Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Unterredung mit ihrem Vater in Kenntnis gesetzt. Ich sagte ihr, ich sei freilich überzeugt, daß ich zurzeit noch nicht den Platz in ihrem Herzen hätte, der allein mir das Recht geben könnte, sie zu bitten, daß sie sich dem anschlösse, was ihr Vater mir angeboten habe. Ich ersuchte sie aber, sich nicht vorschnell zu meinen Ungunsten zu entscheiden, denn ich hegte die Hoffnung, daß die Zeit und die Dienste, die ich ihrem Vater erweisen würde, eine Änderung zu meinen Gunsten bewirken würden.«
»Ein ganz natürliches und sehr bescheidenes Ansuchen; was hat die junge Dame dir geantwortet?«
»Sie ist ein Mädchen von edler Gesinnung, Richard Middlemas,« erwiderte Adam. – »Ich kann nicht genug die jungfräuliche Bescheidenheit preisen, mit der sie mir sagte, sie kenne zu wohl meine Herzensgüte – dies waren ihre eignen Worte – als daß sie es über sich gewinnen könne, mir die Pein einer unerwiderten Liebe zu verlängern. Sie erklärte mir nun aufrichtig, daß sie schon geraume Zeit heimlich mit dir verlobt sei, daß ihr euch gegenseitig eure Bilder geschenkt hättet. Und wenn sie auch niemals ohne die Einwilligung ihres Vaters dir die Hand geben werde, so sei es ihr doch unmöglich, ihren Gefühlen soweit Zwang anzutun, daß sie jemals einem andern Hoffnung auf Erfolg machen könne.«
»Das muß ich sagen,« rief Middlemas, »sie ist sehr aufrichtig, und ich bin ihr sehr verbunden.«
»Und das muß ich sagen, Middlemas,« versetzte Hartley, »du tust Fräulein Gray unrecht, ja du bist undankbar gegen sie, wenn du dich darüber ärgerst, daß sie mir das vertraut hat. Sie liebt dich, wie nur ein Weib bei ihrer ersten Liebe lieben kann – sie liebt dich mehr, als....«
Er brach ab, und Middlemas vollendete seinen Satz:
»Mehr als ich verdiene, nicht wahr? Das kann schon sein – doch ich habe ihre Liebe nicht unerwidert gelassen. Du mußt aber einsehen, daß das Geheimnis unserer Liebe ebensowohl mir als ihr gehörte, und daß es wohl besser gewesen wäre, sie hätte mich zuvor um Rat gefragt, ehe sie es einem Dritten verriet.«
»Middlemas,« sagte Hartley voller Ernst, »wenn du auch nur im geringsten die Besorgnis hegst, daß dein Geheimnis in meinem Besitz nicht sicher sei, so kann ich dir mein Wort darauf geben, meine Dankbarkeit für Fräulein Gray dafür, daß sie mir ein so zartes Geheimnis mitgeteilt hat, um mir Schmerz zu ersparen, ist so groß, daß ich mir eher von wilden Pferden ein Glied nach dem andern abreißen lasse, ehe ich mir auch nur die geringste Silbe abzwingen ließe.«
»Nun, mein lieber Freund,« sagte Middlemas mit einer offnen Herzlichkeit, wie sie zwischen beiden lange Zeit nicht mehr zum Ausdruck gekommen war, »du darfst es mir nicht verübeln, wenn auch ich ein wenig eifersüchtig bin. Wer ein echter Liebhaber ist, muß zuweilen auch ein bißchen verrückt sein, und auf alle Fälle muß es mich seltsam berühren, daß sie jemand zu ihrem Vertrauten macht, den ich selber für einen heftigen Rivalen gehalten habe. Es ist aber die höchste Zeit, daß wir die alberne Kälte fallen lassen, die wir in letzter Zeit gegeneinander beobachtet haben. Denn, wie du begreifen wirst, ist die eigentliche Ursache dazu eben unsre Nebenbuhlerschaft gewesen. Nun aber bedarf ich eines guten Rates, und wer könnte mir da einen bessern geben, als der alte Kamerad, den ich stets um sein gesundes Urteil beneidet habe.«
Hartley ergriff Richards Hand, doch nicht mit der gleichen zwanglosen Herzlichkeit, wie sie ihm hingereicht wurde.
»Ich habe nicht die Absicht,« sagte er, »noch lange hier zu bleiben, und in ein paar Stunden, denke ich, ist mein Bündel geschnürt. Wenn ich dir bis dahin noch einen guten Rat erteilen oder dir sonst einen Dienst erweisen kann, so soll das von Herzen gern geschehen. Das ist ja die einzige Art, wie ich Marie Gray noch zu Diensten sein kann.«
»Nun sieh, du bist sozusagen nur Zuschauer, willst du nicht uns, die wir die Schauspieler sind, die unglücklichen Darsteller, deine Meinung sagen, was du über dieses unser Spiel denkst?«
»Wie kannst du eine solche Frage an mich richten, da ein so schönes Feld sich dir eröffnet? Sicherlich wird Herr Gray unter denselben Bedingungen, wie er sie mir gemacht hat, dich als Assistenzarzt behalten. Du bist nebenbei auch eine bessere Partie für seine Tochter, denn du hast etwas Geld, so daß dir fürs erste der Weg geebnet ist.«
»Das stimmt freilich, nur vermute ich, ich habe in dieser Hinsicht bei Herrn Gray
Weitere Kostenlose Bücher