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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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kurz, und schon erfüllten sich Himmel und Prärie mit hellgolden leuchtendem Licht.
    Jim hatte die letzten Stunden bei den Pferden geschlafen und führte die drei Tiere, die er mit Mattotaupa zusammen jetzt im Besitz hatte, zur Tränke am Fluß. Als die Pferde gesoffen hatten, bekam Jim Gesellschaft. Charlemagne fand sich ein. Er hatte von Ben eine Hose erhalten, die Decke vom Abend hatte er um die Schultern geschlagen. So war er barfuß über die Wiese zu Jim ans Flußufer herangewandelt und blieb nun bei den beiden Pferden stehen, die Jim und Top der Vermessungsexpedition nächtlicherweise entführt hatten. Er wirkte wie ein langes, mit Kleidung behängtes Skelett. Sein rechtes Auge war zugeschwollen, die Wange blau angelaufen.
    »Das ist schön, das ist wirklich gut, daß die beiden Gäule wieder da sind!« sagte er trotz seines beschädigten Zustandes ganz zufrieden und mit einem Unterton von Ironie. Er mußte noch früher aufgestanden sein als Jim und sich ein als Rasiermesser brauchbares Instrument geliehen haben, denn sein Knebelbart war wieder als solcher erkennbar.
    »Dumm bist du ja und bleibst es auch«, erwiderte Jim grob, ohne auf die gute Meinung, die Charlemagne von sich selbst wieder gewonnen hatte, die geringste Rücksicht zu nehmen. »Was hast du von diesen beiden Gäulen hier zu erwarten?«
    »Daß ich einen davon wiederkriege.«
    »Wieso wieder?! Von diesen beiden hast du persönlich nie einen besessen.«
    »Das nicht, aber …«
    »Streich das aber ruhig aus deinem Satz weg, denn es nützt dir nicht das geringste. Von diesen Pferdchen hat dir nie eines gehört! Das eine war Joes Gaul, das andere Bills, soviel wissen wir schon. Joe kriegt seine Schindmähre wieder, Top hat ja jetzt ein anderes Pferd. Mit dem Gaul von Bill ist die Führung hierher bezahlt, ohne die ihr jämmerlich in der Prärie verreckt wäret. Alles klar! Sonst noch einen Wunsch?«
    »Du kannst doch nicht …«
    »Ich kann alles, was andere Leute sich nicht träumen lassen. Aber mal eine vernünftige Frage: Was wirst du jetzt machen?«
    Charlemagne zog die Lippen einige Male spitz zusammen und wieder breit. Dann entschloß er sich, Jim, der jetzt höflich zu werden schien, höflich zu antworten, obgleich er wegen des Pferdes sehr verärgert war.
    »Sobald ich ein Pferd habe, reite ich wieder hinauf an die kanadische Grenze.«
    »Wo du deinen schönen Namen empfangen hast?«
    »Jawohl, und wo es noch etwas friedlicher zugeht. Mit dem Bahnbau hier im Süden wird mir die Sache zu kunterbunt.«
    »Recht hast du.« Jim steckte seine Pfeife an. »Und wie willst du zu einem Pferd kommen, um nach Kanada zu reiten? Und zu einer Büchse? Und zu einem Messer?«
    »Die Company muß uns doch wenigstens etwas zahlen, wenn wir die Arbeit auch nicht fertig machen konnten.«
    »Da könnt ihr lange prozessieren. Vielleicht ist sie pleite, und vielleicht macht die Regierung den Kontrakt mit einer anderen Gesellschaft. Ich würde an deiner Stelle lieber meiner Wege gehen.«
    »Erst einen Weg wissen!«
    »Ja, ja. Du hast keine Ideen. Ideen muß man haben. Aber du hast keine. Damit hatte ich nicht gerechnet.«
    »Womit hast du denn gerechnet, du schwarz-roter Haarschopf?«
    »Mit einer ausgezeichneten Idee. Abends können wir mal darüber reden.« Jim griff in die Zügel und zog die Pferde langsam vom Ufer weg.
    »Nun warte doch!« Charlemagne trat Jim in den Weg. »Warum willst du denn nicht gleich über deine Ideen mit mir sprechen?«
    »Warum? So am frühen Morgen, auf nüchternen Magen ­ im Stehen, ohne einen Brandy ­ ist nicht ganz das richtige. Vielleicht findet sich auch noch ein anderer, mit dem ich reden kann. Es muß ja nicht gerade Charlemagne sein!«
    »Die anderen sind besoffen und werden vor morgen nicht munter.«
    »So schlimm wird’s nicht sein. Aber ­ immerhin ­ wenn’s dir so wichtig ist … Würdest die Sache vielleicht gar nicht schlecht machen.«
    »Das will ich meinen!« Charlemagne, der zur Zeit einäugige, spielte Würde und behandelte die umgeschlagene Decke wie einen Königsmantel.
    »Kannst du dich mit den Blackfeet verständigen?«
    »Wenn’s sein muß.«
    »Hm! Dann reden wir mal miteinander. Es kann auch gleich sein. Ich brauche, kurz gesagt, einen zuverlässigen Boten, der den Oberhäuptlingen der Blackfeet eine Nachricht überbringt und im übrigen gegen jedermann den Mund hält.«
    »Ich bin dein Mann, Jim ­ für Pferd, Büchse und Messer.«
    »Abgemacht. Ich bringe die Pferde wieder zum Haus, dann setzen wir

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