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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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zusammenbringt, dann bekommen sie ihre Monatsblutungen alle zur gleichen Zeit – und das führt mit Sicherheit zu Streit und Tränen und zerbrochenen und wieder gekitteten Freundschaften; oh, Rumer und ich, wir blieben in diesen Tagen immer hoch oben in der Takelage.
    Hübsche junge Männer haben uns immer gefallen, Rumer und mir, und auf der Flying Spray lernten wir auch hübsche ältere Männer mögen. Ein paar männliche Matrosen waren immer an Bord, weil es auf jedem Schiff Dinge gibt, die reine körperliche Kraft erfordern, und dafür eignen sich Männer natürlich am besten. Um das Steuerruder gegen die Strömung zu halten, bedarf es dreier Frauen, und ein Mann schafft das besser als sie. Also gab es ein paar Männer, unter denen wir auswählen konnten.
    Im Gegensatz zu den meisten anderen Frauen an Bord hatten wir keine Männer, zu denen wir nach Hause zurückkehren würden, also waren wir beliebt. Mit uns gab es keine Komplikationen, versteht ihr? Außer Essen mussten wir keine Annehmlichkeiten aufgeben. Fischeintopf kann einem bald zum Hals heraushängen.
    Aber trotz alledem war es ein schönes Leben, und wir mochten es. Mama auch. Und Papa schien glücklich bei seinen Freunden zu sein, bei der Arbeit und dabei, sich im Winter um die Kinder zu kümmern. Er machte bald Bemerkungen darüber, er wünsche sich Enkelkinder, um die er sich kümmern könne. Aber wir hatten es nicht eilig, Rumer und ich. Es hätte ein ganzes Jahr an Land zur Folge gehabt, und wir befanden uns ja erst am Anfang unserer Leidenschaft,
wo schon bei einem einzigen Tag an Land jede Minute zählte.
    Und dann … Man kann den Göttern nicht trauen. Nicht lange.
    Wir waren auf der Cormorant und hatten drei Tage zuvor Foreverfroze verlassen, als aus heiterem Himmel ein Sturm losbrach.
    Auf See herrschte eine schöne glatte Dünung vor, wir hatten einen guten Rückenwind, aber auch nicht so stark, dass sie ihre Nase eintauchte, wozu dieses Schiff neigte, wie viele Zweimaster, die aus der Werft von Mitchen stammten. Die Sonne schien. Die Möwen, die uns folgten, bekamen überhaupt nichts mit, obwohl sie doch für gewöhnlich wetterfühliger sind als wir Menschen.
    Und dann rummms ! Ein gewaltiger Windstoß, wie eine Hand, die über die Wasseroberfläche des Meers fegt und uns an der Breitseite trifft. Das Schiff taumelte und schwankte, doch den Göttern sei Dank hatten wir in diesen drei Tagen nicht viel gefangen und hatten nur leichte Segel gesetzt. Mit einer Anstrengung, die wir alle fühlten, richtete sich das Schiff wieder auf.
    Dann entstand eine Pause. Wir schrien alle durcheinander. Die Schiffseignerin war auch Steuermann, und sie wurde leichenblass und rief, wir sollten die Segel einholen. Doch es war schon zu spät. Bevor die Takler das erste Segel eingeholt hatten, traf uns der Wind.
    Und der Himmel blieb klar. Klar wie Kloßbrühe war dieser Himmel, aber der Wind kam kreischend auf uns zu und zerriss die Takelage und fegte jeden, der sich nicht irgendwie festhielt, über das Deck. Meine Zwillingsschwester und ich klammerten uns an einen Poller und aneinander, und der Wind peitschte uns Tränen in die Augen, als betrauerten wir einander bereits.

    Windgeister, dachte ich. Etwas anderes konnte es gar nicht sein.
    Und ich schluckte und sammelte Speichel, denn es heißt, wenn man Wandererblut in den Adern hat, wird Pfeifen sie bezähmen, aber wenn man einen vor Angst staubtrockenen Mund hat, kann man nicht pfeifen, sodass die meisten nie herausfinden, ob es auch stimmt.
    Dann kamen sie.
    Sie sind schwer zu beschreiben, und ich kann es nicht, aber es war, als wären sie nur halb in dieser Welt und halb noch irgendwo anders. Und sie verhöhnten uns.
    Während sie über uns schwebten, gleich über dem Achterdeck, ließ der Wind nach. Die Kapitänin kam, um sich ihnen zu stellen. Als sie an uns vorbeiging, vermied sie es, uns anzuschauen, und das war schlecht, das wusste ich.
    »Kapitänin!«, begrüßten die Windgeister sie mit ihren gellenden Stimmen. »Wir haben euch gefunden.«
    Sie sammelte Speichel, um eine Antwort über die Lippen zu bringen. Es sah so aus, als wollte sie am liebsten überhaupt nichts sagen, aber sie musste es. »Ihr habt uns gefunden.«
    Die Geister stimmten ein triumphierendes Lachen an, eher ein Geheul, das mich bis ins Mark erschauern ließ.
    »Überreicht eure Opfergabe«, sagte einer der Geister.
    Und die Kapitänin wandte sich uns zu und sah uns an.
    Mitleid lag in ihren Augen.
    Wir schauten uns verzweifelt

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