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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Säuberung von Paris zu befassen?«
    »Les façades?«
    »Er war nicht Malraux. Ich vermute, es handelte sich um die Kanalisation. Interessant, nicht wahr? Dieser Herr erfand symbolträchtige Orangenhaine und Obstgärten für die Kaiser, aber was ihn wirklich interessierte, waren die Untergründe von Paris. Zu jener Zeit gab es in Paris noch kein richtiges Kanalnetz. Es war nur eine Mischung aus offenen und gedeckten Gräben, über die man sehr wenig wusste. Die alten Römer wussten schon seit der republikanischen Zeit alles über ihre Cloaca Maxima, und fünfzehnhundert Jahre später weiß man in Paris nichts von dem, was unter der Erde vorgeht. Und de Caus nimmt die Einladung des Königs an, weil er mehr darüber wissen möchte. Was wollte er herausfinden? Nach de Caus schickte Colbert zur Reinigung der gedeckten Kanäle – das war der Vorwand, doch bedenken Sie, wir sind jetzt in der Zeit der Eisernen Maske! – Sträflinge in die Kloaken, aber die wateten durch den Kot und folgten dem Strom bis zur Seine und fuhren auf einem Boot davon, ohne dass jemand wagte, sie zurückzuhalten, diese entsetzlich stinkenden Kreaturen, eingehüllt in Wolken von Fliegen ... Daraufhin postierte Colbert Gendarmen an den Ausgängen zur Seine, und die Sträflinge verreckten in den Stollen. In drei Jahrhunderten sind in Paris kaum drei Kilometer Kanäle abgedeckt worden. Aber im achtzehnten Jahrhundert hat man sechsundzwanzig Kilometer geschafft, und das am Vorabend der Revolution. Sagt Ihnen das nichts?«
    »Oh, vous savez, ça ... «
    »Der Grund ist, dass jetzt neue Leute an die Macht kamen, die etwas wussten, was die früheren nicht gewusst hatten. Napoleon schickte Arbeitstrupps unter die Erde, die in der Dunkelheit vorrückten, zwischen den menschlichen Abfällen der Metropole. Ich sage Ihnen, wer damals den Mut hatte, dort unten zu arbeiten, konnte viel finden. Ringe, Gold, Halsketten, Juwelen – was war nicht alles seit werweißwann in jene Gräben gefallen! Es genügten Leute, die den Magen hatten, das Zeug zu verschlucken, um dann herauszukommen, ein Abführmittel zu nehmen und reich zu werden. Man hat auch entdeckt, dass viele Häuser einen unterirdischen Gang hatten, der direkt zu den Kloaken führte.«
    »Ça alors ... «
    »Wozu wohl, in einer Zeit, als man den Nachttopf einfach aus dem Fenster entleerte? Und warum gibt es seit damals Kanäle mit einer Art Gehsteig daneben und mit Eisenringen in den Mauern, an denen man sich festhalten kann? Diese Gänge entsprachen genau jenen tapis francs , in denen die kriminelle Unterwelt – la pègre , wie man sie damals nannte – ihre Versammlungen abhielt: Orte, wo man geschützt und sicher war, und wenn die Polizei erschien, konnte man verschwinden und anderswo wieder auftauchen.«
    »C'est du roman-feuilleton ... «
    »Ach ja? Wen wollen Sie damit decken? Tatsache ist: unter Napoleon III. verpflichtete Baron Haussmann alle Pariser Haushalte per Gesetz, eine eigene Sickergrube zu bauen, und von da einen unterirdischen Gang zu den allgemeinen Kloaken ... Einen Tunnel von zwei Meter dreißig Höhe und einem Meter dreißig Breite. Stellen Sie sich das vor! Jedes Haus in Paris durch einen unterirdischen Gang mit den Kanälen verbunden. Und wissen Sie, wie lang die Pariser Kanäle heute sind? Zweitausend Kilometer, auf mehreren Ebenen. Und all das hat angefangen mit dem, der in Heidelberg diese Gärten entworfen hat ... «
    »Et alors?«
    »Ich sehe, Sie wollen partout nicht reden. Aber Sie wissen etwas, das Sie mir nicht sagen wollen.«
    »S'il vous plaît, laissez moi, es ist spät, man erwartet mich für eine Réunion.« Geräusch von Schritten.
     
    Ich begriff nicht, worauf Salon hinauswollte. Ich sah mich um, eingeengt zwischen der Muschelwand und der Ohrmuschel, und fühlte mich im Untergrund, auch ich unter einem Gewölbe, und mir schien, als wäre die Mündung dieses Horchkanals nichts anderes als der Eingang zu einem Abstieg in finstere Gänge, hinunter ins Zentrum der Erde, ins Reich der Nibelungen. Mich fröstelte. Gerade wollte ich gehen, als ich erneut eine Stimme hörte: »Kommen Sie mit. Wir fangen gleich an. Im geheimen Saal. Rufen Sie die andern.«

 
    61
     
    Dieses Goldene Vlies wird bewacht von einem
    dreiköpfigen Drachen, dessen erster Kopf aus dem
    Wasser stammt, der zweite aus der Erde und der
    dritte aus der Luft. Es ist unabdingbar, daß diese
    drei Köpfe in einem einzigen übermächtigen Drachen
    enden, der alle anderen Drachen verschlingen

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