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Die historischen Romane

Die historischen Romane

Titel: Die historischen Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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wird.
     
    Jean d'Espagnet, Arcanum Hermeticae Pilosophiae Opus ,
    1623, 138
     
    Ich fand meine Gruppe wieder und sagte Agliè, ich hätte jemanden von einer Versammlung reden hören.
    »Ah, wir sind neugierig!« sagte Agliè. »Aber ich verstehe Sie. Wer sich in die hermetischen Geheimnisse vorwagt, der will alles darüber wissen. Nun denn, heute Abend soll, soviel ich weiß, die Initiation eines neuen Mitglieds des Alten und Angenommenen Rosenkreuzordens stattfinden.«
    »Kann man das sehen?« fragte Garamond.
    »Man kann nicht. Man darf nicht. Man dürfte nicht. Man könnte nicht. Aber machen wir's wie jene Personen des griechischen Mythos, die sahen, was sie nicht sehen durften, und stellen wir uns dem Zorn der Götter. Ich erlaube Ihnen, einen Blick darauf zu werfen.« Er führte uns eine Treppe hinunter in einen dunklen Gang, hob einen Vorhang hoch, und durch eine Scheibe sahen wir in den tiefer liegenden Saal, der von etlichen Kohlebecken erleuchtet wurde. Die Wände waren mit Damast tapeziert und mit Lilien bestickt, im Hintergrund erhob sich ein Thron unter einem vergoldeten Baldachin. Rechts und links neben dem Thron leuchteten, aus Karton oder Plastik geschnitten und auf Dreifüße gestellt, eine Sonne und ein Mond, eher grob ausgeführt, aber mit Stanniolpapier oder Blech überzogen, natürlich gold- und silberglänzend und nicht ohne einen gewissen Effekt, denn jedes Himmelslicht wurde direkt von den Flammen eines Kohlebeckens angestrahlt. Über dem Baldachin hing ein enormer Stern von der Decke, glitzernd von Edelsteinen oder Glasimitationen. Die Decke war mit blauem Damast bespannt, auf dem große silberne Sterne glänzten.
    Vor dem Thron stand ein langer Tisch, dekoriert mit Palmwedeln, auf dem ein Degen lag, und direkt vor dem Tisch erhob sich ein ausgestopfter Löwe mit aufgerissenem Rachen. Jemand musste ihm eine rote Lampe in den Kopf getan haben, denn die Augen glühten feuerrot, und der Rachen schien Flammen zu speien. Ich dachte sofort an die Handwerkskunst des Signor Salon und begriff endlich, auf welche kuriosen Kunden er damals in München angespielt hatte.
    Am Tisch saß Professor Bramanti, angetan mit einer roten Tunika und gestickten grünen Paramenten, einem weißen Umhang mit goldenem Saum, einem schimmernden Kreuz auf der Brust und einem Hut in Form einer Mitra, geschmückt mit einem rotweißen Federbusch. Vor ihm, in hieratischer Haltung, etwa zwanzig Personen, gleichfalls in roter Tunika, doch ohne Paramente. Alle trugen etwas Goldenes auf der Brust, das mir irgendwie bekannt vorkam. Es erinnerte mich an ein Renaissanceporträt, an eine große Habsburgernase, an jenes seltsame Lamm mit herunterhängenden Beinen, das an der Taille aufgehängt ist. Ja, das war's, diese Leute schmückten sich mit einer akzeptablen Imitation des Goldenen Vlieses.
    Bramanti sprach mit erhobenen Armen, als rezitierte er eine Liturgie, und die Anwesenden respondierten im Chor. Nach einer Weile hob Bramanti den Degen, und alle zogen etwas wie ein Stilett oder einen Brieföffner aus der Tunika und hielten es hoch. In diesem Moment ließ Agliè den Vorhang fallen. Wir hatten schon zu viel gesehen.
    Wir entfernten uns leise (auf Pink Panthers Pfoten, wie Diotallevi präzisierte, erstaunlich gut informiert über die Perversionen der modernen Welt) und fanden uns draußen im Garten wieder, ein wenig außer Atem.
    Garamond war bestürzt. »Sind das ... Freimaurer?«
    »Oh«, sagte Agliè, »was heißt Freimaurer? Es sind die Adepten eines Ritterordens, der sich auf die Rosenkreuzer beruft und indirekt auf die Templer.«
    »Dann hat das alles gar nichts mit Freimaurerei zu tun?« fragte Garamond noch einmal.
    »Wenn es eine Gemeinsamkeit gibt zwischen dem, was Sie gesehen haben, und der Freimaurerei, dann die Tatsache, dass auch Bramantis Ritus ein Hobby für Provinzhonoratioren und Politikaster ist. Aber so war's von Anfang an, die Freimaurerei war noch nie etwas anderes als eine schwächliche Anknüpfung an die Templerlegende. Und dies hier ist die Karikatur einer Karikatur. Nur dass diese Herren sie fürchterlich ernst nehmen. Leider! Die Welt wimmelt von Rosenkreuzern und Templern wie denen, die Sie heute Abend hier gesehen haben. Nicht von ihnen dürfen Sie eine Offenbarung erwarten, auch wenn gerade sie es sind, unter denen man einen glaubwürdigen Initiierten antreffen könnte.«
    »Aber schließlich«, fragte Belbo, und er fragte es ganz ohne Ironie, ohne Argwohn, als beträfe die Frage ihn persönlich,

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