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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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plädieren, der erste König von Godolien und Saba, der zweite König von Nubien und Arabien, der dritte König von Tharsis und der Insel Egrisoulla. Kannten sie sich schon, bevor sie die Reise antraten? Nein, sie sind sich erst in Jerusalem begegnet und haben sich wunderbarerweise sofort erkannt. Andere sagen jedoch, sie seien Weise gewesen, die auf dem Berg Vaus oder Berg des Sieges lebten, von dessen Gipfel aus sie die Zeichen am Himmel erforschten, und nach dem Besuch beim Jesuskind seien sie dorthin zurückgekehrt, und später hätten sie sich mit dem Apostel Thomas zusammengetan, um Indien zu missionieren, allerdings seien sie nicht drei, sondern zwölf gewesen.«
    »Zwölf Magierkönige? Ist das nicht zu viel?«
    »Das sagt auch Johannes Chrysostomos. Anderen Autoren zufolge hießen sie Zhrwndd, Hwrmzd, Awstsp, Arsk, Zrwnd, Aryhw, Arthsyst, Astnbwzn, Mhrwq, Ahsrs, Nsrdyh und Mrwdk. Aber man muss vorsichtig sein, denn Origenes sagt, sie seien drei gewesen, wie die drei Söhne Noahs und wie die drei Indien, aus denen sie kamen.«
    Die Magier mochten von ihm aus auch zwölf gewesen sein, meinte Baudolino, aber in Mailand hätten sie drei gefunden, und für diese drei müssten sie eine akzeptable Geschichte konstruieren. »Sagen wir, sie hießen Kaspar, Melchior und Balthasar, das sind Namen, die man leichter aussprechen kann als diese wunderlichen Rülpser und Nieser, die unser ehrwürdiger Magister da eben von sich gegeben hat. Das Problem ist, wie sie nach Mailand gekommen sind.«
    »Das scheint mir kein Problem zu sein«, sagte der Kanonikus, »nachdem sie nun einmal dort angekommen sind. Ich bin überzeugt, ihr Grab auf dem Berg Vaus hat die Kaiserin Helena gefunden, die Mutter Konstantins. Eine Frau, die imstande war, das echte Kreuz Christi zu finden, war sicherlich auch imstande, die echten Magier zu finden. Und Helena hat sie nach Konstantinopel in die Hagia Sophia gebracht.«
    »Nein, das nicht, sonst fragt uns der Ostkaiser noch, wie wir sie bekommen haben«, sagte Abdul.
    »Keine Angst«, sagte der Kanonikus. »Wenn sie in der Basilika des heiligen Eustorgius gewesen waren, hatte sie zweifellos dieser Heilige dorthin gebracht, der von Byzanz aufgebrochen war, um Bischof von Mailand zu werden – zur Zeit des Basileus Maurikios, lange bevor bei uns Karl der Große lebte. Eustorgius konnte die Magier unmöglich gestohlen haben, infolgedessen hatte er sie vom Kaiser des Byzantinischen Reiches geschenkt bekommen.«
     
    Mit einer so schön konstruierten Geschichte kehrte Baudolino am Ende des Jahres zu Rainald zurück, und er erinnerte ihn auch daran, dass die Magier, folgte man Otto, die Vorfahren des Priesters Johannes gewesen sein mussten, dem sie ihre Würde und ihre Funktion vererbt hatten. Daher die Macht dieses Priesters über die drei Indien oder zumindest eines von ihnen.
    Rainald hatte diese Worte von Otto ganz vergessen, doch kaum hörte er Baudolino einen Priester erwähnen, der ein Reich beherrschte, also einen neuerlichen König mit Priesterfunktionen, Papst und Monarch zugleich, war er überzeugt, damit eine gute Waffe gegen Alexander III. zu haben: die Magier Priesterkönige, Johannes ein Priesterkönig – was für eine wunderbare Figur, Allegorie, Weissagung, Prophezeiung, Antizipation jener kaiserlichen Würde, mit welcher er Friedrich auszustatten bemüht war!
    »Baudolino«, sagte er sofort, »um die Magier kümmere ich mich jetzt, denk du an den Priester Johannes. Nach allem, was du mir erzählt hast, haben wir bisher nur Gerüchte, das reicht nicht. Wir brauchen ein Dokument, das seine Existenz bestätigt und aus dem hervorgeht, wer und wo er ist und wie er lebt.«
    »Und wo soll ich das finden?«
    »Wenn du keins finden kannst, stell eins her. Der Kaiser hat dich studieren lassen, jetzt ist der Moment gekommen, dein Können zu zeigen. Und dir die Erhebung in den Ritterstand zu verdienen, sobald du deine Studien beendet hast, die meines Erachtens ohnehin schon zu lange dauern.«
     
    »Verstehst du, Kyrios Niketas?« sagte Baudolino. »Damit war der Priester Johannes für mich kein Spiel mehr, er war jetzt zu einer Pflicht geworden. Und ich musste ihn nicht mehr im Gedenken an Otto suchen, sondern um eine Anweisung Rainalds zu befolgen. Wie mein Vater Gagliaudo sagte, ich war immer ein Bastian contrario gewesen, einer, der stets das Gegenteil dessen tut, was man ihm sagt. Wenn man mich zu etwas zwang, verging mir gleich die Lust dazu. So gehorchte ich Rainald und kehrte sofort nach

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