Die historischen Romane
selbst vorkamen. Wir verwandelten uns in träge dahinlebende Gewohnheitstiere, Boron und Ardzrouni verbrachten die Tage mit Diskussionen über die Leere, und Ardzrouni hatte Gavagai überredet, ihn mit einem Zimmermann der Ponkier in Kontakt zu bringen, mit dem zusammen er ausprobierte, ob es möglich war, allein aus Holz, ohne alles Metall, eine seiner mirakulösen Luftpumpen nachzubauen. Wenn Ardzrouni sich seinem verrückten Unternehmen widmete, zog Boron sich mit Kyot zurück, um Ausritte in die Ebene zu machen und dabei über den Gradal zu fabulieren, wobei sie angespannt Ausschau hielten, ob nicht am Horizont das Phantom von Zosimos auftauchte. Vielleicht, meinte der Boidi, habe Zosimos einen anderen Weg genommen, sei den Weißen Hunnen begegnet und habe ihnen, die ja Götzendiener sein mussten, wer weiß was erzählt und sei gerade dabei, sie zum Angriff gegen das Reich aufzuhetzen ... Die Alexandriner Porcelli, Cuttica und Aleramo Scaccabarozzi genannt il Ciula, die sich bei der Gründung ihrer Heimatstadt einige Kenntnisse im Bauwesen erworben hatten, hatten sich in den Kopf gesetzt, die Bewohner von Pndapetzim zu überzeugen, dass vier gut gemauerte Wände besser waren als ihre Taubenlöcher im Felsen, und hatten ein paar Giganten gefunden, die ja von Berufs wegen jene Löcher in die Felsen schlugen, denen sie beibrachten, wie man Mörtel anrührt und wie man Ziegel aus Lehm formt, um sie dann in der Sonne trocknen zu lassen. So waren am Stadtrand fünf oder sechs Häuser errichtet worden, aber eines schönen Morgens wurden sie von den Zungenlosen besetzt, die aus Berufung Landstreicher waren und aus Prinzip auf anderer Leute Kosten lebten. Man versuchte, sie mit Steinwürfen zu vertreiben, aber vergeblich. Der Boidi spähte jeden Abend in Richtung der Schlucht, um zu sehen, ob nicht endlich die Schönwetterzeit wiederkam. Kurzum, jeder hatte sich seinen eigenen Zeitvertreib erfunden, wir hatten uns an die scheußlichen Speisen gewöhnt und konnten vor allem nicht mehr auf den burq verzichten. Uns tröstete der Gedanke, dass ja nun das Reich bloß noch zwei Schritte entfernt war, beziehungsweise ein Jahr Fußmarsch, wenn alles gut ging, aber wir fühlten uns nicht mehr verpflichtet, irgendwas zu entdecken oder einen anderen Weg zu finden, wir mussten bloß warten, dass die Eunuchen uns den richtigen führten. Wir waren, könnte man sagen, selig entnervt und glücklich gelangweilt. Jeder von uns, außer Colandrino, war bereits in die Jahre gekommen. Ich hatte die Fünfzig überschritten, und in dem Alter stirbt man, wenn man nicht schon lange tot ist. Wir dankten Gott, dass wir noch lebten, und offenbar tat uns das Klima gut, denn wir kamen uns alle verjüngt vor, ich zum Beispiel sah aus, als hätte ich zehn Jahre weniger auf dem Buckel als zur Zeit unserer Ankunft. Wir waren körperlich kräftig und geistig schlaff, wenn ich so sagen darf. Wir hatten uns so sehr mit den Leuten von Pndapetzim identifiziert, dass wir sogar anfingen, uns für ihre theologischen Debatten zu erwärmen.«
»Mit wem hieltet ihr es?«
»Tatsächlich hatte alles damit angefangen, dass dem Poeten das Blut kochte und er es nicht mehr ohne ein weibliches Wesen aushielt. Dabei schaffte das sogar der arme Colandrino, aber der war ein Engel auf Erden, wie seine arme Schwester. Den Beweis dafür, dass auch unsere Augen sich an jenen Ort gewöhnt hatten, bekam ich, als der Poet anfing, für eine junge Panothierin zu schwärmen. Ihre langen fließenden Ohren hatten es ihm angetan, die Weiße ihrer Haut erregte ihn, er fand sie biegsam und pries ihre schön gezeichneten Lippen. Er hatte zufällig mit angesehen, wie zwei Panothier sich im Freien paarten, und ihm schien es sehr lustvoll gewesen zu sein: Beide hatten einander mit ihren Ohren umhüllt und kopulierten wie im Inneren einer Muschel, oder als ob sie jene Fleischbällchen in Weinblättern wären, die wir in Armenien gekostet hatten. Es muss wunderbar gewesen sein, sagte er. Dann, als die Panothierin, der er sich zu nähern versuchte, sich sträubte, hatte er sich in eine Blemmyerin verguckt. Er fand, dass sie, einmal abgesehen von ihrem fehlenden Kopf, eine zarte Hüfte und eine einladende Vagina hatte, und im übrigen müsse es wunderbar sein, eine Frau auf den Mund zu küssen, als küsse man sie auf den Bauch. So hatte er angefangen, die Blemmyer zu frequentieren. Eines Abends nahm er uns zu einer ihrer Versammlungen mit. Die Blemmyer hätten, wie alle Monster jener Provinz,
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