae officia ostendunt« . Eine Extremsituation, in die ich nun wirklich nicht zu gelangen wünschte!
    Desgleichen erfuhr ich durch einen Satz der heiligen Hildegard, dass die melancholische Stimmung, die ich den ganzen Tag lang verspürt und bisher dem süßen Gefühl des Kummers über die Abwesenheit des Mädchens zugeschrieben hatte, in gefährlicher Weise jenem Gefühl nahekam, das derjenige empfindet, der aus dem harmonischen und vollendeten Zustand des paradiesischen Menschen ausbricht, denn diese »melancolia nigra et amara« wird durch nichts anderes hervorgerufen als durch die Einflüsterungen der Schlange und des Teufels! Ein Gedanke, der sich auch bei Ungläubigen von vergleichbarer Weisheit findet, fiel doch mein Blick auf Zeilen, die dem Gelehrten Abu Bakr Muhammad Ibn Zakariyya ar-Razi zugeschrieben werden, der in einem Liber continens die Liebesmelancholie mit der Likanthropie gleichsetzt, also mit einer Krankheit, die ihre Opfer dazu bringt, sich wie ein Wolf zu verhalten. Die Beschreibung schnürte mir wahrhaft die Kehle zu: Zuerst verändert sich bei den Liebeskranken das Äußere, der Blick wird trübe, die Augen werden zu Höhlen ohne Tränen, die Zunge trocknet allmählich aus und Pusteln erscheinen auf ihr; der ganze Körper verdorrt, und die Ärmsten leiden immerfort unter Durst. In diesem Stadium verbringen sie ihre Tage liegend mit dem Gesicht nach unten, an Kopf und Schenkeln treten Male ähnlich den Bissen von Hunden auf, und am Ende irren sie nachts gleich Wölfen über die Friedhöfe.
    Die letzten Zweifel über den Ernst meiner Krankheit schwanden, als ich dann schließlich Zitate des großen Avicenna las, der die Liebe als ein verbohrtes Denken melancholischer Art definiert, das aus dem steten Bedenken und Wiederbedenken der Züge, Gebärden und Eigenarten einer Person des anderen Geschlechts entsteht (wie zutreffend und lebendig Avicenna genau meinen Fall beschrieben hatte!). Die Liebe entsteht nicht bereits als Krankheit, aber sie wird zur Krankheit, wenn sie sich mangels Befriedigung in eine Obsession verwandelt (aber warum bedrängte dann mich eine solche Obsession, mich, der ich doch, Gott vergebe mir, meine Liebe so schön befriedigt hatte? – oder war das, was ich vorige Nacht empfunden hatte, am Ende gar keine Befriedigung gewesen? – aber wie befriedigt man dann dieses Übel?),

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