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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Alexandria zusammenkommen, als gäbe es eine Hochzeitsfeier, und die Freunde sagen ihm, gerade dies sei das Unglück, denn aus Furcht vor dem kaiserlichen Heer seien alle Flüchtlinge aus der ganzen Gegend zusammengeströmt, und so habe die Stadt zwar viele hilfreiche Hände, aber auch viele, zu viele hungrige Mäuler ... Und Baudolino, wie er die neue Kathedrale bewundert, die nicht groß ist, aber gut gebaut, und er sagt: Donnerwetter, da ist ja sogar ein Tympanon mit einem Zwerg auf den Thron, und alle ringsum knurren »Eh, eh«, als wollten sie sagen, da siehst du mal, was wir können, aber bitte sehr, das ist kein Zwerg, das ist Unser Herr Jesus Christus, vielleicht ist er nicht gut gemacht, aber wenn Friedrich einen Monat später gekommen wäre, hätte er hier ein ganzes Jüngstes Gericht vorgefunden mit sämtlichen Greisen aus der Apokalypse ... Und Baudolino, wie er um einen Becher vom Guten bittet, und alle gucken ihn an wie einen aus dem kaiserlichen Lager, denn es ist klar, dass man Wein, ob guten oder schlechten, bei ihnen längst nicht mehr kriegt, er ist das erste, was man den Verwundeten gibt, um sie zu stärken, und den Angehörigen der Gefallenen, damit sie nicht zu viel daran denken ... Und Baudolino, wie er viele abgezehrte Gesichter um sich herum sieht und fragt, wie lange sie noch standhalten werden, und sie zucken die Achseln und heben die Augen zum Himmel, als wollten sie sagen, das liege ganz in der Hand des Herrn ... Und schließlich Baudolino, wie er den Anselmo Medico trifft, der hundertfünfzig Fußsoldaten aus Piacenza befehligt, die der Civitas Nova zu Hilfe geeilt sind, und Baudolino freut sich über diesen schönen Solidaritätsbeweis, und seine Freunde, die Guascos, Trottis, Boidis und Oberto del Foro sagen ihm, ja, dieser Anselmo ist einer, der sich mit Kriegführen auskennt, aber außer den Piacentinern ist niemand gekommen, erst hat die Liga uns angestachelt, gegen den Kaiser aufzustehen, aber dann hat sie uns im Stich gelassen, die italienischen Städte kannst du vergessen, wenn wir diese Belagerung heil überstehen, schulden wir niemand was, sollen sie doch sehen, wie sie mit dem Kaiser zurechtkommen, Amen.
    »Aber die Genueser, wie kommt es, dass die gegen euch sind, wo sie euch doch beim Bau geholfen haben, sogar mit klingender Münze?«
    »Die Genueser wissen schon, wie sie ihre Geschäfte am besten machen, da kannst du beruhigt sein, heute stehen sie auf Seiten des Kaisers, weil ihnen das in den Kram passt, aber sie wissen, dass die Stadt, wenn sie einmal da ist, nicht wieder verschwindet, auch nicht, wenn sie ganz niedergerissen wird, siehe Lodi oder Mailand. Also warten sie's ab, und hinterher nützt ihnen auch das, was von der Stadt noch übrig geblieben ist, zur Kontrolle der Transitwege, und womöglich bezahlen sie noch dafür, um wieder hochzuziehen, was sie niederzureißen mitgeholfen haben, heutzutage geht alles um Geld, das zirkuliert, und sie sind immer mittendrin.«
    »Baudolino«, sagte der Ghini, »du bist gerade erst angekommen und hast nicht die Sturmangriffe im Oktober und in den letzten Wochen gesehen. Diese Kerle schlagen hart zu, sage ich dir, nicht nur die genuesischen Armbrustschützen, auch diese Böhmen mit den fast weißen Schnurrbärten, wenn es denen gelingt, die Leiter anzulegen, dann ist es Schwerarbeit, sie runterzuwerfen ... Freilich, ich nehme an, dass sie mehr Tote haben als wir, denn trotz ihrer Schildkröten und ihrer Widder haben sie viele dicke Brocken auf den Kopf gekriegt. Aber es ist schon hart, und es zieht sich in die Länge.«
    »Wir haben gehört«, sagte der Trotti, »dass die Truppen der Liga sich in Bewegung gesetzt haben und den Kaiser von hinten angreifen wollen. Weißt du nichts davon?«
    »Das ist uns auch zu Ohren gekommen, und deswegen will Friedrich euch vorher in die Knie zwingen. Ihr ...«, er ließ die Hand mit gestrecktem Daumen und Zeigefinger rotieren, »ihr denkt wohl gar nicht daran, euch zu ergeben, oder?«
    »Na hör mal! Unsere Köpfe sind noch härter als unsere Schwänze.«
    So ging es ein paar Wochen lang: Nach jedem Scharmützel begab sich Baudolino in die Stadt, vor allem, um zu erfahren, wer diesmal gefallen war (auch der Panizza? Auch der Panizza, er war ein braver Junge), und kehrte dann zu Friedrich zurück, um ihm zu sagen, dass die Belagerten gar nicht daran dächten zu kapitulieren. Friedrich schimpfte nicht mehr, sondern begnügte sich mit Sätzen wie: »Und was kann ich da tun?« Es war klar, dass

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