Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
hatte.
    Als Mattotaupa die Assiniboine weit genug nach Nordwesten getrieben hatte, ließ er sein Tier zurückfallen, und sobald er sich nicht scharf beobachtet fühlte, glitt er vom Pferd und rannte schnurstracks wieder im Galopptempo in Richtung des Flusses zurück. Er gelangte zu der Stelle, wo der alte Krieger zornig gestikulierend auf einem Hügel stand. Zu diesem lief er offen, mit brüderlich grüßenden Gesten hin und setzte ihm, ehe er sich’s versah, die Adlerfederkrone wieder auf den Kopf.
    Als der wiederum Verblüffte sich umsah, war Mattotaupa schon in der Finsternis verschwunden. Der Dakota rannte, nun schon mit verzerrtem Munde keuchend, zum Fluß zurück. Er sprang ins Wasser, schwamm dieselbe Strecke abwärts wie zuvor Kluge Schlange und seine Gruppe und kam ebenfalls hinter der ersten größeren Biegung mit dem Kopf über Wasser, um Luft zu holen.
    Da vernahm er einen leisen Eulenschrei, dreimal wiederholt. Sogleich ging er an Land, und als er sich umschaute, kamen ihm Kluge Schlange und Harka entgegen, die inzwischen die vier Büffelfelle wieder eingesammelt und so den Assiniboine auch diesen letzten Trost genommen hatten.
    »Es ist gelungen!« Mattotaupa war noch außer Atem, aber heiter und sehr zufrieden. Weitere Worte wurden nicht gewechselt. Mattotaupa nahm zwei Büffelfelle auf die Schultern, die beiden anderen je eins. So machten sich die drei zusammen auf den Rückweg, während fern in der westlichen Prärie das völlig verwirrte Geschrei der Assiniboine erschallte.
    Im stillen erinnerte sich Harka daran, wie Tashunka-witko auf seiner Flucht in der Nacht die Siksikau und selbst Mattotaupa in die Irre geführt hatte. Jetzt war Mattotaupa gegenüber den Assiniboine ein ähnlich geschickter Streich gelungen. Harka zog aus dem Vergleich den Schluß, daß der Erfolg bei demjenigen sei, der zuerst und überraschend handelte. Diese Einsicht wollte er sich selbst zur Richtschnur nehmen.
    Als Mattotaupa, Kluge Schlange und Harka zu den Zelten zurückkehrten, tagte es schon. Die Büffeljäger unter der Führung von Brennendes Wasser waren noch nicht zurückgekehrt. Mattotaupa und Kluge Schlange berichteten dem Zaubermann und einigen alten Kriegern von dem Erfolg des Unternehmens. Die Befriedigung war sehr groß, denn die Siksikau brauchten Büffelfleisch, aber sie wollten nach den verlustreichen Kämpfen mit den Dakota nicht auch noch in blutige Zwistigkeiten mit den Assiniboine geraten.
    Harka wurde von Stark wie ein Hirsch begrüßt und erzählte diesem von den Ereignissen. Die Jungen waren beide sehr müde, denn auch der Häuptlingssohn hatte sich nicht schlafen gelegt, sondern auf die Rückkehr Harkas gewartet. Trotz ihrer Müdigkeit beschäftigten sich die beiden Jungen mit ihrer verborgenen und unbestimmten Hoffnung, sich auf irgendeine Weise doch noch an der Büffeljagd zu beteiligen. Zwar wurden sie erst dreizehn Jahre alt, aber sie hatten Jagdgeschick bewiesen. Stark wie ein Hirsch war der Anführer aller gleichaltrigen Knaben, Harka war das in den Zelten daheim bei der Bärenbande auch gewesen. So nährten sie ihre stille Hoffnung und beobachteten vor allem, was sich Mattotaupa und Kluge Schlange nach ihrem Bericht an die Ältesten vornehmen würden. Die beiden Krieger standen zweifelnd zwischen den Zelten. Wahrscheinlich erwogen sie genau dasselbe, was die Jungen bewegte, und Mattotaupa lächelte zu den beiden hinüber.
    »Schlaft vier Stunden!« rief er den Knaben zu. »Wenn Häuptling Brennendes Wasser bis dahin nicht zurück ist, werden wir auskundschaften, wo er bleibt.«
    Das war ein Wort!
    Stark wie ein Hirsch ging diesmal wieder mit Harka in dessen Zelt. Die beiden machten es sich in den Decken bequem; sie hatten kaum den Kopf zurückgelegt, als sie auch schon eingeschlummert waren. Aber nach vier Stunden waren sie auch wach. Bei großen Ereignissen mußte ein Junge an Schlaf sparen können, um ihn an ereignislosen Tagen um so gründlicher nachzuholen. Die beiden Buben badeten und frühstückten und setzten sich dann still in den Hintergrund des Zeltes. Aber ihre unentwegt auf Mattotaupa gerichteten Blicke bohrten dessen Aufmerksamkeit an. Mattotaupa war seit dem Tage seiner Ächtung und Verbannung mit seinem Jungen zusammen gewesen, hatte schwere und gefahrenreiche Situationen mit ihm durchlebt und durchkämpft, und es kam ihm, ebenso wie Harka, jetzt seltsam vor, daß Harka in der geordneten Zeltgemeinschaft wieder in die Rolle des unmündigen Knaben, Mattotaupa aber in die Rolle

Weitere Kostenlose Bücher