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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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verschwand die Sonne.
    Einen Moment, nur einen Moment lang musste sich Saker eingestehen, dass ein Teil von ihm hoffte, es habe nicht funktioniert und sie würden nicht weiterhin Tag für Tag auf die Suche nach Blut gehen müssen, Opfer bringen.
    Saker wartete einen Herzschlag, dann zwei, drei. Die
Geister hörten auf, sich zu bewegen, und wandten ihre Gesichter gen Westen. Doch sie verblassten nicht.
    Sein Vater klopfte ihm auf die Schulter und lächelte. Owl nickte ihnen beiden zu, seine Miene erfüllt von Genugtuung.
    Alder deutete auf das Land und breitete die Arme weit aus, woraufhin Saker grinste.
    »Ja«, sagte er, »wir werden es uns alles zurückholen. Mit Turvite fangen wir an.«

    Wie wunderschön es doch war, endlich offen mit jemandem sprechen zu können – ehrlich zu sein, ganz man selbst. Saker versuchte, sich an eine Situation zu erinnern, bei der er zum letzten Mal hatte die Wahrheit sagen können. Wahrscheinlich, als er diese Offizierstochter vor Freite gewarnt hatte. Das war lange, lange her.
    Er sagte es Oak während eines Abendessens aus leckerem Ziegenbraten und Karotten, Erdbeeren aus dem Garten, geronnenem Rahm und Honig. Es verschaffte ihm große Befriedigung, auf dem Stuhl des Kriegsherrn zu thronen und Honigwein aus einem echten Glaskelch zu trinken.
    Und die Landnahme mit einem Freund des alten Bluts zu besprechen, war eine Freude, nach der er sich sehr lange gesehnt hatte.
    »Turvite ist der Schlüssel«, sagte er und beugte sich vor, um Oaks Glas noch einmal zu füllen. »Das war es schon immer, und deshalb wollte Acton es auch.«
    Oak nickte nachdenklich. »In Turvite leben eine Menge Menschen.«
    »Es ist die einzige Möglichkeit. Andernfalls formieren sie sich neu und nehmen es uns wieder ab. Nur wenn wir sie auslöschen, kann unser Volk in Frieden und Überfluss leben.«

    »Es gibt aber auch gute Menschen, in deren Adern Actons Blut fließt«, erwiderte Oak.
    »Dann sag mir, wie ich sie von den anderen unterscheiden soll, und ich werde sie verschonen«, äußerte Saker höhnisch. »Ich habe schon darüber nachgedacht, Oak. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    Oak wirkte nachdenklich und trank den Rest aus seinem Glas.
    »Schlaf ein wenig«, sagte Saker. »Morgen stehen wir früh auf.«
    Er schlief im Bett des Kriegsherrn, das immer noch nach der Lady roch – Gardenien und Rosen. Saker träumte von Gärten, die von Windgeistern verwüstet worden waren, und wachte in der Stunde vor der Morgendämmerung mit jenem hohen, unheilvollen Schrillen in den Ohren auf, bereit dazu, seiner Armee mehr Blut zur Verfügung zu stellen. Doch als er in dem grauen Licht auf den Appellhof trat, hatten Owl und sein Vater bereits zwei Opfer ausbluten lassen, ein blondes Milchmädchen und einen Sattler.
    Saker sah dem Zeremoniell mit einem zunehmend flauen Gefühl im Magen zu. Sie hatten sich nicht die Mühe gemacht, zu den Göttern zu beten, und niemand gemahnte die Geister an Blut und Erinnerung. Es lief weit geschäftsmäßiger ab als am Vortag, mit zwei ordentlichen Reihen, sodass niemand drängeln musste, um seinen Anteil zu bekommen. All das war ohne ihn organisiert worden.
    Als der Sattler tot zu Boden sackte, bemerkte Saker aus den Augenwinkeln heraus, wie sich etwas bewegte – eine große, geschmeidige Gestalt. Er wirbelte herum und machte den Mund auf, um Alarm zu schlagen, aber nun war nichts mehr zu sehen außer einer im frühmorgendlichen Wind zitternden Espe. Auch Saker zitterte. Es war eine optische Täuschung gewesen, mehr nicht.

    Seine Armee machte sich abmarschbereit.
    Zum ersten Mal fragte er sich, ob er wohl die Macht besaß, den Zauber zu brechen und die Geister wieder zurück ins Grab zu schicken.

Ash
    Unmittelbar nach Sonnenaufgang brachen die Männer des Kriegsherrn beide Türen auf. Sie kamen in zwei Gruppen und schrien: »Heraus mit euch, alle!« Sie rissen Ash aus dem tiefsten Schlaf, den er seit Oakmere gehabt hatte. Er war jedoch schlagartig wach, rollte sich aus dem Bett und sprang aus dem Fenster hinaus. Doch sie standen auch draußen und ergriffen ihn unsanft und zerrten ihn um das Haus herum zur Eingangstür, wo ihr Offizier wartete.
    Er war vernünftig genug, keinen Widerstand zu leisten. Sie warfen ihn zu Boden, und er rollte sich ab, um sich auf die Knie zu hocken, die Hände für alle Fälle bereit. Aber es waren wenigstens zehn Männer, und er hatte keine Chance. Sie hielten Sauspieße und Bögen in den Händen, zudem Schwerter. Er selbst trug nicht einmal sein

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