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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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bekam jedoch keinen Laut heraus. Statt dessen faßte er sich an den Magen, schob Corbett beiseite und rannte auf eine der Latrinen zu, die sich in einer Nische im Gang befanden.
    Er mußte sich heftig übergeben.
    »Ist das Selbstmord?« flüsterte Ranulf.
    Corbett betrachtete die Leiche, besonders die Fingernägel und die Lage des Knotens hinter dem linken Ohr. Dann hob er das Hemd hoch und sah sich den Oberkörper an. Schließlich durchtrennte er den Knoten mit seinem Dolch. Er versuchte den Toten möglichst würdevoll hinzulegen und deckte ihn mit seinem eigenen Templerumhang zu.
    »Er hat Selbstmord begangen«, murmelte Corbett. »Der Schritt vom Leben zum Tod ist so einfach. Baddlesmere stand auf dem Bett, machte eine Schlinge, legte sie sich um den Hals und trat dann das Bett beiseite.«
    »Was ist das hier?« Ranulf beugte sich über das Bett. Dahinter war etwas in die Wand geritzt.
    Corbett betrachtete die Inschrift sorgfältig. »>Veritas<«, las er, »>stat in ripa.< Die Wahrheit findet sich am Ufer«, murmelte er. »Was in aller Welt hat Baddlesmere damit gemeint? Der Spruch heißt sonst immer: >Veritas stat in media via.< Die Wahrheit findet sich in der Mitte der Straße.«
    »Ich habe ihn so gefunden!«
    Corbett drehte sich hastig um. De Molay stand in der Tür.
    »Er wurde gestern abend mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot hierhergebracht. Zwei Wachen waren die ganze Zeit vor der Tür.«
    »Und sie haben nichts gehört?«
    De Molay schüttelte den Kopf. »Sie haben gehört, wie er früh am Morgen hin und her ging. Er sang das Dies irae. Ihr wißt schon, diesen Teil der Totenmesse, wo es heißt, Tag des Zornes, Tag der Trauer! Himmel und Erde verbrennen zu Asche.«
    »Siehe, welche Furcht in den Herzen der Menschen«, fuhr Corbett fort, »wenn der Richter, von dessen Urteil alles abhängt, aus den Himmeln auf die Erde kommt!«
    De Molay kniete neben dem Bett nieder und bekreuzigte sich. Nun erschienen auch Branquier, Legrave und Symmes. Corbett folgte der Treppe ins Freie. Kurz darauf kamen de Molay und Legrave.
    »Ehe Ihr fragt, Großmeister, Sir Bartholomew hat Selbstmord begangen.« Corbett zuckte mit den Schultern. »Die Reue, die Angst vor Verdächtigungen, die Unfähigkeit, die Ächtung zu ertragen.«
    »Ich habe ihn aufgesucht«, berichtete de Molay, »und mit ihm gesprochen wie mit jedem anderen Bruder.« Er sah Legrave an. »Wir können ihn nicht in geweihter Erde bestatten.«
    »Aber Großmeister«, rief Legrave, »er war genausogut mein Bruder! Ich kannte Sir Bartholomew. Wir haben in Akka zusammen gekämpft.«
    De Molay sah Corbett erwartungsvoll an.
    »Nachsicht ist die Grundlage aller Gesetze«, meinte Corbett »Ich denke nicht, daß Christus ihn mit solcher Strenge betrachten wird wie Ihr.«
    »Merkwürdig«, sagte de Molay, »alle diese Todesfälle durch Feuer. Einst, als ich noch ein Kind war, Corbett, verspottete ich eine alte Hexe auf den Wiesen bei Carcassonne, eine alte Frau, die in einer elenden Hütte neben einem Graben lebte. Mit der Dummheit und Unwissenheit der Jugend rief ich, sie solle brennen. Sie trat mit funkelnden Augen auf mich zu: >Nein, de Molay<, kreischte sie, >du wirst brennen und zu Rauch werden! <« De Molay rieb sich die Augen. »Ich habe mich immer gefragt, was sie damit meinte. Jetzt weiß ich es. Es gibt verschiedene Arten des Feuers und verschiedene Todesarten.«
    Ohne eine Erwiderung abzuwarten, drehte sich der Großmeister auf dem Absatz um und ging weg. Legrave eilte hinter ihm her. Corbett blickte ihnen nach und winkte dann Ranulf und Maltote heran.
    »Sattelt eure Pferde«, befahl er. »Ich möchte, daß ihr nach York reitet. Sucht dort Claverley auf.« Er griff in seinen Beutel und zog ein kleines Stück Pergament daraus hervor. »Seht zu, daß ihr diese Substanzen irgendwo in der Stadt auftreibt, aber mischt sie nicht. Claverley wird euch behilflich sein.«
    »Wo bekommen wir das alles?«
    »Bei den Köhlern der Stadt. Ihr werdet wahrscheinlich eine Weile brauchen, aber achtet darauf, daß ihr die Sachen nicht miteinander vermischt, und kommt so schnell wie möglich mit ihnen zurück.«
    Noch ehe die Stunde schlug, hatten Ranulf und Maltote das Herrenhaus verlassen. Corbett hielt es für ratsam, auf seinem Zimmer zu bleiben. Er durchsuchte es, schloß die Läden und holte dann einen Pfosten, mit dem er die Tür verbarrikadierte. Dabei fiel ihm eine breite Spalte zwischen Tür und Dielen auf. Er blickte lange auf das Leder, das zum Schutz vor

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