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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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alles töten konnte, was angebunden war. Doch ihm schwebte etwas anderes vor.
    Die Milchkammer war der am besten geeignete Ort. Forsch ging er darauf zu, denn je mehr Lärm er veranstaltete, desto weniger wahrscheinlich würde der Bauer herauskommen und sich ihm entgegenstellen. Auch die Milchkammer war verschlossen, doch sie ließ sich nicht von innen verriegeln, sodass er keine Mühe hatte, den Schnappriegel zu öffnen.

    Er ließ die Tür einen Spalt breit offen, sodass das Mondlicht hereinströmte. Seine Ausbeute war nicht so groß, wie er gehofft hatte, doch sie genügte: Quark und Molke, aber kein Hartkäse, den er hätte mitnehmen können, Milch in Absetzbecken, auf der sich Sahne gebildet hatte. Auf dem Trockenregal lagen Rührlöffel, sodass er sich auf einen Schemel setzte und sich bediente. Fettige Sahne, nasser Quark … Er hasste den Geruch von sauer werdendem Quark. Er brachte es nicht über sich, den Lab zu essen, der in einem Eimer einweichte. Ziegenmagen konnte man essen, das wusste er, aber selbst wenn man ihn durch und durch röstete, verschwand der Gestank nicht.
    Er hätte jemanden umbringen können für einen Laib Brot.
    Als er begriff, dass dieser beiläufige Gedanke der Wahrheit entsprach, hielt er einen Moment inne. Für einen Laib Brot, eine Hand voll Erdbeeren oder auch nur einen Mund voll Hartkäse würde er töten. Warum auch nicht, wenn die Leute doch ohnehin sterben mussten?
    Er schwankte einen Moment zwischen Bestürzung und einem Hochgefühl, das dieser Gedanke hervorbrachte. Die Hochstimmung führte ihn schließlich wieder nach draußen, um nachzuschauen, was im Küchengarten wuchs. Erdbeeren wären wirklich schön. Für alle Fälle hielt er sein Messer in der Hand.
    Was er nun brauchte, waren Taten. Stundenlang hatte er dagesessen und sich das Hirn zermartert, nach Erinnerungen, nach jedem Hinweis darauf, wie er den Zauberspruch verbessern konnte. Blut war entscheidend dabei, zu verhindern, dass die Geister verblassten, doch in welcher Beziehung es zum Rhythmus der Sonne stand, wusste er nicht.
    Beim Herumtasten stieß er auf Erbsen, die sich um Zweige rankten, und er pflückte die fast vollen Schoten ab, um sie
sich in seine Tasche zu stopfen. Die Blätter waren weich und angenehm pelzig, doch dann stießen seine forschenden Finger auf eine fette Raupe, die ein quatschendes Geräusch von sich gab.
    Ruckartig zog er die Hand zurück, ließ die Erbsen Erbsen sein und tastete sich weiter an den Reihen entlang.
    Hatten Möhren nicht dieses weiche, spitze Kraut? Hätte er jemals Zeit auf einem Bauernhof verbracht, hätte er nun eine bessere Vorstellung davon gehabt. Versuchsweise zog er daran, und als ein Schrei ertönte, glaube er zunächst, es sei die Möhre, die ihn anschrie, während er sie aus der Erde zog. Sein Magen verkrampfte sich, und er sprang zurück und ließ die Möhre fallen.
    Aber es war tatsächlich nur eine Möhre, und nun lag sie da und schien seine Furcht zu verspotten. Erneut ertönte ein Schrei. Er stammte von einem Windgeist, der sich dicht über ihm wand und krümmte. Saker verspürte das starke Bedürfnis, sich zu erbrechen, kämpfte jedoch erfolgreich dagegen an.
    »Meister!«, zischte er ihm ins Ohr. »Was sucht Ihr?«
    Dass er auf der Suche nach etwas Essbarem war, würde er nicht zugeben. Nur die Götter wussten, welche Art Nahrung sie ihm dann anbieten würden.
    »Ich suche Zutaten für einen Zauberspruch«, antwortete er. »Ein Zauberspruch, der den Geistern erlaubt, auch nach Sonnenuntergang in dieser Welt zu bleiben.«
    Jetzt konnte er den Windgeist sehen, der zuvor im Mondlicht fast unsichtbar gewesen war. Der Mond war lediglich eine dünne Sichel und beleuchtete die Kreatur von hinten, sodass es den Anschein hatte, als schaute er sie durch einen Vorhang aus unglaublich feinem Tuch an. Feiner als Seide noch und silbergrau. Einen Augenblick lang betrachtete er ihn einfach, ohne Furcht, und er erkannte seine Schönheit.
Auch Freite war auf ihre eigene Art wunderschön gewesen. Er hatte den Eindruck, als träfe dies für das Böse häufig zu.
    »Zutaten?«, fragte der Windgeist. »Was braucht Ihr mehr als Blut?«
    Freite hatte viele ihrer Zaubersprüche von den Windgeistern erhalten. So etwas wie menschliche Zaubersprüche gebe es gar nicht, hatte sie ihm einmal erklärt, an einem Tag, an dem er sie zufrieden gestellt hatte, indem er ihr all seine Kraft, die sie benötigte, gegeben hatte. Erschöpft hatte er auf einer Liege geruht, während sie voller Elan

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