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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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durch sein dunkelblondes Haar und legte die Stirn in Falten. »Jemand muss eine Depesche
verschickt haben, um eine Versammlung der Kriegsherren einzuberufen. Sie wird wie immer in Turvite abgehalten.«
    In seiner Stimme hörte sie einen Ton, den sie zuvor noch nicht vernommen hatte, eine Mischung aus Skepsis und Widerwillen. »Magst du den Rat nicht?«
    Es war dreist von einer Gewöhnlichen, einen Kriegsherrn so etwas zu fragen, aber das schien ihm gar nicht weiter aufzufallen. Er behandelte sie offenbar wie eine Ebenbürtige. Sie stellte fest, dass sie ihn ständig auf diese Weise auf die Probe stellte, um ein für alle Mal herauszufinden, ob er wirklich an Werte glaubte oder nur die Worte mit den Lippen formte. Er war nie an der Probe gescheitert, nicht einmal ein bisschen, kein einziges Mal. Sie sollte damit aufhören.
    Er umging die Frage. »Ich bin nicht zur Politik erzogen worden. In der Last Domain ist das anders. Unser Land ist so abgeschieden, dass wir uns alle gemeinsam damit beschäftigen. Es gibt einige wenige Offiziersfamilien, und die meisten von ihnen haben Mischehen mit Kaufleuten, Bauern und sogar Handwerkern geschlossen. Wir bestehen nicht so sehr auf Zeremonien.«
    Martine stellte sich vor, wie es sein musste, vor diesem Hintergrund an einer Versammlung der Kriegsherren mit ihren starren und peinlich genauen Verhaltensregeln, ihrer exakten Bewertung von Status und Wert teilzunehmen … Und er war noch so jung, viel jünger als die anderen Kriegsherren, von denen sie gehört hatte.
    Sie glitt mit der Hand unter seinen Arm und zog ihn zärtlich an sich. Es war die spontanste Geste der Zuneigung, die sie ihm in der Öffentlichkeit bislang hatte zuteilwerden lassen. »Du lässt dich lieber nicht mit mir blicken«, sagte sie. »Ich würde dir dein Ansehen vollständig ruinieren.«
    Er verstummte und mied ihren Blick. Sie begriff, dass
dies etwas war, über das er bereits nachgedacht und dazu einen Beschluss gefasst hatte. Ihr Mund wurde ganz trocken. Dies war der Moment, in dem er sagen würde: »Es tut mir leid, aber du hast Recht …« Denn in Wahrheit konnten ein Kriegsherr und eine Wandrerin einfach nicht zusammen sein, und diese Zeit auf dem Schiff war gestohlene Zeit gewesen, honigsüße Zeit, wie Sommertage in der Kindheit, die ewig zu währen schienen, aber mit der Dunkelheit enden mussten.
    Er hob ein kurzes Seil auf, das auf einem Fass vor ihnen lag, und fing an, es in seinen Händen zu verdrehen, so als benötige er einen Grund, sie nicht anzuschauen.
    In diesem Moment erkannte sie, dass sie ihn wirklich liebte. Denn statt wütend darüber zu sein, wollte sie es ihm leichter machen, auch wenn sich ihr Herz dabei so anfühlte, als zerbreche es in zwei Teile.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte sie und ließ seinen Arm los. »Ich verstehe. Du hast eine Aufgabe zu erfüllen. Die Versammlung ist wichtiger …«
    Er wandte sich ihr zu und sah sie an. Dann ergriff er ihre Hand, wobei er seine Lippen störrisch zusammenpresste.
    »Ich werde dich nicht verleugnen«, sagte er wütend. »Wenn das, was wir im Norden aufbauen, irgendetwas bedeutet, dann darf ich dich nicht verleugnen. Sollen sie doch reden, was sie wollen – ich bin der Kriegsherr, ich tue, was mir beliebt.«
    Überrascht starrte sie ihn einen Moment lang an. Dann fing sie an zu lachen, lachte hilflos, bis sie keuchend auf Deck zusammensank. Verwundert schaute er sie an.
    »Willst du Arroganz mit noch größerer Arroganz begegnen?«, brachte sie schließlich hervor. »Gleichheit schützen, indem du Respekt für deine Stellung einforderst?«
    Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, und in einer
Parodie auf einen stolzen Offizier hob er den Kopf. »Genau«, sagte er, jede Silbe übertreibend. »Haar-ge-nau.«
    »Hoffen wir nur, dass es funktioniert«, sagte sie.
    Er starrte sie an, als wäre er plötzlich unsicher, und ließ das Seil durch die Hände gleiten. »Also … wirst du dich an meine Seite stellen?«
    Das war nicht ge-nau, nicht haar-ge-nau ein Heiratsantrag, und das war auch gut so, denn sie war noch nicht bereit dafür. Aber es war etwas Großes, eine wichtige Frage. Es würde ihr Leben für immer verändern. Sie sollte noch einmal in aller Ruhe darüber nachdenken, bevor sie ihm eine Antwort gab.
    »Natürlich werde ich das«, antwortete sie.

Leof
    Leof schlug so frühzeitig Alarm, dass noch einige Bewohner von Sendat fliehen konnten. Aber nicht alle. Nicht einmal die Hälfte.
    Die Geister jagten nicht denjenigen hinterher, die

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