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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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Ehrwürden Mr. Thrin dann und wann, bei zufälliger Begegnung, ein Gespräch angeknüpft und recht Wohl erkannt, daß, wenn auch die Saat hier zwischen die Dornen eines wilden und ungezügelten Gemüts fiel, sie doch nicht ganz verloren war. Die Gesichtszüge des Jünglings hatten einen so gräßlichen Ausdruck gezeigt, daß der wackere Mann sich versucht fühlte, zur Hütte hinunterzusteigen und Nachfrage zu halten, ob die Leute etwa Unglück getroffen habe. Vielleicht daß sich ihm Gelegenheit böte zur Tröstung oder anderswie seines Amtes zu walten.
    Ein Unstern fügte es, daß diesem Gedanken nicht der Entschluß folgte, denn großes Unglück wäre dann vielleicht verhütet worden, weil der Pfarrer schließlich doch vielleicht hätte vermitteln können. Aber der rauhe Sinn der damaligen Hochländer, deren Erziehung noch der alten Volkssitte gemäß erfolgt war, schreckte ihn davor zurück, sich um das Schicksal von Witwe und Sohn des gefürchteten Räubers Mac Tavish Mhor zu bekümmern, und so ließ er eine Gelegenheit, viel Gutes zu stiften, ungenützt vorbeiziehen, zum Höchsten Schaden, wie er später zu seinem schweren Leidwesen erkannte, eines unseligen Menschenpaares.

Zwölftes Kapitel.
    Hamish Mac Tavish trat wieder in die Hütte der Mutter und warf sich wieder auf das Lager, von dem er eben erst sich erhoben hatte.
    Zerknirscht rief er: »Verloren, verloren!« und machte seinem Schmerze über den grausamen Betrug, dessen unglückliches Opfer er geworden, in herzzerreißenden Klagen und Verwünschungen Luft.
    Auf solchen ersten Zornesausbruch war Elspat gefaßt.
    Sie dachte bei sich: »Was ist es anders, als eine Gießbachsflut, vom Gewitter veranlaßt? Warten wir am Ufer ab! Und wenn es zurzeit auch noch so tobt, so wird es doch nicht lange währen, bis wir trockenen Fußes hinüberkönnen.«
    Selbst bei diesem äußersten Schmerze, der ihm die Brust zerriß, bewegten seine Klagen und Vorwürfe sich in den Schranken kindlicher Ehrerbietung, und Elspat hörte alles an, ohne ihm Antwort zu geben. Eist als er die Ausdrücke des Schmerzes, dessen Sprache ja für den von ihm Betroffenen so reich ist, bis auf die Neige erschöpft hatte und in finsteres Schweigen sank, erst dann, nach Verlauf von fast einer Stunde, trat sie an sein Lager.
    »Bist du nun zu Ende mit deinen vergeblichen Klagen?« fragte sie mit einer Stimme, die von Mutterwürde und Mutterliebe zugleich erfüllt war, »vermagst du nun, was du gewonnen, dem, was du verloren, gegenüberzustellen? Ist der falsche Sachse von Dermid dein Bruder oder deines Stammes Vater, daß du Tränen vergißt, weil du dich nicht an seine Degenkoppel binden, nicht einer von denen werden kannst, die tun müssen, was er gebeut? Kannst du in jenem fernen Lande die Berge und Seen wiederfinden, die du hier zurücklässest? Kannst du den Breadalbane-Hirsch in Amerikas Wäldern jagen? Gibt dir der Ozean den silberschuppigen Salm des Awe? Erwäge, was du verloren hast, und halte es als weiser Mann dem gegenüber, was du gewonnen.«
    »Ich habe alles verloren, Mutter,« antwortete Hamish, »denn ich habe mein Wort gebrochen und meine Ehre geschändet. O, könnte ich mein Schicksal beichten! Aber wem? Wer möchte mir glauben?«
    Der unglückliche Jüngling ballte von neuem die Hände, preßte sie an die Stirn und vergrub das Gesicht in den Kissen.
    Jetzt geriet Elspat wirklich in Unruhe. Jetzt beschlich sie der Wunsch, den Betrug nicht versucht zu haben. Ihre einzige Hoffnung beruhte noch darauf, daß es ihrer Beredsamkeit gelingen werbe, den Sohn zu überzeugen, daß er nicht alles verloren, sondern alles gewonnen habe; und die Gabe der Beredsamkeit besaß sie auch in nicht geringem Grade, wenn auch ihre völlige Unbekanntschaft mit dem dermaligen Stande der Dinge ihre Kraft lähmte. Mit den zärtlichsten Schmeichelreden, die eine Mutter dem Sohne sagen kann, bat sie ihn, nunmehr auf seine Sicherheit bedacht zu sein.
    »Ich will deine Verfolger hintergehen,« sagte sie, »will dein Leben, deine Ehre retten, will ihnen sagen, mein schönlockiger Hamish sei von dem Corrie Dhu[Schwarzer Schlund] in die Tiefe gestürzt, deren Grund noch keines Menschen Auge erblickt hat. Ja, Hamish, das will ich ihnen sagen, und damit sie mir glauben, will ich deinen Plaid auf die Dornen werfen, die am Rande der Schlucht wachsen; glaube mir, Hamish, sie werden es glauben und werden zu der Doppelkuppe des Dun zurückkehren, denn wohl mag die Trommel der Sachsen den Lebenden zum Tode rufen, nicht

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