Die Hitze der Hölle
Draußen brach das Gewitter los. Der Regen schlug gegen die Fensterscheiben, dann donnerte es über dem Herrenhaus, und Blitze erleuchteten wiederholte Male gleißend die Bäume des Parks.
»Steht in diesen Büchern irgend etwas Interessantes?« fragte Ranulf und trat neben Corbett.
Dieser kratzte sich am Kinn. »Nichts.« Er erhob sich und zog sein Wams aus. »Das hat noch Zeit. Ich frage mich, was jetzt passiert.«
Ranulf schaute ihn nur an.
»War der wirkliche Mörder tatsächlich so dumm, anzunehmen, daß ich mich damit zufriedengeben würde, daß man Baddles-mere zum Täter erklärt?«
»Wir befinden uns also immer noch in Gefahr?« fragte Ranulf. »Schon möglich. Aber kommt...« Das Läuten der Glocke unterbrach ihn. Es war wegen des Donners kaum zu hören. »Unsere Gastgeber erwarten uns.«
Sie beendeten ihre Vorbereitungen, zogen ihre Mäntel an und rannten durch den Regen zum Hauptportal. De Molay und die Kommandanten erwarteten sie im großen Saal. Beim Anblick der Männer fröstelte es Corbett. Draußen blitzte und donnerte es. In der Halle waren Fackeln entzündet, und die Kerzen auf der langen Tafel warfen unstete Schatten an die Wände. Corbett und seine Gefährten wurden frostig willkommen geheißen. De Molay wies jedem von ihnen einen Platz an. Corbett saß zu seiner Linken, Ranulf und Maltote etwas weiter weg. Der Großmeister sprach das Tischgebet, und Diener brachten das Essen aus der Küche. Corbett hatte keinen Appetit. Er betrachtete sehr genau seinen Kelch und nahm erst dann einen Schluck, nachdem bereits andere von dem Wein getrunken hatten, der aus demselben Krug eingeschenkt worden war.
»Ihr traut uns nicht, Sir Hugh«, murmelte de Molay und biß von einem Stück Brot ab.
»Ich habe an fröhlicheren Banketten teilgenommen«, entgegnete Corbett.
Das Mahl nahm seinen Lauf. Legrave versuchte eine Unterhaltung in Gang zu bringen, aber de Molay war tief in Gedanken versunken, und Symmes und Branquier starrten wie versteinert geradeaus. Sie waren fest entschlossen, Corbett und seine Gefährten nicht weiter zu beachten. Als das Mahl fast beendet war, klopfte es laut. Corbett drehte sich auf seinem Stuhl um. Ein Sergeant kam in den Saal gelaufen.
»Großmeister!« rief er atemlos. »Großmeister. Die Soldaten des Königs sind hier!«
De Molay richtete sich halb auf seinem Stuhl auf, fand aber vor Überraschung keine Worte. Ein vollkommen durchnäßter Hauptmann der königlichen Wache schritt bereits in den Saal. Hinter ihm stießen zwei Soldaten einen Gefangenen in Ketten herein, dessen Gefangenenkluft von Wasser troff. »Großmeister«, sagte der Hauptmann, »ich entschuldige mich dafür, daß wir hier einfach so hereinplatzen, aber wir glauben, daß das hier einer von Euren Leuten ist.«
Er griff den Gefangenen beim Kragen, schob ihn noch weiter nach vorne und nahm ihm dabei die Kapuze ab. Corbett war vollkommen entgeistert. Vor ihm stand Bartholomew Baddlesmere, unrasiert und total durchnäßt.
12
S ofort brach ein großer Tumult aus. Die Kommandanten sprangen auf und zogen ihre Dolche. Stühle fielen um. Soldaten liefen mit gezogenem Schwert oder der Armbrust im Anschlag in den Saal. Der Hauptmann der königlichen Wache rief Befehle. Seine Männer bildeten um den Gefangenen einen kleinen Kreis, Waffen in Bereitschaft. Corbett hatte sich von seiner Überraschung erholt und suchte für Ruhe zu sorgen. Er schaute die Kommandanten des Templerordens kurz an. Alle, einschließlich de Molay, sahen so aus, als hätten sie eine Erscheinung.
»Ich bitte um Ruhe!« brüllte Corbett. Er zog das Geheimsiegel, das er immer bei sich trug, aus einem Beutel. »Alle hier im Raum werden ihre Waffen wegstecken. Ich bin der Bevollmächtigte des Königs.« In derselben Lautstärke fügte er hinzu: »Ich trage die königliche Vollmacht bei mir. Sich mir zu widersetzen ist Hochverrat.«
Seine Drohung entspannte die Lage etwas. Schwerter wurden wieder in Scheiden gesteckt, und de Molay rief einige Befehle. Die Templer-Sergeanten entfernten sich, und die königliche Wache trat einige Schritte zurück. Corbett ging zu ihrem Hauptmann. Dieser nahm seinen schweren, kegelförmigen Helm ab, hielt ihn unter dem Arm und wischte sich Schweiß und Regenwasser aus dem Gesicht. Sein Gefangener stand schwankend da. Er nahm kaum wahr, was um ihn herum vorging.
»Sir Hugh«, der Hauptmann streckte die Hand aus. »Ebulo Montibus, Ritter und Bannerherr. Ich überbringe Euch Grüße des Königs.«
Corbett schüttelte
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