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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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durch das Zimmer getobt war, jünger als am Tag zuvor, und dabei hatte sie sanft ihre Sammlung von kostbarem Glas berührt, Stück für Stück.
    »Alle Zaubersprüche sind von den Geistern gestohlen oder erhandelt«, hatte sie ihm erklärt. »Eigene haben wir keine.«
    Hoffnung keimte in ihm und wühlte ihn innerlich auf. »Blut allein genügt nicht«, sagte er zu dem Windgeist.
    »Blut und Erinnerung«, heulte der.
    »Wessen Blut?«, wollte Saker wissen.
    »Das Blut Eures Herzens, das Blut der Herzen Eurer Feinde, wen schert es? Eure Erinnerung, die Erinnerungen der Soldaten Eures Heeres, wen schert es? Nährt uns Tag und Nacht, Meister. Tag und Nacht!« Der Windgeist schrie gellend auf vor Vorfreude und schnellte dann in einer fontänenartigen Bewegung empor, die Saker schon so häufig gesehen hatte und so abgrundtief fürchtete.
    Sein Herz hämmerte. Blut und Erinnerung. Vor seinem geistigen Auge ging er den Zauberspruch noch einmal durch. Ja. Beim Beginn des Zauberspruchs überschwemmten ihn stets die Erinnerungen. Er hatte nur nicht begriffen, wie wichtig sie waren. Er lächelte.

    Blut und Erinnerung. So hatten sie eine Möglichkeit, den Zauberspruch zu erneuern – ihn fortwährend zu erneuern.
    Seine Geister waren Wesen der Erinnerung. Und Blut würden sie finden. Fontänen aus Blut.

Ash
    Er konnte mit den Augen des Flusses sehen, die gar keine Augen waren. Jeder Riss im Fels, in dem einst Wasser geflossen war, war für den Fluss deutlich, jede Öffnung, in die sie gelangen konnte, war eingezeichnet, und war sie nur splittergroß. Der Fluss kannte die Höhlen, wie sein Vater seine Flöte kannte; wo der Fluss erklang, war Instrument, Zuhause und lange Vertrautheit.
    »Zerschlage die Höhle«, sagte Ash zum Fluss. »Zerbrich sie wie ein Ei.«
    War es zu viel verlangt zu fordern, dass sie diese lang gehegte verzauberte Höhle vernichtete? Baluch und er warteten mit angehaltenem Atem und klopfendem Herzen, während sie die Noten summten, mit der sie um Hilfe baten. Die Antwort erfolgte nicht in Worten.
    Sie lachte. Es klang ungestüm, lebendig und war nicht aufzuhalten; die willkürliche, unbezähmbare Kraft der Flut brach los, sich an Zerstörung ergötzend, mit Wandel verbunden. Der Fluss lachte und schwoll an.
    Dabei wirbelte sie um sie beide herum, glitt wie eine Vertraute zwischen ihre Kleider und ihre Haut, schaurig kalt und hob sie an, doch nie so heftig, dass sie ihr Gleichgewicht verloren. Sie wogte an ihnen vorbei, während die Strömung zunahm, sich der ruhige Lauf des Flusses in tosende Gewalt verwandelte, wie ein Speer auf die Spalte gerichtet, wo der
Fluss in der Höhlenwand verschwand. Wie ein Speer, wie ein Keil zum Hacken von Hartholz, wie die Axt selbst.
    Sie ließ das Wasser nicht zu breit fließen, wo der Fels sich ihm widersetzte; es verdichtete sich zu einer schmalen Linie, eine lang gezogene Wassersäule, eingedämmt nur von Luft und ihrem Willen, weit oberhalb der Felsen. Das Wasser schlug in Wellen in den Schlitz hinein und gegen die gegenüberliegende Wand, wieder und wieder. Das Geräusch rüttelte sie beide durch, und Ash konnte entfernt vernehmen, dass die Steinfiguren schrien.
    Sie lachte erneut auf, während der Fels sich widersetzte und mit ihm eine Art Macht in dem Fels, in der Höhle selbst, jene Macht, die die Geister von der Wiedergeburt abhielt. Er konnte sie spüren, es war die Macht des Steines selbst, so wie sie, der Fluss, die Macht des Wassers verkörperte. Die Wassergeister gehörten zu ihr und waren wie sie wunderschön und gefährlich. Die Höhlenwesen gehörten der Erde und waren wie diese unversöhnlich und unwiderstehlich. Außer gegenüber Wasser.
    Ash spürte, wie sich die Schlacht als Kribbeln unter seiner Haut aufbaute, quer durch sein Haar, das sich nun aufstellte.
    »Gib mir deine Kraft«, sagte sie, und obwohl er fand, dass sie diese nicht wirklich brauchte, nicht für diese Schlacht, war es doch seine Schlacht und daher gerechtfertigt, dass sie ihm Kraft entzog. So wie er Safred geholfen hatte, als diese Bramble heilte, ließ er ihr auf eine Art Hilfe zuteilwerden, die er selbst nicht nachvollziehen konnte. Sie genoss es und wurde stärker, ungestümer, der Fluss schwoll immer weiter an, und die Wellen schlugen immer stärker gegen den Fels, bis Ash erst spürte, dann hörte und schließlich sah, dass sie entzweibrachen wie die Hälften einer Walnuss, und wie das Sonnenlicht einfiel und sie alle blendete; die Felsen zersplitterten
krachend, und die Steine

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