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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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galoppierten noch immer brüllend gegen Westen zu! Wo war Mattotaupa?
    Kluge Schlange war an Harka herangetreten. »Du bist sein Sohn«, sagte er zu dem Jungen. »Du und ich, wir bleiben hier, um zu erfahren, wie Mattotaupas kühnes Vorhaben glückt. Die anderen laufen zu den Zelten!«
    Die Worte waren zugleich Befehl. Schweigend machten sich die vier Krieger, die beiden Burschen und Stark wie ein Hirsch auf den weiteren Rückweg. Sicher war es dem Häuptlingssohn leid, daß er sich von Harka trennen mußte, aber es hätte sich nicht gehört, das in der gegebenen Lage merken zu lassen.
    Als die anderen verschwunden waren, huschte Kluge Schlange zu einer Stelle der Uferhöhen, die weiten Ausblick gewährte. Harka, der ihm gefolgt war, legte sich auf der Kuppe oben neben Kluge Schlange ins Gras. Das Wasser war an seinem gut eingefetteten Körper längst abgelaufen wie am Gefieder einer Ente. Der Krieger und der Junge legten das Ohr auf den Boden und konnten den Hufschlag der Reiterschar erlauschen, die sie als ganz ferne Schatten auch noch wahrnahmen. Im Augenblick konnten sie für Mattotaupa nichts tun.
    Als Mattotaupa das letzte Büffelgebrüll ausgestoßen und gleich darauf den Begrüßungsruf der Dakota, wie zum Hohn für die Assiniboine, hatte erschallen lassen, war er anschließend ins Buschwerk gekrochen, das sich in der Flußnähe hatte ansiedeln können. Dort hielt er sich versteckt. Die Reiterschar der Assiniboine war in Bewegung und kam nicht so leicht zum Stehen. Die Reiter schwärmten in der Finsternis im grasigen Gelände umher, um die Büffel oder auch die Dakota zu finden, von denen sie sich geäfft glaubten. Sie sahen sich jetzt genarrt, das war ihren Rufen zu entnehmen; aber sie wußten noch nicht, auf welche Weise, und ihr Zorn war richtungslos. Richtungslos war darum auch ihr Umherschwärmen. Ein paarmal ritten Krieger unmittelbar an dem Buschwerk vorbei, in dem Mattotaupa sich versteckt hielt. Auf einmal erklang vom Flusse her ein Wutschrei. Einige der Männer hatten endlich die Büffelfelle gefunden. Die Folge war, daß alle Assiniboine ihre Pferde wendeten und zum Flusse zurücksprengten. In diesem Moment sprang Mattotaupa unbeobachtet aus dem Gebüsch, rannte ein gutes Stück in die Prärie hinaus und ließ dann wieder seinen Ruf hören: »Hi-je-he! Hi-je-he!«
    Die Assiniboine, die inzwischen vollständig begriffen haben mußten, welchen Streich man ihnen mit den Büffelfellen gespielt hatte, antworteten mit entrüsteten Wutschreien und galoppierten vom Flusse her wieder in die Prärie, aber mit einer gewissen Vorsicht, da sie nicht wissen konnten, ob sie vielleicht von Dakotakriegern angegriffen wurden. Mattotaupa hatte sich von neuem versteckt, so gut es im offenen Gelände ging. Er konnte die Schar der Assiniboine übersehen, verstand auch ihre Rufe, mit denen sie sich gegenseitig vorwärts- oder zurückriefen. Einen Krieger nahm er aufs Korn, der eine Adlerfederkrone trug, aber offenbar nicht der Anführer der Schar war, sondern ein älterer, bedachtsamer Mann und mitten aus einer Beratung zur Jagd aufgebrochen sein mußte.
    Mattotaupa sprang aus seinem Versteck hervor und rannte mit der Geschwindigkeit eines Mustangs westwärts. Die Reiter waren sofort hinter ihm her. Das Getrampel der Pferde donnerte wieder durch die Nacht. Mattotaupa benutzte die erste Gelegenheit, bei der er im Schutz einer Bodenerhebung den Augen seiner Verfolger einen Augenblick entschwinden konnte, um sich flach in eine sandige Vertiefung an einem Hügelhang zu werfen. Dicht an den Boden geschmiegt, ließ er die Verfolger an sich vorbeireiten und Pferde über sich wegspringen. Erst als der letzte kam, jener bedächtige Reiter mit der Adlerfederkrone, sprang Mattotaupa wieder in die Höhe und mit einem einzigen Satz hinter dem alten Assiniboine auf den Mustang. Er riß dem Verblüfften die Adlerfederkrone vom Kopf, setzte diese sich selbst auf, warf den anderen kurzerhand vom Pferd und galoppierte nun selbst hinter der Schar der Assiniboine her. Mit anfeuerndem Geschrei, so wie er es aus dem Munde der Steinkocher hörte, trieb er den Mustang an, überholte einen Teil der Reiterschar und riß mit temperamentvollen Rufen alle nach Nordwesten mit.
    Der wahre Eigentümer des Mustangs, den Mattotaupa jetzt ritt, rannte brüllend hinter den Reitern her, wurde aber von seinen Stammesgenossen in ihrem Eifer gar nicht beachtet. Sie hielten ihn wohl für irgendeinen Krieger, der aus Ungeschicklichkeit sein Pferd verloren

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