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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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es ihn mittlerweile reute, sich auf diese verwickelte Angelegenheit eingelassen zu haben: Das Heer zerfiel ihm, die Bauern versteckten das Korn und das Vieh im Wald oder schlimmer noch in den Sümpfen, man konnte sich weder in nördlicher noch in östlicher Richtung bewegen, ohne auf irgendeine Vorhut der Liga zu stoßen – kurzum, nicht dass diese Dorflackel tapferer als die Bürger von Crema waren, aber wenn etwas schiefläuft, dann läuft es schief. Andererseits konnte er auch nicht einfach abziehen, dann hätte er das Gesicht für immer verloren.
    Was die Rettung des Gesichts betraf, so verstand Baudolino aus einer Anspielung, die der Kaiser eines Tages auf seine als Kind geäußerte Prophezeiung über die Kapitulation von Tortona machte, dass er, wenn er nur ein Zeichen vom Himmel bekäme, irgend etwas, um aller Welt sagen zu können, der Himmel selbst habe ihm geraten, nach Hause zurückzukehren, dann würde er die Gelegenheit schon nutzen ...
     
    Eines Tages, während Baudolino mit den Belagerten sprach, sagte Gagliaudo zu ihm: »Hör mal, du bist doch so intelligent und hast über Büchern studiert, in denen alles geschrieben steht, hast du nicht irgendeine Idee, wie alle nach Hause gehen könnten? Wir haben schon unser ganzes Vieh bis auf eine Kuh schlachten müssen, und deine Mutter, wenn die hier noch länger in der Stadt eingeschlossen bleibt, dann erstickt sie.«
    Da kam Baudolino tatsächlich eine schöne Idee, und sogleich fragte er, ob sie eigentlich jenen falschen Tunnel gebaut hätten, von dem Trotti vor ein paar Jahren gesprochen hatte, bei dem der Feind glauben sollte, dass er in die Stadt führe, und statt dessen führte er den Angreifer in eine Falle. »Selbstverständlich«, sagte Trotti, »komm ihn dir ansehen. Schau, die Öffnung ist dort unten, in dem Dickicht dort etwa zweihundert Schritte vor der Mauer, direkt unter einer Art Grenzstein, der da scheinbar seit tausend Jahren liegt, dabei haben wir ihn extra von Villa del Foro hergeschleppt. Und wer dort draußen reingeht, kommt hier drinnen bei diesem Gitter raus, von dem aus man nur diese Taverne sieht und sonst gar nichts.«
    »Und jedem, der rauskommt, gebt ihr eins auf die Rübe?«
    »Also die Sache ist die, dass für gewöhnlich in einen so engen Tunnel, bei dem es Tage dauern würde, bis alle Belagerer durch sind, erstmal nur eine kleine Gruppe reingeht, um die Lage zu sondieren und den Ausgang zu öffnen. Und ganz abgesehen davon, dass wir nicht wissen, wie wir den Feinden mitteilen sollen, dass da ein Tunnel ist – was hast du davon, wenn du zwanzig oder dreißig armen Christenmenschen den Schädel eingeschlagen hast, hat sich dann die ganze Mühe gelohnt? Wär doch bloß eine Gemeinheit und basta.«
    »Ja, wenn's nur darum ginge, ihnen eins auf die Rübe zu geben. Aber jetzt hör zu, was ich mir vorstelle, ja geradezu vor diesen meinen Augen sehe: Kaum sind diese Kerle in die Stadt eingedrungen, hören sie Posaunen erschallen, und umflackert von zehn Fackeln kommt aus jener Gasse dort ein Mann mit langem weißem Bart und weißem Mantel auf einem weißen Pferd gesprengt und mit einem großen weißen Kreuz in der Hand, und er ruft: Bürger, Bürger, aufgewacht, der Feind ist da! Und daraufhin, noch ehe die Eindringlinge sich zu irgendwas entschlossen haben, erscheinen die Unseren in den Fenstern und auf den Dächern, wie du gesagt hast. Und nachdem sie die Eindringlinge gefasst haben, knien sie nieder und rufen alle miteinander: Das war Sankt Peter, der unsere Stadt beschützt! Und sie treiben die Kaiserlichen in den Tunnel zurück und sagen zu ihnen: Dankt Gott, dass wir euch das Leben schenken, geht und erzählt im Lager eures Barbarossa, dass die Neue Stadt des Papstes Alexander vom Heiligen Petrus höchstpersönlich beschützt wird ...«
    »Und Barbarossa wird so einen Unsinn glauben?«
    »Nein, denn er ist nicht dumm, aber eben weil er nicht dumm ist, wird er so tun, als ob er den Unsinn glaubt, denn ihm liegt mehr als euch daran, mit dieser Belagerung endlich Schluss zu machen.«
    »Nehmen wir an, es ist so. Wer wird dafür sorgen, dass sie den Tunnel entdecken?«
    »Ich.«
    »Und wo findest du den Blödmann, der darauf reinfällt?«
    »Den habe ich schon gefunden, er ist so blöd, dass er bestimmt darauf reinfällt und sich mit so viel Ruhm bekleckert, wie er's verdient, zumal wir uns ja einig sind, dass niemand umgebracht werden soll.«
    Baudolino dachte an den eitlen und aufgeblasenen Grafen Ditpold, und um den dazu zu

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