Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
Vom Netzwerk:
die aus Sendat flohen. Jedenfalls hoffte er, dass genug Leute entkommen waren, um die Straße zu füllen. Andernfalls hätte sein Verrat an seinem Herrn nichts Gutes bewirkt.

Saker
    Sein Name war Oak. Er hatte etwa das gleiche Alter wie er, war dunkelhaarig und breitschultrig, mit grauen, glühenden Augen.
    »Ich will mich dir anschließen«, sagte er. »So sollte das alles nicht sein.«
    Saker nickte. Oak erzählte von den Leichen – Leichen mit so dunklem Haar wie das seine, Menschen, die von Thegans Männern abgeschlachtet worden waren, die meisten von den Pfeilen der Bogenschützen niedergestreckt. Sie wurden nun von einigen Geistern zusammengetragen und ehrerbietig für das Begräbnis vorbereitet. Die Rosmarinbüsche in den Gemüsegärten waren fast ganz heruntergeschnitten worden, und sie hatten eine Gruppe in den Buschwald schicken müssen, um noch mehr Kiefernzweige zu sammeln.
    »Wir wollen alle kämpfen. Zurückholen, was unser war.«
    Hinter Oak stand eine Gruppe von etwa dreißig Personen. Es waren alles Wanderer, die sie aus der Scheune hatten retten können. Allerdings hatte Oak ihnen berichtet, einige seien entkommen, bevor die Geister die Mauern gestürmt hatten.
    Saker war von einem Hochgefühl erfüllt. Das war das, was er sich erhofft hatte, von dem er geträumt hatte: dass sein Volk sich ihm im Kampf anschließen würde. Lebende Kameraden, die für Gerechtigkeit kämpften.

    Tränen traten ihm in die Augen. »Ihr seid willkommen«, sagte er. Er hakte sich bei Oak ein, und dann wandten sie sich den anderen zu, einer gemischten Gruppe, Männer wie Frauen in jedem Alter von fünfzehn bis sechzig. »Wir haben die Halle des Kriegsherrn eingenommen. Geht dorthin und holt euch zu essen und zu trinken. Morgen werden wir unsere Toten begraben. Und dann marschieren wir los.«

    Im roten, ersterbenden Licht der Dämmerung standen sie im Appellhof beieinander und benutzten einen der Männer des Kriegsherrn, einen jungen Offizier namens Wil, um das Blut zu bekommen, das sie brauchten. Oak hatte ihn im Dachstuhl der Scheune aufgespürt, wo er sich versteckt hatte.
    »Blut und Erinnerung«, sagte Saker, während er das Messer führte. Dabei bemühte er sich, nicht an Freite mit ihrem Messer zu denken, und redete sich ein, dass dies nichts anderes war, als in einer Schlacht zu töten. Es war das erste Mal, dass er mit eigenen Händen einen Menschen tötete. Der Mann war in seinem Alter, und eine Laune der Natur hatte ihm ebenfalls haselnussbraune Augen gegeben. Er kniete, ohne jedoch um sein Leben zu flehen, und er hielt den Kopf hoch. Doch als Saker das Messer erhob, weiteten sich seine Augen.
    »Götter des Feldes und des Wasserlaufs«, begann er, »Götter des Himmels und des Windes, Götter der Erde und des Felsens …«
    Ungeduldig riss sein Vater ihm das Messer aus der Hand und schlitzte dem jungen Mann damit den Arm auf. Das Blut sprudelte heraus, nicht pulsierend, sondern als ein fortwährender Fluss. Es würde lange genug fließen, dass jeder Geist davon schmecken oder es berühren konnte oder was immer ihm beliebte.

    Erneut vernahm Saker nun am Rande seines Hörvermögens jene dünne, hohe Totenklage, die er während der Erweckung der Geister in dem Buschwald gehört hatte. Niemand sonst, nicht einmal sein Vater, hörte es offenbar. Es gibt noch andere, dessen Knochen ich nicht gefunden habe, dachte er, und die ihnen zuschauten und sich ihrem Kampf anschließen wollten. Es war ihr Kummer, den er hörte, als der Zauber begann.
    Alder tauchte einen Finger in das Blut des Mannes und zeichnete sich damit eine Linie auf die Stirn. Sie hob sich erstaunlich dunkel von seiner blassen Haut ab. Owl tat es ihm gleich.
    Saker schluckte. Sein Vater hätte es ihm überlassen sollen, mit dem Messer zuzustechen. Doch er sagte nichts, sondern wandte sich den Geistern zu, die für ihre Portion Blut anstanden.
    »Blut und Erinnerung«, sagte er zu ihnen. Die meisten entschieden sich dazu, ihr Gesicht zu markieren wie Alder, einige jedoch bückten sich und leckten an dem Blutstrom. Der Offizier erschauderte bei jeder Berührung.
    Es waren Hunderte, und am Ende, als die Sonne fast hinter dem Horizont verschwunden war, drängten sich die Letzten darum, ihren Anteil einzufordern, sodass der Mann erst in die eine, dann in die andere Richtung gezerrt wurde, während sein Blut nutzlos auf dem Boden verschmiert wurde. Er stöhnte auf und verlor das Bewusstsein. Sein Gesicht war inzwischen so blass wie das ihre.
    Und dann

Weitere Kostenlose Bücher