Die Hitze der Hölle
noch alles gestanden?« wollte Edward wissen.
De Craon zog ein Pergament aus seinem Ärmel und warf es Corbett zu. »Seht selbst!«
Corbett rollte das Pergament auf und las. Offensichtlich war sein Mißtrauen de Craon gegenüber diesmal unbegründet.
»Was steht da?« fragte der König und setzte sich auf eine Bank. Corbett las in der Handschrift und ging mit ihr zum Fenster, weil es dort heller war. »Es handelt sich um ein Geständnis«, sagte Corbett, »von einem Sergeant, der im Temple in Paris stationiert war. Er gibt zu, versucht zu haben, Philipp im Bois de Boulogne zu ermorden. Offensichtlich führte der Sergeant bloß den Befehl eines hochrangigen Offiziers aus, der ihm allerdings nur unter dem Namen Sagittarius oder Bogenschütze bekannt war.«
»Und Philipps Folterknechten gelang es, ihm dieses Geständnis abzupressen?« fragte Edward.
»Nein«, Corbett schaute auf, »das gelang den königlichen Folterknechten nicht.« Er bemerkte de Craons zufriedenes Lächeln. »Das war kein geringerer als der Großinquisitor.«
»Ihr wißt«, unterbrach ihn de Craon, »daß die Heilige Inquisition
Gesetz ist?«
»Offensichtlich«, fuhr Corbett fort und las weiter in der Handschrift, »fand man gewisse Gegenstände im Besitz des Templers. Ein Fünfeck, ein Bild des umgekehrten Kreuzes und andere Gerätschaften der Schwarzen Magie.« Er schaute hoch. »Deshalb hat sich auch die Inquisition dieser Sache angenommen. Der Sergeant behauptete, er und einige andere Templer gehörten zu einer Loge von Hexenmeistern, die an satanischen Riten teilnehmen und Dämonen und einen vom Rumpf abgetrennten Kopf verehren.«
Corbett schaute auf die letzten Zeilen. Er betrachtete das blutrote Siegel der Heiligen Inquisition und die Unterschriften des Großinquisitors und seiner beiden Zeugen.«
»Es handelt sich also um eine ernste Drohung?« Edward beugte sich vor.
De Craon nickte kurz. »Mein Herr hat bereits an Papst Bonifatius VIII. geschrieben und um eine Ermittlung gegen den Orden gebeten.« Er erhob sich und sank vor dem König auf die Knie. »Aber ich werde meinen Herrn darüber informieren, daß Ihr noch einmal unversehrt davongekommen seid. Und«, meinte er hinterhältig und schaute Corbett aus dem Augenwinkel an, »über Euren heiligen Eid, Euch auf einen Kreuzzug zu begeben.«
»Bei diesem Unterfangen wird sich mein Herr der Hilfe der anderen westlichen Prinzen versichern«, warf Corbett ein.
De Craon erhob sich und verbeugte sich vor Corbett. »Philipp von Frankreich wird da niemandem in etwas nachstehen. Er ist bereit, sein Blut zu vergießen, wie das schon sein Großvater getan hat, um das Lehen Gottes zurückzuerobern.« Unter weiteren Verbeugungen verließ de Craon das Zimmer so schnell, wie er gekommen war.
»Das muß de Craon wirklich schwergefallen sein«, meinte Corbett und versicherte sich, daß die Tür richtig geschlossen war, »einmal in seinem Leben die Wahrheit zu sagen.«
»Reitet nach Framlingham«, befahl ihm Edward. »Nehmt dort Quartier. Sagt dem Großmeister, daß jeder Templer, der das Gut verläßt, unter dem Verdacht auf Hochverrat festgenommen wird.«
Ranulf und Maltote beklagten sich bitterlich, daß sie ihr Würfelspiel mit den Bogenschützen des Königs abbrechen mußten. Ihr Geheule wurde noch lauter, als Corbett ihnen mitteilte, wohin es gehe.
»Hört mit dem Gejammer auf«, sagte Corbett. »Zum einen ist es bloß eine Frage der Zeit, daß den Bogenschützen auffällt, daß du mogelst Zum anderen tut es deinem Seelenheil nur gut, Ranulf, daß du eine Weile nicht hinter jedem Rockzipfel herrennen kannst.«
Als sie später durch die Straßen von York ritten, drehte sich Corbett nicht um, aber er wußte, daß Ranulf mit finsterer Miene hinter ihm ritt und halblaut etwas von »Master Langschädel« und »Spielverderber« murmelte. Maltote war gefaßter. Solange er bei den Pferden sein konnte und in etwa wußte, was als nächstes geplant war, war er zufrieden. Er ließ also Ranulf murren und versuchte ein bösartiges Packpferd im Zaum zu halten, dem es ganz und gar nicht gefiel, daß es den gemütlichen Stall gegen die lauten und staubigen Straßen Yorks hatte eintauschen müssen.
Ranulf, der die Stadt gut kannte, kam schließlich auf eine Höhe mit Corbett.
»Herr, wir sollten doch eigentlich in die entgegengesetzte Richtung reiten? Framlingham liegt hinter Botham Bar im Norden der Stadt.«
Corbett blieb stehen, bevor sie auf Yorks großen Fleischmarkt, Shambles, kamen.
»Wir haben
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