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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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sich in Ausdrücken, die keine Feder wiedergeben möchte, dem wäre sie ein furchtbarer Anblick gewesen. Stundenlang rannte sie umher, absichtlich die gefahrvollsten Pfade und Steige aufsuchend, statt sie zu vermeiden, durch das Moor auf schwankem Boden, am Rande jäher Abgründe hin, neben reißenden Gießbächen her, und immer hastig, unbedacht; verwegen. Aber der Mut, den ihr Verzweiflung einflößte, rettete ihr das Leben, das sie, wenngleich Selbstmord mit Vorbedacht kein häufiges Verbrechen im Hochlande ist, doch vielleicht abzuschließen suchte. Fest und sicher, wie der Tritt der Gemse, war ihr Tritt auf Schroffen, an Schluchten und neben Strömen, und ihr Blick so scharf, daß sie Gefahren, die kein anderer am hellen Mittag gewahrt hätte, mitten in finsterer Nacht erkannte.
    Nicht geradeaus ging sie, sonst wäre sie bald weit entfernt von der Hütte gewesen, in der sie den Sohn zurückgelassen hatte, sondern im Kreise, wie die Häsin um ihr Lager. Denn die Hütte war der Mittelpunkt, um den sich alle Fibern ihres Herzens drehten, und ihr Herz sagte ihr, daß sie sich aus der Nähe dieses Mittelpunktes unmöglich entfernen könne.

Dreizehntes Kapitel.
    Mit dem ersten Sonnenstrahl fand sie den Weg zur Hütte zurück. Eine Weile blieb sie vor der aus Zweigen geflochtenen Tür stehen, als schäme sie sich, daß ihre törichte Mutterliebe sie wieder an die Stätte zurückgeführt haben sollte, die sie in der Absicht, nie wieder zurückzukehren, verlassen hatte. Aber ihr Zaudern hatte seinen Grund mehr in Furcht und Angst – Furcht, ihrem schöngelockten Hamish mochte der Schlaftrunk von schlimmer Wirkung gewesen sein – Angst, seine Feinde möchten ihn nachts überfallen haben.
    Leise drückte sie die Tür der Hütte auf und trat mit geräuschlosem Schritt ein.
    Erschöpft von Kummer und Bangigkeit, vielleicht noch immer von dem starken Schlaftrunk benommen, lag Hamish Bean wieder in tiefem Schlafe, ähnlich wie Indianer in den Pausen ihres Martertodes schlafen sollen. Kaum konnte die Mutter die Überzeugung gewinnen, daß sie seine Gesichtszüge vor sich habe; kaum konnte sie den Glauben fassen, daß ihr Ohr seine Atemzüge höre.
    Mit klopfendem Herzen trat sie an den Herd, der in der Mitte der Hütte stand; mit einem Stück Torf bedeckt, glimmten dort noch die Kohlen des Feuers, das im schottländischen Hause nicht früher zu verlöschen pflegt, als bis es seine Bewohner für immer verlassen.
    »Mattes Feuer« sagte sie, einen Fichtenspan, der das Licht ersetzte, mittels Feuersteins in Brand setzend, »schwaches Feuerchen! Bald wirst du ausgehen auf immer. Gebe bloß der Himmel, daß Elspat Mac Tabishs Leben zugleich mit dir verlösche!«
    Also sprechend, trat sie mit dem flackernden Lichtspan an das Bett, auf dem ihr Sohn noch ausgestreckt lag, in einer Stellung, die es ungewiß ließ, ob er schlafe oder in Ohnmacht liege. Da traf das Licht seine Augen, und im Nu war er auf den Beinen, riß den Dolch aus dem Gürtel, zückte ihn und trat ein Paar Schritte vor.
    »Hinweg, wenn Euch das Leben lieb ist!« schrie er mit schrecklicher Stimme – »hinweg, hinweg!«
    »Dies ist das Wort meines Seligen! Das sind die Gebärden von Mac Tavish Mhor!« rief Elspat. »An dieser Stimme, an dieser Rede, an diesem Schritte erkenne ich den Sohn Mac Tavish Mhors!«
    »Mutter,« versetzte Hamish, aus dem durch die Verzweiflung gestählten Tone in den Ton trauriger Wehklage fallend, »Mutter, Mutter! Warum seid Ihr wiedergekehrt?«
    »Frage, warum die Hindin zu ihrem Kalbe, warum die Wildkatze zu ihrem Lager und ihren Jungen zurückkehrt,« antwortete Elspat. »Weißt du nicht, Hamish, daß das Herz der Mutter nur im Busen des Kindes lebt?«
    »Dann wird es bald aufhören zu schlagen,« sagte Hamish, »es müßte denn in einer Brust wohnen können, die der Nasenhügel deckt. Mutter, Mutter, schilt mich nicht, wenn ich weine; denn nicht um meinetwillen fließen meine Tränen, sondern um Euretwillen, Mutter! Ach, Mutter! Mein Herzeleid ist bald zu Ende, aber Eures, Eures – ach, Mutter! Daß ihm der Himmel doch bald ein Ziel setzen möchte!«
    Schaudernd trat Elspat zurück. Aber sogleich gewann sie ihre Ruhe und Unerschrockenheit wieder, und gleich wieder stand sie da, fest und aufrecht.
    »Ich war der Meinung, du seiest ein Mann geworden,« sagte sie, »und schon bist du wieder ein Kind. So folge mir doch weg von diesem Orte! Habe ich dir unrecht oder Leids getan? Und wenn dies der Fall ist, dann räche dich nicht so

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