Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Großvaters eingegangen sei.
Diese Verzögerung schien Richard mit größerer Geduld hinzunehmen, als seinem Charakter zu entsprechen schien. Er fragte nicht, sprach keine Vermutungen aus und ließ durch nichts erkennen, daß es ihm um eine Beschleunigung der Angelegenheit zu tun sei. Er schien mit Geduld abwarten zu wollen, wie die Dinge sich weiter entwickeln würden.
In der Tat hatte nämlich Richard selber einen Versuch gemacht, sich seinem unerbittlichen Verwandten zu nähern. Er hatte an Herrn von Moncada einen Brief voll Dankbarkeit, Liebe und kindlicher Ergebung gesandt und um die Erlaubnis gebeten, persönlich mit ihm zu korrespondieren, indem er versprach, sich in jeder Einzelheit nach dem großväterlichen Willen zu richten.
Die Antwort war, daß der Brief zurückgeschickt wurde. Die Sendung enthielt nur ein Anschreiben des Bankiers, durch den der Brief versandt worden war, mit der Bemerkung, daß Herr von Moncada jede weitere Geldsendung oder irgendwelche Unterstützung unterlassen und einstellen werde, sobald noch ein einziger Versuch gemacht würde, sich ihm aufzudrängen.
Sechstes Kapitel.
Lange Zeit hatten die beiden Lehrkameraden in dieser beiderseitigen Stimmung nicht miteinander geredet. Eines Abends ersuchte nun Adam Hartley seinem bisherigen Verhalten entgegen seinen Gefährten um eine Unterredung.
»Ich hätte gern mit dir gesprochen, Middlemas«, sagte er. »Ich fürchte nur, ich störe dich.«
»Durchaus nicht,« sagte der andere, die Hacke niederlegend, mit der er in dem kleinen Kräutergarten des Arztes arbeitete. »Ich habe nur etwas Unkraut ausgejätet, das nach dem letzten Regen stark emporgewuchert ist, und stehe dir jetzt zur Verfügung.«
Hartley ging nach einer nahen Bank und setzte sich. Middlemas folgte seinem Beispiel.
»Ich habe soeben eine wichtige Unterredung mit Herrn Gray gehabt«, begann Hartley nach einer Pause. Man merkte ihm an, daß ihm nicht sehr leicht fiel, was er sich vorgenommen hatte.
»Ich hoffe, ihr seid zu einem beide Teile befriedigenden Einverständnis gelangt«, warf Middlemas hin.
»Darüber magst du selber urteilen«, fuhr Adam fort. »Doktor Gray hatte die Güte, sich über meine Fortschritte in meinem Berufe sehr lobend auszusprechen, und hat mir zu meinem nicht geringen Erstaunen die Frage vorgelegt, ob ich, da er doch jetzt alt würde, willens wäre, in meiner gegenwärtigen Stellung noch zwei Jahre zu bleiben und zwar gegen ein entsprechendes Salär. Ich solle dann nach Ablauf dieser Zeit sein Teilhaber werden.«
»Herr Gray hat allein das maßgebende Urteil,« sagte Middlemas, »wer sich am besten zum Assistenzarzt für ihn eignet. Die Praxis bringt jährlich 200 Pfd. ein, und ein fleißiger Assistenzarzt, der die Praxis bis nach Strath-Devan und Carse ausdehnen kann, vermag am Ende die Einnahme zu verdoppeln. Aber selbst dann ist sie noch recht mäßig, wenn sie in zwei Teile geht,«
»Das ist aber noch nicht alles«, fuhr Hartley fort. »Der Doktor sagte ferner noch – er hat mir vorgeschlagen – kurz, er hat mir angeboten, ich solle in diesen zwei Jahren um die Gunst des Fräulein Gray werben und dann nicht nur sein Teilhaber, sondern auch sein Schwiegersohn werden.«
Bei diesen Worten sah er Richard fest ins Gesicht, der für einen Augenblick die Fassung zu verlieren schien. Aber dieser hatte sogleich die Kaltblütigkeit wieder erlangt und antwortete in einem Tone, in welchem sich Ärger und gekränkter Stolz vergebens unter erkünstelter Gleichgültigkeit zu verbergen versuchten:
»Ei, zu dieser patriarchalischen Ordnung deiner Angelegenheiten kann ich dir nur Glück wünschen. Fünf Jahre lang hast du gedient um dein Doktordiplom – zwei Jahre wirst du nun dienen um das Töchterlein des Doktors. Sicherlich – doch es ist vielleicht unartig von mir, danach zu fragen – sicherlich hast du das schmeichelhafte Anerbieten angenommen.«
»Du bedenkst nicht, daß eine Bedingung daran geknüpft wurde. Schon lange, Middlemas, habe ich den Verdacht gehegt, daß du den unschätzbaren Vorteil hast, Fräulein Grays Zuneigung erworben zu haben.«
»Ich?« fiel ihm Middlemas ins Wort. »Du scherzest oder bist eifersüchtig. Du traust dir selber zu wenig zu und mir mehr als zuviel.«
»Du solltest dir selber sagen,« versetzte Hartley, »daß hier von Vermutungen oder von dem, was du Eifersucht nennst, nicht die Rede ist. Ich sage dir offen, Marie Gray hat mir selber ihre Liebe zu dir eingestanden, denn ich habe sie natürlich von meiner
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