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Die Hoehle der Traenen

Die Hoehle der Traenen

Titel: Die Hoehle der Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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sprangen und zersprangen mit ohrenbetäubendem Krach.
    »Danke«, sagte er zu ihr.
    Die Erde grollte, wütend und besiegt, während der Fluss säuselte: »Es ist eine alte Schlacht. Ich gewinne sie immer.«
    Im gleichen Augenblick schrien die Steinfiguren auf, warfen die Hände in die Luft und erhoben Pfoten und Schwänze, um sich vor dem Licht zu schützen.
    Als die Sonnenstrahlen die Steinfiguren beschienen, lösten diese sich in die gleiche schlammige Masse aus Wasser und Stein auf, die von Ashs Stiefeln getropft war, als das Wiesel ihn losgelassen hatte. Nur Knochen blieben übrig, als der Fels dahinschmolz, einige menschlich, einige tierisch. Das Wiesel war wirklich ein Wiesel gewesen, nach dem gebogenen Rückgrat zu urteilen, doch eines von normaler Größe. Der Ochse war ein Skelett, doch die Knochen der alten Frau waren nach wie vor mit Fleisch bedeckt. Bramble kniete sich neben sie und stützte ihren Kopf. Es schien, als hätten die Höhlen sie versteinert, bevor ihr Körper verwesen konnte.
    Durch die vom grellen Licht verursachten Tränen in seinen Augen erkannte Ash, dass sie jünger war, als der Stein sie hatte aussehen lassen, nicht viel älter als Bramble, mit langem, blondem Haar und feinen Kleidern von der Art, wie sie die Frau eines Offiziers tragen würde. Um ihre Hüfte, wo einfache Frauen einen Gürtel trugen, hatte sie eine Schärpe, in welche zwei sich umschlingende Namen gestickt worden waren: Brea und Calin. Es war ein Hochzeitsband, genäht von einer Offizierstochter für ihre Vermählung.
    »Wie ist sie hierhergekommen?«, wunderte sich Ash.
    »Durch ein Unglück«, sagte Bramble. Sie hob die Leiche mühelos auf und legte sie auf einen Fels, wo sie der Frau die Lider zudrückte und ihr die Hände über Kreuz auf die Brust legte. Überraschenderweise ging von ihr kein Geruch
aus, außer dem von Kreide und Wasser. Bramble trat zurück und senkte den Kopf. »Brea, mögest du nicht länger auf den Straßen verweilen, mögest du nicht länger auf den Feldern verweilen. Zeit ist, und Zeit ist gewesen.«
    »Zeit ist, und Zeit ist gewesen«, wiederholten Ash und Medric.
    »Mögest du Freunde finden, mögest du jene finden, die du geliebt hast«, sagte Bramble. »Zeit ist, und Zeit ist gewesen.«
    »Zeit ist, und Zeit ist gewesen«, stimmte Baluch ein.
    »Rosmarin haben wir nicht, aber erinnere dich an uns. Immergrün haben wir nicht, aber mögen unsere Erinnerungen an dich immer lebendig sein. Zeit ist, und Zeit ist gewesen.«
    »Zeit ist, und Zeit ist gewesen«, sagten sie nun alle gemeinsam, Acton ausgenommen. Vielleicht hatte sein Volk ein anderes Zeremoniell, dachte Ash.
    Ash begann damit, Steine zu sammeln, um das Mädchen damit zu bedecken, doch Bramble hielt ihn zurück.
    »Nein«, sagte sie. »Lass sie im Sonnenlicht liegen.«
    Also ließen sie die Leiche auf dem Felsen liegen, überflutet von dem frühmorgendlichen Sonnenlicht.
    Der Fluss war wieder auf seinen normalen Pegel gesunken, doch es war trotzdem noch ein schwieriger, glitschiger Anstieg über die Felsen nach draußen. Riesengroße Kalksteinplatten verschoben sich jedes Mal, wenn man sein Gewicht daraufstellte, nahmen schon durch vorsichtigste Berührung neue Positionen ein.
    Erst als die Sonne schon hoch stand, erreichten sie den Gipfel des Berges aus Felsen, und während des gesamten Aufstiegs schwieg der Fluss in Ashs Kopf. Während Ash auf dem obersten Felsen schwankend Ausschau hielt, glaubte er zu verstehen, warum. Sie hatte den halben Berg herausgesprengt,
um sie zu befreien – der Höhleneinsturz riss eine große Narbe in das steile Felsgestein. Nun stürzte der Höhlenfluss den Berg kaskadenförmig hinab, um in einen noch größeren Fluss am Fuß des Berges zu fließen. Der Weiße Fluss? Bramble hatte gesagt, dieser sei in der Nähe.
    Die Macht bedeutete … Er zitterte ein wenig. Dies hier war geschehen, weil er darum gebeten hatte.
    »Du wirst mit der Zeit dafür bezahlen«, sagte Baluch leise, und Ash benötigte eine Weile, um zu begreifen, dass er es wörtlich meinte, dass er mit Zeit bezahlen würde, mit seiner eigenen Zeit, so wie Baluch es getan hatte. Schaudernd fragte sich Ash, wann er wohl mit dem Bezahlen würde anfangen müssen. Er wollte nicht alle die, die er gerade erst kennen gelernt hatte, schon wieder verlassen.
    »Hier ist keine Stadt, den Göttern sei Dank«, sagte Bramble, während sie neben ihm Ausschau hielt. Sie legte ihm ihre Hand auf die Schulter. »Du besitzt Macht, Ash.«
    »Es ist nicht meine

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