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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Bedingungen zu beugen, jedenfalls was die Gesetze des Kaisers betraf. Christus wollte nicht, erläuterte William, dass die Apostel Befehls- oder Herrschaftsgewalt besäßen, und so scheine es doch wohl gut und richtig, wenn die Nachfolger der Apostel jeder weltlichen Zwangsgewalt enthoben würden. Wenn nämlich der Papst, die Bischöfe und die Priester nicht der Autorität des Fürsten unterstünden, so würde die Autorität des Fürsten dadurch geschmälert, und geschmälert würde damit eine Autorität, die, wie soeben dargelegt, von Gott selbst gesetzt worden ist. Freilich müsse man hier sehr delikate Fälle bedenken, fügte William hinzu, wie zum Beispiel den des Häretikers, über dessen Häresie allein die Kirche als Hüterin der ewigen Wahrheit befinden kann, den aber gleichwohl nur der weltliche Arm richten darf. Wenn die Kirche einen Häretiker ausfindig macht, muss sie ihn gewiss dem Fürsten melden, der über die Lebensbedingungen seiner Untertanen wohlinformiert sein sollte, aber was soll der Fürst dann mit dem Häretiker machen? Ihn verurteilen im Namen einer Wahrheit, zu deren Hüter er nicht bestellt worden ist? Der Fürst kann und muss den Ketzer verurteilen, wenn dessen Handeln der Allgemeinheit schadet, das heißt wenn der Ketzer sein Ketzertum dadurch ausdrückt, dass er die Andersgläubigen tötet oder behindert. Aber hier endet auch schon die Macht des Fürsten, denn niemand auf dieser Welt kann durch Strafen gezwungen werden, die Vorschriften des Evangeliums zu befolgen – was würde sonst aus dem freien Willen, nach dessen Ausübung jeder von uns in der anderen Welt dereinst beurteilt werden wird? Die Kirche kann und muss dem Ketzer klarmachen, dass er die Gemeinschaft der Gläubigen verlässt, aber richten auf Erden und wider seinen Willen zwingen darf sie ihn nicht. Hätte Christus gewollt, dass seine Priester eine Zwangsgewalt ausüben sollten, so hätte er diesbezüglich präzise Vorschriften erlassen, so wie es Moses getan im alten Gesetz. Er tat aber nichts dergleichen, also wollte er nicht. Oder meint etwa jemand, er habe es zwar gewollt, aber in den drei Jahren seines Predigerdaseins keine Zeit dazu gefunden? Nein, er wollte es nicht, und das war wohlgetan, denn hätte er es gewollt, so hätte der Papst seinen Willen den Königen aufzwingen können, und das Christentum wäre nicht mehr Gesetz der Freiheit, sondern unerträgliche Sklaverei.
    All dies, sagte William schließlich mit heiterer Miene, bedeute keineswegs eine Beschränkung der Macht des obersten Pontifex, sondern im Gegenteil eine Erhöhung seiner Mission; sei er doch als Diener der Diener Gottes nicht auf Erden, um bedient zu werden, sondern um zu dienen! Außerdem wäre es doch, gelinde gesagt, recht sonderbar, wenn der Papst zwar Jurisdiktion über die Angelegenheiten des Kaiserreichs hätte, nicht aber über die Angelegenheiten der übrigen Reiche auf Erden. Bekanntlich gilt, was der Papst über die Angelegenheiten des himmlischen Reiches sagt, sowohl für die Untertanen des Königs von Frankreich wie für die Untertanen des Königs von England. Aber es muss auch Geltung haben für die Untertanen des Großkhans oder des Sultans der Ungläubigen, die eben darum Ungläubige genannt werden, weil sie diese schöne Wahrheit nicht glauben. Wenn also der Papst – in seiner Eigenschaft als Papst – weltliche Jurisdiktion über die Angelegenheiten des Kaiserreiches beanspruchen würde, so könnte doch leicht der Verdacht entstehen, dass der Heilige Vater gerade durch diese seine Gleichsetzung der weltlichen mit der geistlichen Jurisdiktion am Ende nicht nur keine geistliche Jurisdiktion über die Tataren und Sarazenen hätte, sondern auch keine mehr über die Engländer und die Franzosen! Gewiss ein sehr lästerlicher Verdacht... Aus diesem Grunde, folgerte William, scheine ihm die Vermutung richtig, dass die Kirche von Avignon Unrecht täte gegenüber der ganzen Menschheit, wenn sie behaupten wollte, es käme ihr zu, die Wahl des römischen Kaisers zu billigen oder für ungültig zu erklären. Der Papst habe im Hinblick auf das Kaiserreich keine größeren Rechte als im Hinblick auf die anderen Reiche der Welt, und da weder der König von Frankreich noch der Sultan einer päpstlichen Approbation unterliegen, sei nicht einzusehen, warum ausgerechnet der Kaiser der Deutschen und Italiener ihr unterliegen sollte. Eine solche Abhängigkeit des Kaisers vom päpstlichen Segen ergebe sich weder aus göttlichem Recht, sonst hätten

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