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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Gefühl, genau die Geschichte selbst zu erleben, die seine Bilder erzählten. Und ich begriff, dass wir an diesen Ort gekommen waren, um Zeugen zu werden eines großen himmlischen Dreinschlagens.
    Mich schauderte, meine Glieder zitterten wie durchtränkt vom eisigen Winterregen. Und ich vernahm eine weitere Stimme, aber diesmal kam sie von hinten und war eine andere, eine irdische Stimme von dieser Welt und nicht eine himmlische aus dem leuchtenden Zentrum meiner Vision. Und sie beendete meine Vision, denn auch William (dessen Anwesenheit ich erst jetzt bemerkte, auch er war bis zu diesem Moment in Kontemplation versunken gewesen) drehte sich zu ihr um.
     
    Das Wesen in unserem Rücken schien ein Mönch zu sein, obwohl seine schmutzige und zerlumpte Kutte eher an einen Vagabunden denken ließ, und sein Gesicht war nicht unähnlich dem der Monster, die ich soeben an den Kapitellen gesehen. Nie im Leben ist es mir widerfahren (anders als vielen meiner Mitbrüder), vom Teufel besucht worden zu sein, doch ich glaube, wenn er mir eines Tages erscheinen sollte, so hätte er – unfähig, wie er kraft göttlichen Ratschlusses ist, seine wahre Natur vollkommen zu verbergen, so menschenähnlich er sich auch zu machen versucht – gewiss kaum andere Züge als jene, die wir in diesem Augenblick an unserem Gegenüber erblickten. Der Schädel kahl geschoren, aber nicht aus Bußfertigkeit, sondern infolge der Tätigkeit eines grindigen Ausschlags, die Stirn so niedrig, dass, hätte er Haare auf dem Kopf gehabt, sie zweifellos mit den dichten und struppigen Brauen zusammengewachsen wären, die Augen rund mit kleinen und flinken Pupillen, der Ausdruck schwankend zwischen Unschuld und Verschlagenheit, wahrscheinlich beides abwechselnd, je nachdem. Die Nase konnte man eigentlich kaum als solche bezeichnen, bestand sie doch nur aus einem Knochen, der zwischen den Augen vorsprang, um sich jedoch schleunigst wieder zurückzuziehen, so dass nur zwei dunkle Höhlen blieben, weiträumige Nasenlöcher voller schwärzlicher Haare. Der Mund, mit den Nasenlöchern durch eine Narbe verbunden, war breit und schief, rechts breiter als links, und zwischen der Oberlippe, die nicht existierte, und der dicken, wulstigen Unterlippe bleckten in unregelmäßigen Abständen schwärzliche Zähne, spitz wie die eines Hundes.
    Der Mensch lächelte (beziehungsweise zog eine Grimasse, die wohl ein Lächeln sein sollte), hob einen Finger, wie um uns zu warnen, und sprach:
    »Penitenziagite! Siehe, draco venturus est am Fressen anima tua! La mortz est super nos! Prego, dass Vater unser komm, a liberar nos vom Übel de todas le peccata. Ah, ah, hihihi, Euch gfallt wohl ista negromanzia de Domini Nostri Jesu Christi! Et anco jois m'es dols e plazer m'es dolors... Cave el diabolo! Semper m'aguaita, immer piekster und stichter, el diabolo, per adentarme le carcagna. Aber Salvatore non est insipiens, no no, Salvatore weiß Bescheid. Et aqui bonum monasterium, hier lebstu gut, se tu priega dominum nostrum. Et el resto valet un figo secco. Amen. Oder?«
    Ich werde im Fortgang der Handlung noch mehrfach von diesem Salvatore zu berichten haben und seine seltsamen Reden wiedergeben. Ich gestehe allerdings, dass ich damit gewisse Schwierigkeiten habe, denn noch heute wüsste ich nicht zu sagen, in was für einem Idiom er sich auszudrücken beliebte. Es war nicht jenes Latein, in welchem sich die gebildeten Mönche in der Abtei verständigten, es war aber auch nicht die Volkssprache jener Gegend noch sonst eine, die mir je zu Ohren gekommen wäre. Ich hoffe, dem Leser eine ungefähre Vorstellung von Salvatores Redeweise gegeben zu haben mit obiger Wiedergabe (so getreu die Erinnerung sie mir erlaubt) der ersten Worte, die ich von ihm vernahm. Später, als ich von seinem abenteuerlichen Leben erfuhr und von den vielen Orten und Ländern, in denen er geweilt, ohne jemals irgendwo Wurzeln zu schlagen, begriff ich, dass er sozusagen alle Sprachen und keine sprach. Beziehungsweise dass er sich eine eigene Sprache erfunden hatte, die aus Fragmenten und Fetzen der vielen Sprachen bestand, mit denen er in Berührung gekommen war. Einmal ist mir sogar der Gedanke gekommen, dass seine Sprache womöglich vielleicht... wie soll ich sagen... nicht etwa die adamitische war, welche die glückliche Menschheit zu Anfang der Schöpfung gesprochen, bis sie den unglückseligen Turmbau zu Babel begann, und ebenso wenig eine der vielen Sprachen, die nach der verhängnisvollen Verwirrung

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