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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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so, als hätte sie eine Frage beantwortet, die wir nie zu stellen gewagt hatten, und diese Antwort war zugleich schmerzhaft und schön.
    Dass Rumer angeboten hatte, für mich zu sterben, nun, das ist leicht nachzuvollziehen. Sie ist mein Zwilling. Natürlich wären wir füreinander gestorben. Und vielleicht würden andere sagen, nun, sie war eure Mutter, natürlich würde sie für euch sterben. Aber ich sage euch, es war ein Schock für uns beide. Das war nichts, das ich jemals vorhergesehen hätte. Um die Wahrheit zu sagen, glaube ich nicht einmal, dass ein Steinedeuter es je hätte voraussagen können.
    Was ich wissen will, ist Folgendes: Was hat die Kapitänin in Mamas Augen gesehen, das sie nicken ließ? Ich glaube nämlich nicht, dass wir es je gesehen haben, und wenn ich mir etwas wünsche, dann das: diese Augen zu sehen, um zu erfahren, ob es Liebe war, das sie ein Opfer bringen ließ. Oder etwas anderes.

Leof
    Sie verließen den Bauernhof und brachten so viele Meilen hinter sich, wie sie nur konnten. Doch es war sinnlos. Die Götter allein wussten, wohin die Windgeister mit ihrem Zauberer geflogen waren. Und in der Dämmerung würden die Geister verblassen, wenn es wie in Spritford und Carlion verlief.
    Eine Stunde vor Sonnenuntergang befahl Leof seinen Männern, umzukehren und gen Sendat zu reiten. Erschöpft lenkten sie ihre Pferde in Richtung ihres Zuhauses. Es war ein Zeichen für die Fähigkeit dieser drei Männer, dachte Leof, dass sie selbst nach all den beunruhigenden Geschehnissen des Tages zielsicher die Festung in Sendat ansteuerten. Das war eine der ersten Regeln gewesen, die sein Vater ihn gelehrt hatte – immer zu wissen, wo man war, immer zu wissen, wohin man sich, wenn nötig, zurückziehen konnte, damit man in der Hitze der Schlacht nicht die Orientierung verlor und dadurch in die falsche Richtung lief, wenn man schon fliehen musste.
    Obwohl er diesen Ratschlag stets befolgt hatte, war heute der erste Tag gewesen, an dem er ihn wirklich benötigte. Heute hatte sich Thegan zum ersten Mal überhaupt zurückgezogen. Leof dachte darüber nach, wie wütend sein Herr sein würde, wenn sie mit leeren Händen zurückkommen würden. Sie schwiegen auf ihrem Nachhauseweg, und
er vermutete, dass die anderen das Gleiche dachten und sich fragten, wie Thegan sie wohl aufnehmen würde. Leof war tief betrübt darüber, dass er nicht mit dem Zauberer als Gefangenem zurückkehrte. Thegan hatte sein Leben riskiert, um Leofs zu retten, damals, in Bonhill, und die einzige Möglichkeit, es wiedergutzumachen, bestand darin, sich den Zauberer vorzunehmen. Daran war er gescheitert, und dies lastete so schwer auf ihm wie nichts anderes zuvor. Sein Herr würde zornig sein, und dies mit Recht.
    Doch als er gleich nach dem Abendessen in die Halle von Sendat ging, warf Thegan nur einen einzigen Blick auf sein Gesicht, und obwohl er den Mund verkniff, bedeutete er Leof mit einer gelassenen Handbewegung, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen. Auf Thegans Zeichen hin erhob sich Sorn und folgte ihnen. Leof spürte, wie ihm das Herz leichter wurde und zugleich verkrampfte. Sie zu sehen, war ein Geschenk der Götter, aber auch eine Gefahr, da Thegan zugegen war.
    »Kein Glück gehabt?«, fragte sein Herr.
    »Wir haben ihn gefunden, sind ihm gefolgt. Wir wollten ihn mit einem Pfeil niederstrecken, aber die Windgeister fuhren dazwischen. Dann haben wir ihn und die Geister auf einem Bauernhof gestellt – die Menschen dort haben sie umgebracht -, und ich ritt auf ihn zu, um ihn zu ergreifen. Fast hätte ich ihn gehabt, doch die Windgeister zerrten ihn in den Himmel hinauf, und wohin sie ihn gebracht haben, wissen wir nicht. Wir haben gesucht, aber sie könnten überall sein. Vielleicht sogar außerhalb der Domänen.« Er zuckte mit den Schultern. Plötzlich fühlte er sich todmüde.
    Thegan hörte ihm aufmerksam zu, und Leof wusste, dass sein Befehlshaber später, vielleicht morgen, alles noch einmal im Detail mit ihm durchgehen würde, um nach einer Schwäche zu suchen, die sie sich zu Nutze machen konnten.

    »Das genügt für den Moment«, ordnete er an. »Esst und ruht euch aus. Morgen werden wir neue Maßnahmen ergreifen.«
    Es beruhigte ihn, dass Thegan offensichtlich bereits einen Plan entwickelt hatte. Doch zugleich war es erschreckend. Was immer sie unternahmen, es würde wahrscheinlich eine Verzweiflungstat sein.
    »Dort steht etwas zu essen bereit«, wies ihn Sorn mit sanfter Stimme an. »Kommt und esst.«
    Wie im Traum

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