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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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dass sie sich hier auf einen Streit einließen, der zu lange währen würde. Dafür hatten sie keine Zeit.
    » Ich gehe nach Turvite«, sagte sie. »Ash kommt mit mir.«
    Acton warf Ash einen Blick zu und sah, dass dieser zustimmend nickte.
    »Und ohne Ash , o Herr des Krieges«, fuhr sie fort, »kannst du nicht sprechen.«
    »Die Götter sind nicht die einzigen Mächte in diesem Land«, sagte Baluch, als wäre er sich seiner eigenen Worte
nicht sicher. »Wir hatten uns alle darauf geeinigt, Acton als Führer zu folgen …«
    »Nein«, unterbrach ihn Bramble. Sie stellte sich Acton entgegen und sah ihm direkt in die Augen. »Ich gehöre nicht zu deinen Gefolgsleuten. Das werde ich nie.«
    Er lächelte sie an, schenkte ihr jenes schiefe Lächeln, das schon so viele Herzen hatte schmelzen lassen. Doch ihr Herz schlug weiter gleichmäßig. Die Spechtmeisen, die auf dieser Waldwiese nisteten, riefen einander zu; es war ein Alarmruf in Anbetracht der lauten Menschen. Bramble hatte gesehen, wie sie nisteten und jedes Jahr ihre Jungen großzogen. Das hier war der Ort, an dem sie, Bramble, immer am stärksten gewesen war, am meisten mit sich im Frieden. Dort, wo sie wusste, wer sie war und wer nicht.
    Acton starrte ihr in die Augen, und sie sah, wie sich sein Gesicht allmählich veränderte. Der warme Ausdruck wich einem finsteren Blick und dann noch etwas anderem. Sie musste an das Gesicht des alten Swith denken, während sie ihm die Schwellungen an seinen arthritischen Händen wegmassierte – es war eine Mischung aus Vergnügen und Schmerz. Das hier jedoch ging tiefer als alles, was Swith jemals empfunden hatte. Sie hatte den Eindruck, als flackerten Actons Augen in dem lebendigen Blau, an das sie sich erinnerte, als habe, nur für einen Moment, der Lebende durch die Augen des Geistes geschaut.
    Seine Miene wies eine Mischung aus Begeisterung und Verlust auf, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich so schnell, dass sie nicht sicher war, ob sie es überhaupt richtig mitbekam. Ihr Herz schlug schneller, und sie errötete.
    Er wandte sich eine ganze Weile von ihr ab, so als wolle er seine Gelassenheit zurückgewinnen. Dann trat er ihr gegenüber und lächelte. Es war nicht das täuschende Lächeln. So hatte sie ihn noch nie lächeln gesehen – weder als Lebender
noch als Toter. Es war ein Lächeln, das Bedauern über etwas Verlorenes ausdrückte. Etwas Wertvolles. Bedauerte er, dass sie ihm nicht folgen würde? War der Verlust, den er spürte, der Verlust seines Lebens? Seiner Lebendigkeit? Sie vermochte es nicht zu sagen, doch es schien ihr, als wäre er in diesen letzten Minuten älter geworden, und sie hatte den Eindruck, als durchbohrte ein Speer ihr Herz und beraubte sie ihres Atems. Seine Augen waren nun wieder blass. Er war tot, und daran musste sie sich erinnern.
    Acton wandte sich Ash zu und deutete auf seinen Mund.
    »Sprich«, sagte Ash fast flüsternd, als habe auch er etwas gesehen, das ihn bewegte.
    »Wir müssen zuerst die Verteidigung dieses Ortes hier aufbauen«, sagte Acton energisch.
    Sie nickte, unfähig, etwas zu sagen. Ja, das stimmte, dachte sie. Selbst die Götter würden das wollen. Erleichterung überflutete sie, denn damit würden sie ihre Eltern schützen, zumindest so gut sie es vermochten, bevor sie weiterzogen.
    »Wir werden mit meiner Familie beginnen«, sagte sie. »Sie sind es gewöhnt, dass Wanderer und Blonde zusammenarbeiten.«
    »Also gehen wir«, sagte Ash.

    Obwohl die Häuser alle verrammelt waren, hatten die Läden um den Marktplatz ihre Tresen wie immer für das abendliche Geschäft hergerichtet. Wooding hatte einen großen Marktplatz, da es die Ortschaft des Kriegsherrn war. Sie hielten am Rand des offenen Platzes an, unsicher, ob sie Aufmerksamkeit erregen sollten oder nicht. In jeder anderen Stadt war Acton einfach auf den Marktplatz marschiert, aber hier … In der Stadt eines Kriegsherrn war es ein anderer Fall, und selbst Acton schien sich dessen bewusst zu sein. Nach Medrics Tod, so dachte Bramble, wollte er weder sie
noch die anderen in Gefahr bringen, indem er übertrieben selbstbewusst auftrat.
    »He!«, rief eine Stimme. Sie setzten sich in Bewegung, und Acton zog sein Schwert. Er hatte die Waffe des Sergeants behalten und wirkte mit einer Waffe in seiner Scheide glücklicher.
    Wie sich herausstellte, hatte ein Gefolgsmann des Kriegsherrn einen Laib Brot von einem Stand genommen, und dessen Betreiber, ein noch sehr junger Mann, protestierte dagegen. »Der Sohn des

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