Die Hitze der Hölle
»Ich weiß nicht, ob Baddlesmere die Wahrheit sagt, den Verstand verloren hat oder vielleicht selbst der Mörder ist. Maltote, wo sind die Bücher?«
Der Kurier zog sie unter dem Bett hervor.
»Wir werden alle hier in diesem Zimmer schlafen«, verkündete Corbett. »Heute abend«, er ließ sich auf eines der Betten sinken und schlug einen der Folianten auf, »werde ich sehen, welche Geheimnisse diese Bücher enthalten.«
Corbett verbrachte die Nacht mit der Lektüre. Einige Seiten las er mehrmals. Seine Gefährten schliefen friedlich wie Säuglinge. Gelegentlich wurden Corbett die Augenlider schwer. Dann nickte er für eine ganze Weile ein und schüttelte sich schließlich, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er schüttete sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht oder suchte nach frischen Kerzen, wenn die alten zu weit niedergebrannt waren. Schließlich war nichts mehr zu tun. Die letzten Kapitel von Bacons Werk waren vollkommen rätselhaft, aber Corbett war trotzdem hoch zufrieden. Er kannte jetzt den Ursprung des geheimnisvollen Feuers. Er fiel kurz vor Sonnenaufgang in einen tiefen, von Alpträumen geplagten Schlaf. Überall brannte das Höllenfeuer.
Ranulf schüttelte ihn, um ihn zu wecken. »Herr, es ist schon zehn Uhr.«
Corbett richtete sich auf und stöhnte. Er hielt die Hand über die Augen, um sie gegen die Sonnenstrahlen zu schützen, die durch die offenen Fensterläden fielen.
»Maltote und ich sind schon seit Stunden auf. Wir haben bereits im Refektorium gefrühstückt, haben uns die Bäuche vollgeschlagen, und alle haben uns nur finster angeschaut. Montibus ist wieder fort.«
Corbett stöhnte. »O nein!« Er setzte sich auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und schob die Bücher zur Seite. »Mir wäre es lieber gewesen, er wäre geblieben. Er hätte uns etwas Schutz bieten können.«
Ranulf war mit einmal ganz ernst. »Die Templer werden uns gegenüber doch nicht handgreiflich werden, oder? Wir sind schließlich Abgesandte des Königs.«
»Oh, keine Handgreiflichkeiten, aber du oder ich oder wir beide, mein lieber Ranulf, könnten einen schrecklichen Unfall erleiden.«
»Erzähl ihm, was wir gefunden haben«, drängte Maltote. Er saß auf einem Hocker und nähte eine Lederschlaufe an einem Steigbügel fest.
»O ja.« Ranulf reichte Corbett einen Lumpen, der oben zusammengeknotet war.
»Knotet das Bündel vorsichtig auf, Herr.«
In dem Beutel lagen einige angesengte Lederstücke.
»Was ist das?« Er faßte eines der Lederstücke an, das unter seiner Berührung zu Staub zerfiel. Ein kleiner Teil war jedoch wohlerhalten und glänzte.
»Das ist Leder«, erklärte Ranulf. »Lederstücke. Wir haben sie dort im Wald gefunden, wo wir auch auf die Brandspuren gestoßen sind. Kleine Lederstücke, die der Wind in alle Himmelsrichtungen zerstreut hat.«
Corbett legte den Lumpen vorsichtig aufs Bett. Er sah sich jeden einzelnen Lederfetzen ganz genau an. Dann stand er auf, reckte sich und zog sein Wams und sein Hemd aus. Er wusch sich Gesicht und Hände und bat Maltote, etwas heißes Wasser aus der Spülküche zu holen, da er sich auch noch rasieren wollte. »Nun?« fragte Ranulf ängstlich. »Was haltet Ihr davon?«
»Angesengte Lederstücke«, sagte Corbett. »Es könnte sich um Teile eines Sacks handeln, in dem das, was die Antike das Höllenfeuer genannt hat, transportiert wurde.«
Ranulf wollte sofort weitere Fragen stellen, aber Corbett schüttelte nur den Kopf und konzentrierte sich, da Maltote inzwischen zurückgekehrt war, auf seine Rasur. Er bat Ranulf, nicht so sehr mit dem Spiegel zu wackeln, den er in der Hand hielt.
»Wenn ich fertig bin«, Corbett lächelte Ranulf an, »dann kannst du mir in der Küche etwas zu essen holen — aber paß auf, von wem du es dir geben läßt. Beim Essen werde ich euch dann eine Geschichte erzählen.«
Corbett trocknete sich ab, und Ranulf eilte in die Küche und kam mit Brot in einer Serviette und einem Krug Ale wieder zurück.
»Also«, Corbett rieb sich das Kinn und setzte sich an den Tisch. »Jetzt habe ich meine Waschungen beendet, jetzt kann ich euch berichten, was ich in den beiden Büchern gelesen habe. Zunächst einmal, das Feuer kommt nicht aus der Hölle, es wird von Menschen erzeugt.«
Corbett biß in eines der Brote, während Ranulf ungeduldig mit den Füßen scharrte.
»Zuerst dachte ich«, fuhr Corbett fort, »irgendein Öl könnte das Feuer verursacht haben. Aber Öl ist nicht so zuverlässig. Manchmal fängt es nur sehr schwer
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